Heute mittag habe ich noch geglaubt, es gäbe nichts zu erzählen und habe mir ein paar allgemeine Dinge zurechtgelegt. Am späten Nachmittag hatte ich so viele Gedanken im Kopf, daß ich sie sofort hätte diktieren müssen - und jetzt, nachdem das Zelt steht und das Abendessen vorbei ist, habe ich schon wieder alles vergessen....
Zuerst zur Technik:
Abenteuerurlaub und Elektrik, das passt nicht ganz
zusammen. Ständig wollen irgendwelche Geräte geladen werden, Kamera, Foto,
Handy, Laptop...nachts soll das Zelt beleuchtet sein und für alles wird die Lisl
gemolken. Kriseln tuts aber an den Ladekabeln - es sind zwar lauter verschiedene
Kabel und Anschlüsse, aber bei allen scheint der Stecker für die 12 V-Steckdose
das kritische Teil zu sein. Kein Kabel, das keinen Wackler hat!
Meiner mechanischen Technik, der Lisl selbst,
scheint der Wildnissprit sehr gut zu schmecken, sie säuft etwa 1 l mehr als
sonst. Na gut, sie muss ja auch fast 400 kg schleppen und ich gönne ihr nur den
billigen 87-Oktan-Fusel.
Auf dem Taylor Hwy geht es Richtung NO nach Kanada
- Ziel ist heute Dawson City. Die Straße wird jetzt interessanter, sie hat
manchmal sogar schöne Kürvlein. Ich darf trotzdem nicht übermütig werden, denn
jederzeit kann hier unangekündigt Rollsplit auf der Straße liegen oder ein
ganzer Schotterabschnitt beginnen. Und dann treffe ich Rentiere - aber die sind
hier ja schwarz! Oder muss man politisch korrekt sagen "maximal
pigmentiert"?
In Chicken halte ich an einem Goldgräbercamp still
und bestaune die stillgelegte Fördermaschine. Auf modern funktioniert Goldsuche
anders: man läßt Touristen für Geld Gold waschen, bewirtet sie fürstlich und
verkauft ihnen für teures Geld goldige Andenken. Ich bestelle mir eine
Goldgäber-Tagessuppe. Sie wird serviert auf einem (nachgemachten) Zeitungsblatt
von 1903 - von Hawai! 15 min freiese Internet sind inklusive. Das sollte
reichen, den gestrigen Blog hochzuladen. Fehlanzeige. Das Internet läuft hier
über Mobilfunknetz und das ist wetterabhängig. Auch für 2 $ Verlängerung kann
daran leider nichts ändern. Ein Blick nach draußen erklärt die Sache: Wind und
Regen haben das Internet gelöscht. Nochb regenet es nicht, aber von Westen eilen
rabenschwarze Wolken heran. Komm Lisl, wir geben Fersengeld! Insbesondere als
die Wirtin uns mit auf den Weg gibt, die Straße nach Dawson könne bei Regen ganz
schön glitschig werden. Wie wahr - ab hier fahren wir nur "dirt road". Die Lisl
lässt trotzdem die Reifen wirbeln; wir lassen uns kaum Zeit zum genießen oder
fotografieren. Bislang haben uns die Wolken noch nicht eingeholt, aber sie
sitzen uns knapp im Nacken.
Die Grenze nach Kanada liegt auf etwa 1300 m - ab
jetzt sind wir on "top of the world"...zumindest nennt sich der Highway bis
Dawson so. Im Grenzhäuschen wartet eine einsamer attraktiver bärtiger Zöllner
auf Kundschaft. Außer den üblichen Fragen nach Alkohol, Drogen oder Waffen will
er nur wissen, ob ich in Kanada etwas verkaufen wollte. Nein, ich brauche alles.
Er ist sich sicher, daß wir bei flotter Fahrweise trocken bleiben. Keine
weiteren Papiere oder Untersuchungen und schon geht's weiter. Auf ca. 1200 m
verläuft die Straße (weiterhin ordentlich geschottert) über die Berge - wirklich
top. Macht richtig Laune. Und die Regenwolken scheinen an der Grenze
hängengeblieben zu sein - vermutlich waren sie alkoholgetränkt.
Um nach Dawson zu kommen, muss man mit einer
staatlichen Fähre (gratis) den Yukon überqueren. Ein stattlicher Fluß! Im
Besucherzentrum stelle ich fest, daß ich kurz vor Torschluß noch hereingekommen
bin. Um 8 Uhr abends ist Schluss - und wir haben jetzt 1 h Zeitverschiebung nach
hinten. Die Häuser sind meist noch im Originalzustand - ein tolles Flair. Nur
gelegentlich sind neue Schilder angebracht, z.B. an der Bank, an der ich jetzt
kanadische Dollar erstehen kann. Schließlich kosten ja die Campingplätze Geld.
Zwei gibt es angeblich, die WiFi haben. Der erste verlangt dafür aber extra
Geld, wenn man nicht mit dem Wohnmobil kommt und beim zweiten ist das Büro
leider schon geschlossen. Ich fahre trotzdem drauf und suche mir ein Plätzchen
direkt am Bonanza Creek.
Und jetzt sitze ich im Zelt, ohne Internet oder
Handyempfang - es regnet.....
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