Aber der Reihe nach...
Am Morgen habe ich ganz schön Wackelpudding in den Knien, ich bin nervös und hoffe, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Schließlich habt ihr mir mitgeteilt, daß ihr den Blog gerne weiter verfolgen würdet. Daß ihr gerne weitere "Heldengeschichten" hören würdet. Aber ich möchte keine Heldin sein. Helden sind dumm. Sie begeben sich absichtlich in gefährliche Situationen, nur um anschließend gefeiert zu werden. Ein bischen dumm (oder verrückt) bin ich ja auch, so wie ich diese Reise mache. Aber gefeiert werden will ich wirklich nicht! Ich bin schon froh, wenn ich heil wieder nach Hause komme.
Der Touratech-Service hat mir noch einen Tip gegeben, wie ich den IMO vielleicht retten könnte - ich muß ihn zurücksetzen. Dabei gehen alle meine Reisedaten verloren, aber die kann ich ja vorher aufschreiben. Es funktioniert! Fast. Den Tacho konnte ich zum Leben erwecken, der Drehzalmesser hat nur einmal kurz gezuckt, dann war er wieder tot. Aber wer braucht schon einen Drehzalmesser! Ist eh "nice to have". Und die Vergaser sind nach Gehör und Gefühl eingestellt. Übrigens der ausgefallene rechte Zylinder war der, an dem der stolze Mechaniker die Vergaserreinigung vorgenommen hatte. Die Lisl springt einwandfrei an, die Batteriespannung liegt über 13 V - das ist perfekt! Die Batterie hat sich also gut erholt. Die Lisl schnurrt wie ein zufriedenes Kätzchen und nimmt in allen Bereichen das Gas super an! Hoffentlich bleibt das so. Immerhin sind die Zündkabel (nur) eine Spezial-Susanne-Benzinkocher-Löt-Improvistation. Ob die Lisl damit dauerhaft leben kann, so wie ich mit meinen Zahnschmerzen, das wird sich zeigen. So haben wir halt unsere Blessuren.
Mein Helm ist innen immer noch naß. Aber jetzt muß er trocknen getreu dem Slogan "trocknet am Kopf, nicht im Zimmer"!
Die Luft ist herrlich; es ist schön, wieder im Sattel zu sitzen und eine zufriedene gesunde (?) Kuh zu reiten.
Vor uns hängen schwarze Wolken - gibt es denn gar keinen Ausweg? Gestern hatte es nicht geregnet - und heute fahren wir wieder... Wir haben aber ein Riesen-Glück. Gelegentlich nieselt es ein wenig, eigentlich müßte man eher sagen "sehr hohe Luftfeuchtigkeit bei guter Sicht". Und als wir Richtung Guatemala kommen geht es mit der Höhe bergab und mit der Temperatur bergauf (100 m = 1 Grad). An der Grenze kann ich die Regenkombi ausziehen.
Eine kleine Episode hat sich noch beim Verlassen von San Christobal ereignet - eine Menge Männer hat eine Seil-Straßensperre errichtet und es gibt einen langen Stau. Sie wollen 200 Pesos Straßengebühr, können mir aber nicht sagen warum. Genau an der Sperre biegt auch eine Straße nach links ab, die nicht betroffen ist. So nehme ich einfach diese Spur und passiere die Sperre unter lautem Gejohle und Pfiffen. Kratzt mich nicht.
An der mexikanischen Grenze mußte ich nochmal 295 Pesos "Ausreisegebühr" bezahlen, beim Zoll lief alles glatt. Es gibt übrigens auch hier keine Schranken oder Zollhäuschen wie wir sie kennen. Du mußt einfach wissen was Du für Papiere brauchst und die jeweiligen Stationen dazu suchen. Den Abstand zur Guatemala-Grenze habe ich unterschätzt, das waren doch mehrere Kilometer - ich hatte die Jacke ausgelassen.
Beim Geld wechslen an der Grenze war ich nicht ganz auf Zack und hab einen schlechten Kurs akzeptiert. Im Endeffekt hat mich das ca. 13 € gekostet. Aber unsere Banken verlangen viel mehr, und der Junge hat halt heut gut verdient. Dafür hab ich diesmal sonst glaube ich alles richtig gemacht. Zuerst Moped besprühen - kostet 91 Quetzal. Dann Immigration - kostet nichts und geht schnell. Dann zum Zoll und die Lisl anmelden. Sie bekommt ein "Pickerl" - der freundliche Herr ist sehr genau und muß 1000 Papiere in 3-facher Ausführung drucken. Immer wieder muß er was wissen, aber er arbeitet fleißig voran. Kostet 160 Quetzal (ca. 15 €). Alles ist in etwa 2 Stunden geschafft - das hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Eine Kontrolle gibt es nicht, erst nach vielen Kilometern passiere ich einen Militärposten. Die Jungs lungern nur so rum und habe auf gar nichts Lust, die wolle einfach ihre Ruhe haben.
An der Grenze selbst ist wahnsinnig viel los, Händler, Verkaufsbuden, Geldwechsler, Besoffene, Rikschas und und und...ich habe einfach versucht, alles auszublenden und nur die nötigen Stationen und dann die richtige Straße zu finden. Es ist hier sehr bergig und in den Gipfeln hängen die Regenwolken - aber sie lassen mich trocken. Die Straße führt durch eine enge Schlucht, aber entlang der Straße hören die Häuserzeilen kaum auf. Wir müssen also ständig mit Barrieren, Menschen, Hunden und Querverkehr rechnen. Zelten wäre hier sowieso unmöglich. Irgendwann hören aber auch die Siedlungen auf und nun können wir eine ziemlich gute Straße mit herrlichen Kurven genießen. So könnte es bleiben! Das Erlebnis wird etwas getrübt durch die oft sehr langsamen LKW oder Lieferwagen, die schrecklich viel Ruß von sich geben - man riecht sie schon kilometerweit. Und dann kommt eine kleine Einlage: in der nächsten Ortschaft ist die Brücke kaputt. Die Umleitung ist schlecht ausgeschilder und ich vermute bald das Ende der Straße. Da gibt es einen Knick nach rechts unten und auf Schotter geht es steil bergab. Unten läuft ein bischen Wasser über die Straße und drüben geht es wieder steil nach oben. Kurz darauf treffen wir wieder auf die Hauptstraße.
Eigentlich möchte ich ein Hotel am Atitlansee nehmen. Mein Navi hat anscheinend keine Karte von Guatemala und navigiert daher nach Luftlinie. Um 15 Uhr sagt es mir, daß es bis zum See noch 3 Stunden Fahrt wären - ne, heute muß ich nicht schon wieder so spinnen! Ich nehme das nächste Hotel das mir begegnet. Es kostet 100 Quetzal (9 €), die Lisl steht vor dem Zimmer im Freien; Wasser und Strom gibt es erst ab 17 Uhr. Internet gibts gar nicht. Aber das Mädel an der Rezeption ist sehr nett. Als ich ihr erkläre, daß ich nichts verstehe, spricht sie extrem langsam - und, hei, ich verstehe viel mehr!!
Ups, die haben hier jetzt erst 3 Uhr? Wieder eine Stunde gewonnen - ich springe wirklich zwischen den Zeitzonen hin und her. Egal. Jetzt bleib ich da! Ich bin doch auch Selbstversorger: Brot, Gurke und Käse gibt es jetzt. Und Wasser zum Abwaschen hab ich auch im Kanister.
Apropos Brot: das habe ich gestern auf dem Markt einer am Boden sitzenden Frau abgekauft. Als ich mich verabschiedet habe, hat sie sich auf englisch bedankt. Ich hab mich zu ihr umgedreht und den Daumen nach oben gezeigt - da hat sie gelacht und sich sehr gefreut!
Und apropos Käse: damit der mir nicht immer davonläuft habe ich letztes Mal Scheibletten gekauft. Die müßten sich doch super auspacken lassen? Falsch - von einer Seite kann man die Folie vorsichtig abziehen, dann muß man den Käse mit einem scharfen Messer abschaben. Ist eine ziemliche Sauerei; schmeckt aber.
So, an der Lisl ist noch was zu machen - ein Blinker ist locker. Außerdem ist mir bezüglich des Drehzalmessers noch eine Idee gekommen. Bei der Erstmontage mußte man da mittels einer kleinen Schraube die Spannung einstellen und die Schraube dann versiegeln. Da dreh ich nochmal dran - und? Der Drehzahlmesser geht!!! Welche Kraft doch Wasser hat - kann eine versiegelte Schraube verstellen?! Übrigens, die "gefühlt" eingestellte Drehzahl ist genau da, wo sie sein soll - 900 U/min.
Ich hab doch nicht viel zu früh aufgehört. Um 18 Uhr ist es stockfinster. Ich muß lernen, wann hier der Tag beginnt oder endet - das läuft ganz anders als bei uns. Und um halb acht abends kommt der Regen - die arme Lisl muß wieder draußen stehen.
Was geschieht wohl, wenn hier ein Kind geboren wird? |
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