Samstag, 4. Januar 2014

Völlerei & Verschwendung

Es war ein ziemliches Durcheinander gestern nachmittag - so viele Leute und so viel zu erledigen - daß ich ganz vergessen habe, mich um die Lisl zu kümmern. Ich wollte in paar kleinere Reparaturen vornehmen, die größeren hätte ich aus Platzmangel sowieso nicht machen können.
Als wir am Abend noch lange gemütlich zusammengesessen haben, hat es einmal einen kräftigen Rumpler getan - keiner hat darauf reagiert. Bis Enzo uns gefragt hat, ob wir das Erdbeben (Stärke 5) nicht gemerkt hätten? Außer mir hat es allerdings nur noch  Julia gemerkt. Ich habe gesehen, wie das ganze Haus gewackelt hat - die Jungs haben gar nichts bemerkt. Sie haben Horrorgeschichten erzählt. Von fürchterlichem Wind auf der Piste nach Ushuaia. Und vom plötzlichen Höhentod eines Spaniers, der mit seiner Frau ebenfalls mit dem Motorrad unterwegs war. Zum Glück habe ich diese gefährichen Höhen hinter mir (glaube ich zumindest)!

Am Morgen frühstücke ich meinen Joghurt - kurz darauf erscheint Fred mit frischen Brötchen; richtig feste Konsistenz und sogar noch warm! Da muß ich natürlich nochmal nachlegen! Die Holländer bestätigen mich nachträglich in meiner Entscheidung, die "gefährlichste Straße der Welt" und den Salar de Uyuni nicht zu fahren. Sie haben beides gemacht. Die Straße ist nicht mehr gefährlich, seit dort keine LKW mehr fahren, in Kolumbien und Peru sind wir schon viele solcher Straßen gefahren. Und den Salar würde sie nicht mehr fahren, es ist eine Schlammschlacht und die Mopeds bekommen eine ekelhafte Salzkruste. Eine Quälerei. Von phantastischen Schönheiten haben sie nicht gesprochen.

Die Lisl versperrt sowieso das Tor, so ist es das Beste, daß wir als erste aufbrechen. Ich möchte nach Santiago, d.h. eigentlich möchte ich nicht, aber ich habe die Hoffnung, dort Reifen zu bekommen. Die erste Hürde ist immer, herauszufinden, in welchem Laden Etwas zu bekommen ist, die zweite Herausforderung ist dann, das Geschäft auch zu finden. Hürde eins habe ich mittels Internet gemeistert - Motoaventura in Santiago soll Reifen vorrätig haben. Richtige Größe und Marke! Bei Hürde 2 hilft das Navi wunderbar - nur ich finde den Laden trotzdem nicht. 2 mal muß ich fragen, dann bekomme ich einen Führer. Der Laden ist neben dem Hintereingang einer Bank versteckt! Zwar ein neues modernes großes Gebäude, aber ein ziemlich kleines Geschäft. Und vollgestopft. Man kann sich kaum umdrehen. Der Angestellte wundert sich überhaupt nicht über die Reifengröße, schaut die Lisl einmal an und behauptet, die Reifen wären da. Allerdings sind vor mir noch 2 Mopeds dran mit Reifenwechsel. Ich möchte sicherstellen, daß die Reifen wirklich da sind - es gibt im Schaufenster einen kleinen Stapel an Reifen - und da sind wirklich der richtige Vorder- und Hinterreifen dabei!!! Back to Heidenau (das ist die Marke; nach unserem kleinen Ausflug zu Conti)!
Das Hinterrad baue ich schon mal aus. Dann müßte ich gut eine Stunde warten, die verbringe ich kurzerhand nebenan bei McDonalds. Jetzt muß ich doch mal so einen Angusburger versuchen! Und zum Nachtisch ein Eis. Ich bin voll!! Als ich zurückkomme, bringt der Mechaniker soeben das Hinterrad zurück - das ist vielleicht ein timing! Vorderrad raus und dem Mechaniker in die Hand drücken. Bis ich die Lisl hintenrum fertig gemacht und aufgepackt habe, ist genau zeitgleich der Mechaniker wieder fertig. Vorderrad rein - da stelle ich das Malheur fest. Beide Räder wurden in Quito in der Werkstatt ohne mein Zutun eingebaut - alle Schrauben waren total festgeknallt. Anscheinend haben sie zumindest eine der 4 Klemmscharuben an der Vorderachse ruiniert, das Gewinde hängt in der Schraube. Da kann ich jetzt gar nix machen, die anderen 3 müssen halten. Aber ärgern darf ich mich doch? Nach ca. 2 Stunden ist alles erledigt, der Preis liegt mit umgerechnet 290 € knapp auf heimischem Niveau. Tja, Chile ist kein Billigland!
Der Vorderreifen hat nach nur 9-tausend km Sägezähne, der Hinterreifen ist eigentlich noch "pfenniggut". Aber weiter südlich werde ich vermutlich nichts mehr bekommen und ich habe noch ca. 8000 km vor mir. Und mitschleppen, um ihn später zu montieren, mag ich auch keinen Reifen. Mein Schwabenherz schmerzt ob der Verschwendung!

Bei der Entfernung Valparaiso - Santiago habe ich mich mal wieder etwas verschätzt, zumal der Laden hinter der Stadt liegt. Es waren über 100 km - alles Autobahn und gut befahren. Die Autobahn führt auch wunderbar durch die Stadt bzw. an ihr vorbei, abgesehen von ein paar verwirrenden Autobahnkreuzen (einmal falsch abgebogen, kommst Du nie mehr zurück!) fährt es sich ziemlich unbeschwert. Fast komme ich mir vor wie zu Hause! Selbst einige lange Tunnel gibt es, die unter der Stadt durchführen. Mit der Sonnenbrille bin ich darin allerdings stockblind und so bemerke ich die Spurrillen erst, als die Lisl auf ihren neuen Schuhen zu tanzen anfängt. Sie muß sich auch erst wieder umgewöhnen.

Über Santiago kann ich nicht viel sagen, bin ja nur auf der Autobahn vorbeigefahren. Ein paar moderne spiegelverglaste Wolkenkratzer ragen in die Luft und in der Ferne schimmern zwei schneebedeckte Gipfel durch den Dunst.
Wie gesagt, wir sind jetzt etwa 100 km in's Landesinnere gefahren - hier ist es wieder ordentlich heiß. Was so ein Pazifik doch ausmacht! Die letzten Tage war mir der dünne Pullover fast zu kalt und jetzt schwitze ich im T-shirt bei offener Jacke. Ich muß mich wirklich täglich oder stündlich an stark veränderte Bedingungen anpassen. Aber die Wüste scheinen wir jetzt endgültig hinter uns zu haben. Ausgedehnte Weingüter, fette grüne Felder und Zypressen- oder Pappel-Alleen, etliche kleinere Straßen und etwas dichterer Verkehr muten eher wie Toscana oder Südfrankreich an. Wenn nicht ab und zu ein paar Gauchos dazwischen herumreiten würden...

Sehr weit werden wir heute nicht mehr kommen, aus dem Einzugsgebiet von Santiago möchte ich aber hinaus. Und ein schönes Plätzchen finden. Ein Stück südwestlich ist ein See, den steuern wir an. Aber wie immer an schönen Plätzen (Naherholungsgebiet) ist hier natürlich alles vergeben und verbaut. Ich werde auf einen "offiziellen" Campingplatz müssen. Der erste ist wunderschön - und kostet 30-tausend Pesos! Das ist dreimalsoviel wie für das Hostel gestern! Auf dem zweiten bleibe ich für 10.000 (14 €). Zwischen meinem Zeltplatz und dem See gibt es eine schöne baumbewachsene Liegewiese. Auch meine Parzelle hat Bäume, so daß die Hitze deutlich gemildert wird. Heut kommt "erst das Vergnügen, dann die Arbeit" beschließe ich kurzerhand und springe in den See! Das Zelt kommt später dran.
Ach, und da könnte ich ja die Isomatte im Wasser noch nach Löchern untersuchen...allerdings habe ich kein Flickzeug mehr übrig. Ich glaube, die Matte hat auch einen Fabrikationsfehler - entlang einer einzigen Naht habe ich schon 4 Löcher geflickt und finde jetzt noch 3 neue! Warum habe ich in letzter Zeit auch immer so ein Glück?! Das ist jetzt die dritte Matte in Folge, die Fabrikationsfehler hat! Ich glaub, die nächste Matte muß ich mir selber basteln.


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=vkwsdiuthbzappss

Freitag, 3. Januar 2014

Villa Kunterbunt

Der Wind rüttelt am Zelt. Es ist sternklar und kalt. Die Isomatte "iso-t" nicht mehr, sie ist schon lange inkontinent und hält die Luft nicht mehr. Die Erbsenprinzessin spürt jedes Steinchen. Der Schlafsack hat auch schwer gelitten, die Füllung ist an vielen Stellen lückenhaft. Mein Unterhaut-Neopren ist geschmolzen und so friere ich vor mich hin.
Obwohl ich keinen Coca-Tee getrunken habe, kann ich kaum schlafen. Gerädert stehe ich am Morgen auf.

Es gibt heute endlich mal wieder ein Campingfrühstück: Kakao und Müsli. Als alles gepackt ist, frage ich die Lisl nach ihrem Befinden. Schlecht. Sie mag nicht. Sie springt einmal kurz an, geht aus und dann mag sie nicht mehr. Die Batterie ist leer. Letzte Chance ist, den Berg runterlaufen lassen...aber der ist sehr steil, sandig und ausgewaschen. Eigentlich ein Untergrund, auf dem der Motor laufen sollte. Selbst im dritten Gang rutscht der Reifen auf dem Sand statt den Motor anzutreiben. An einer etwas flacheren Stelle klappt es dann, die Lisl springt an. Aber schon wieder geht sie aus. Noch ein Versuch! Aber jetzt laß ich sie nicht mehr ausgehen! Auf der Autobahn kann ich die leere Batterie wieder aufladen - hoffentlich. Und ich spare: keine Griffheizung und kein Laptop laden. Ich hoffe, das reicht. Natürlich folgt jetzt eine schöne Campingmöglichkeit der anderen, die Autobahn führt direkt an der Küste entlang und es gibt jede Menge Ausfahrmöglichkeiten. Irgendeine hellseherische Kraft hat mich aber gestern abend genau auf dem Berg anhalten lassen; ich bereue es nicht!

Die Wüste weicht - im Laufe des Nachmittags wechselt der Anblick von Kakteen zu trockenem Buschgras, kleinen Büschen, Kiefern (!), Blumen, Eukalyptus und und und...jetzt bin ich anscheinend wirklich der Wüste entronnen. Vermutlich nur an der Küste, aber da bin ich ja schließlich auch. Es duftet wieder. Nach trockenem Gras. Nach Kiefernnadeln. Nach Fisch. Nach verbrannter Erde. Nach einfach allen herrlichen Düften dieser Welt!
Die einzige Alternative zur Autobahn führt mitten durch reiche , touristische Küstenorte. Ich nutze das aus und bleibe, wenn möglich, immer direkt am Meer. Die Orte sind schön. Ein wenig wie am Mittelmeer. Keine Lehmhütten mehr sondern propere Villen. Auch reiche Villen direkt an der Steilküste über dem Meer. Viele Hotels. Und einige sind noch im Bau. Den Menschen scheint es gut zu gehen. Viele treiben Sport - joggen, skaten, radfahren. Wir tuckern ganz gemütlich entlang. Weit haben wir ja heute nicht mehr.

In Erwartung der Villa Kunterbunt in Valparaiso lasse ich die Suche nach Mittagessen mit Internet ausfallen. Lieber fahre ich direkt dorthin, buche mich ein und suche dann vor Ort etwas Essbares. Villa Kunterbunt ist ein Treffpunkt für Motorradreisende in Südamerika. Leider konnte ich vorab keinen Kontakt bekommen, aber einen Platz für mich haben sie bestimmt noch... Nein, leider nicht - sagt Martina. Ich darf aber Wasser auftanken, Toilette und Internet benutzen, dann muß ich einen anderen Schlafplatz suchen. Schade. Ich wollte etwas Hilfe bei der Suche nach neuen Reifen. Da kann nur Enzo helfen - Martinas Mann, der aber erst später zurückkommt. Als Enzo auftaucht, findet er sogar noch eine Möglichkeit, mich unterzubringen - auf einer Matraze im Klavierzimmer. Ich bin ja nicht anspruchsvoll, ich finde das Klasse! Und es gibt eine heiße Dusche mit viel Wasser!
Enzo hat eine Reifenadresse für mich da fahr ich gleich heute mal noch hin. Im zweiten Anlauf finde ich den etwas versteckten Laden. Es gibt eine Menge Motorradreifen dort - nur Marke Pirelli. Falsches Profil und falsche Größe. Aber endlich bekomme ich neue Gummistrapse für mein Gepäck und eine neue Motorradbrille (noch nicht verkratzt)! Kettenspray, das ich für einen bayrischen Gast in der Villa mitbringen sollte, haben sie auch nicht. Aber ein Kunde - Ivan - nimmt sich meiner an. Ivan hat selbst eine kleine Werkstatt; er fährt mit mir drei Reifenmöglichkeiten ab, leider alle erfolglos. Dafür bekommen wir noch ein sehr preiswertes Kettenspray.

Es ist später Nachmittag, als ich zur Villa zurückkomme. Julia aus Rheinland-Pfalz kocht für sich mit Mann und die drei Bayern Spaghetti Bolognese - ich darf mitmachen. Das wird ein lustiges und leckeres Essen! Später gesellt sich noch ein holländisches Pärchen dazu. Die Holländer und die Bayern wollen nach Ushuaia - man wird sich sicher nochmal begegnen. Benzingespräche. Julia und Hans-Dieter beenden ihre Reise hier, ihre Motorräder werden morgen eingepackt. Die Bayern wollen jetzt schon überflüssiges Gepäck loswerden - gute Idee! Meine alten Ersatzteile und ein paar Andenken, die mit der Post bisher zu teuer waren, dürfen auch noch mit in die Kiste. In Deutschland werde ich schon irgendwie wieder dran kommen.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=zjxergglueicoicn

Donnerstag, 2. Januar 2014

Autobahn

Zwischen den Geröllfeldern am Strand gibt es glatte Sandabschnitte. Ich dachte gestern, da könne man bei Ebbe shön spazierengehen. Aber es WAR Ebbe. In großen schäumenden Wellen kommt der Pazifik jetzt immer näher. Ich liege im Zelt, das Rauschen des Meeres beruhigt mich gar nicht! Meer bleib weg! Es tost und grollt. Ich kann die Kieselsteine rollen hören - die sind zwischen faust- und kopfgroß! Mein lieber Scholli, muß das Wasser Kraft haben! Die Tsunamischilder fallen mir ein, die hier überall aufgestellt sind. Ich plane schon eine Strategie für eine schnelle Flucht. Meer bleib weg! Irgendwann bin ich eingeschlafen.

Am Morgen - Nebel und dichte Wolken. Aber es ist Salznebel. Der legt sich auf die Brille und die Rückspiegel - nur nicht abwischen, das macht die Schmiererei nur noch schlimmer. Nach einigen hundert Metern zweigt tatsächlich eine Piste ab, genau dahin, wohin ich wollte. Auf der Karte war nichts verzeichnet. Man muß ja auch mal Glück haben. Der Belag ist wie gewohnt aus lehmig-rotem Sand, festgefahren und mit Gummiabrieb geschwärzt. Aber heute glänzt er. Ich mache die Stiefelprobe - ja, die oberste Schicht ist ganz glitschig! Hola Lisl, gaanz laangsaam! Auf diese Weise (langsam - aber stetig) sind wir mittlerweile allen anderen Karibik-Kreuzfahrern ein ganzes Stück voraus. Die meisten treiben sich noch in Peru herum. Aber hier in Chile kann man ja auch nichts anderes tun als fahren, immer in eine Richtung (Süden); so kommen wir ein großes Stück voran!

La Serena ist heute die einzige Abwechslung auf meiner Fahrt. Dort will ich auch die Internetarbeiten erledigen. Es gibt eine Küstenstraße, die wir entlangtingeln. Langsam und genüßlich. Der Sandstrand ist zig km lang! Eine breite Promenade lädt zum joggen, rollebladen, radfahren...ein. Am Vormittag tummeln sich nur wenige Menschen am Strand, überall sind noch die Überreste der Silvesterparty zu sehen. Ein Hotel reiht sich an das andere, die meisten als Hochhäuser mit Swimingpoo, aber auch ein paar wohnlich aussehende Bungalows. Hier müßte es ja jede Menge Strandrestaurants geben? Ja, aber die machen alle erst um 1 Uhr auf - und außerdem hat fast keines WIFI. So muß ich warten, bis die einzige Pizzeria mit Internet öffnet. Ich parke die Lisl. Als ich den Helm abnehme, fällt mir eine große Spinne vom Kopf - die habe ich doch heute morgen aus dem Zelt geworfen??? Ist die doch glatt per Anhalter im Helm mitgefahren!
Ich setze mich noch ein wenig an den Strand. Vor mir wird eine kleine Hütte (ca. 2,5 x 2,5 m) gebaut. In der guten halben Stunde, in der ich dort sitze, schaufeln 2 Männer Sand wie verrückt. Aber die 4. Seite des hölzernen Fundaments ist dann immer noch nicht gesetzt.

In der Pizzeria suche ich mir einen Platz am Fenster dirket hinter der Lisl, so habe ich sie immer im Auge. Das Internet ist denkbar schlecht. Ein "Parkplatzwächter" schiebt die Lisl zur Seite, ich will schon aufstehen, aber erst beobachte ich, ob er ihr was antut. Nein, alles gut gegangen. Als ich später hinausgehe, werde ich von ihm mit einem Wortschwall empfangen. Ich verstehe gar nichts, aber es klingt ziemlich vorwurfsvoll - da will ich auch nichts verstehen. Ich zucke mit den Schultern und sattle die Lisl. Ich höre was von "Gringo" und als ich davonfahre ruft der Kerl mit wütend nach "Was ist der Dank?". Tja, wofür, guter Mann???

Die Autobahn ist so eintönig. Und keine Chance, ihr zu entkommen. Es gibt keine andere Straße. Ca. alle 20 km kommt eine Ausfahrt, die - mal oben drüber, mal unten durch - auf die andere Seite führt, um zurückzufahren. Nicht einmal hier gibt es ein Entrinnen! Und so fahren wir und fahren... Einen Kampf müssen wir allerdings dabei bestehen - den gegen den Wind. Meist kommt er von rechts vorn, greift unter den Windschild vom Helm und reißt ihn nach hinten. Plötzlich greift er aber voll von links an und wirft die Lisl aus der Bahn. Da zwischen uns und dem Meer ein Bergrücken ist (und ich dachte, die Autobahn führt schön ander Küste entlang...), sucht sich der Wind alle möglichen Bahnen. Mitten auf einer Brücke wechselt der Wind plötzlich von rechts nach links - wir fahren schon nicht schnell, aber das ist tückisch!
Obwohl die Sonne sengt, ist die Luft ziemlich kühl, kaum daß das Thermometer über 20 Grad ansteigt. So werde ich den ganzen Tag den Pullover nicht los, ich schalte sogar gelegntlich die Griffheizung ein!

Wo soll ich übernachten? Auf der Autobahn geht das wirklich nicht - es gibt nicht einmal Rastplätze, die man notfalls mißbrauchen könnte. Bis nach Villos ist es mir zu weit, zumal ich dort weder Zeltmöglichkeit noch ein vernünftiges Hotel erwarte. Eine einzige Straße zweigt hier ab - die führt kostenpflichtig und ebenfalls stacheldrahtbewehert in's Landesinnere. Also auch nix. Gerade als ich wieder auf die Autobahn will, sehe ich in der Einfahrt ein SChild "Camping" und ein geöffnetes Gatter. Steil und abenteuerlich führt ein Sandweg auf die Hügel hinauf. 2 mal dort abbiegen und es ist kein Campingplatz in Sicht. Ich beschließe, umzukehren und eine kleine Ausweichbucht oberhalb der Autobahn zu nutzen. Es zieht schrecklich!

Mein Laptop macht seit 2 Tagen wieder Zicken, es will nicht mehr geladen werden! Hoffentlich besinnt es sich wieder.

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Mittwoch, 1. Januar 2014

Nebel in der Wüste?

Die Sonne paßt sich mir an, sie muffelt am Morgen und ist abends aktiv. Mittlerweile verschwindet sie nicht mehr schlagartig schon um 6 Uhr sondern bleibt bis etwa 8 Uhr abends da. Heute vormittag versteckt sie sich über der Wolkendecke. Erst gegen Mittag blinzelt sie ab und zu daraus hervor und am Nachmittag brennt sie gnadenlos herunter. Es ist ein aufregender Tag - wir fahren stundenlang auf der 4-spurigen Autobahn geradeaus dahin. An beiden Seiten werden wir durch einen Stacheldraht von der Wüste abgeschirmt. Fragt sich nur, ob der die Autobahn oder die Wüste schützen soll!

Auf der Karte gibt es eine Stadt - Vallenar. Zur Abwechslung will ich mir die mal anschauen, auch wenn ich dafür ein paar Kilometer von der Autobahn abfahren muß. Eigentlich ist es eine Oase mitten in der Wüste - vorher nichts und nachher nichts. Ein grüner Fleck mitten im Graubraun. Es gibt schöne breite Asphaltstraßen, gefließte Fußgängerzonen und Ampeln. Aber diese Stadt ist stimmig, da pa0ßt alles zusammen. Häuser und Läden muten ein kleines bischen europäisch an, passen aber trotzdem in die hiesige Kultur. Vollgestopft mit allem Möglichen, so daß man eigentlich gar nichts findet. Gute zwei Stunden treibe ich mich hier herum, sitze auf dem Marktplatz und versuche, das freie Internet zu nutzen. Mit dem Laptop komme ich nicht rein, aber mit dem Handy - sonderbar. Dann muß ich halt umständlich versuchen, mittels Verbindung über das Handey reinzukommen - es gelingt sogar nach einiger Zeit. Blog hochladen. Noch ein kleines Mittagessen und dann will ich noch ein Stückchen fahren.

Weiter südlich gibt es einen Nationalpark an der Küste - der Name deutet auf Huboldt-Pinguine hin. Hier? Kann ich mir nicht vorstellen. Aber ich schau's mir einfach mal an. Auch wenn wir dafür ca. 60 km Piste in Kauf nehmen müssen und ich nicht weiß, ob ich nicht die gleiche Strecke zurückfahren muß. Fast verschlafe ich die Abzweigung. Die Piste ist passabel, mit 60 befahrbar und folgt einem Tal. Ein böiger Ostwind macht uns wieder zu schaffen und sandstrahlt uns gelegentlich. Natürlich haben die Entfernungsangaben mal wieder nicht gestimmt. Nach 60 km entdecke ich mitten in der Wüste Tiere - sind das Kühe??? Nein, es sind wilde Esel! Das hab ich ja noch nie gesehen. Die sehen richtig gesund und gut genährt aus; haben ein hübsches Fell! ABer sie sind scheu und halten Abstand. 2 kleine Herden passieren wir.

Es wird kalt und trüb - nein, bitte keinen Regen! Das kann ich auf der Piste gar nicht gebrauchen. Petrus hat ein Einsehen - als wir endlich zur Küste kommen liegen die Wolken hinter uns. Die Piste endet, eine Asphaltstraße führt durch den kleinen Ort. Eine Männerclique feiert schon Silvester - sie johlen und winken mir freudig zu! Bis zum Strand sind es noch ein paar Kilometerchen - dafür gibt es hier Zeltmöglichkeiten ohne Ende. Natürlich gibt es im Pinguinpark keine Pinguine - genausowenig wie Hippies am Hippiestrand! Hab ich auch nicht wirklich erwartet. Aber schön ist es hier trotzdem!

Ich bin bescheiden und nehme die erste Chance war. Ein kleiner Sandweg führt hinunter zur Brandung. Aber wer hätte das gedacht, daß der Sand so tief und weich ist? Brrr - die Lisl steht! Eingegraben. Also, erst abpacken - ich will ja eh hier bleiben - und dann ausgraben. Wie war das damals in der Sahara? Kräftig Gas geben und heftig schieben! Wir sind frei. Jetzt noch ein fester Standplatz gesucht und wir sind übernachtungsbereit.

In der sinkenden Sonne sitze ich noch eine Weile draußen, bis der kalte Wind mich ins Zelt treibt. Es ist erstaunlich viel Verkehr auf der kleinen Piste nebenan. Viele Vorbeifahrende hupen oder winken - natürlich winke ich zurück!

Es wird ein besinnlicher oder verschlafener Jahreswechsel werden. Meine Wünsche oder Vorsätze für's nächste Jahr? Viele (neue und alte) Freunde ganz oft treffen!

www.gpsies.com/map.do?fileId=kdwhvppciwnoasap

Dienstag, 31. Dezember 2013

Ein gutes neues 2014 Euch allen!!!



Kleine Brötchen



Draußen ist es trüb und bedeckt. Die Sonne hat mich heute nicht wachgekitzelt, ich habe bis 1/2 10 Uhr geschlafen! Wahrscheinlich hat der Körper das einfach gebraucht, um mit diesen blöden Bazillen fertig zu werden. Sicher ist die frische Seeluft dafür auch umn Welten besser, als ein trockenes klimatisiertes Hotelzimmer. Auf jeden Fall fühle ich mich fit für die Piste! Aber allzugroße Lust auf eine lange Fahrt habe ich nicht, ich werde heute kleine Brötchen backen.

Die Piste ist immer noch recht gut, der festgefahrene Untergrund macht einfach Spaß. Einmal halte ich zum Fotografieren an und rutsche mit dem Fuß auf dem obenauf liegenden Sand aus. Die Lisl muß mir auch jeden Quatsch nachmachen! Laut hupend ruft sie um Hilfe, ich greife nach dem Lenker und beide können wir grade noch so aufrecht bleiben! Gück gehabt - heute wollte ich keine 300 kg aufheben. Leider verläßt die Route schon bald wieder die Küste, wir treffen auf die "Route 5" und fahren "im Bus" auf breiter Asphaltstraße durch die Wüste. Später kehrt die Straße an die Küste zurück, um erst Richtung Copiaó wieder nach Osten abzubiegen.
Die Lisl rollt zuverlässig und problemlos. Die Landschaft gibt nichts Besonderes her, mein Kopf ruht. Ich halte oft zum knipsen an, aber eigentlich nur, um nicht allzuschnell voranzukommen. Ich möchte trödeln. An der Küstenautobahn ist der "Hipie-Strand" ausgeschildert - aber dort sind weit und breit keine Hippies zu sehen! Später ein großes Schild und ein Aussichtspunkt auf die "Bucht von Obispispo" - ich kann beim Besten Willen nicht herausfinden, was daran besonders oder sehenswert wäre. Vielleicht machen die Chilenen das nur, damit es den Vorbeikommenden nicht gar zu langweilig wird? An einer einzigen Stelle finde ich interessante Felsformationen. Die Löcher in den glatten Felsen sehen aus wie hineingehauen oder -geschossen. Ich vermute aber, es sind Luftblasen vulkanischen Ursprungs. In einigen der kleinen Höhlen wurden Heiligenfiguren aufgestellt und alles schön bunt geschmückt.

Als wir Richtung Landesinnere abbiegen ist es noch zu früh zum Übernachten. Bis nach Copiaó ist alles (kostenpflichtige) Autobahn - keine Chance auf ein schönes Plätzchen. Zum ersten Mal in Chile beginnt hier ein Industriegebiet. Es gibt moderne Autohäuser, Baumärkte und alles was man sich halt so vorstellt. Allerdings diese in nur einer Grundstücksreihe die Autobahn - dahinter ist wieder das Nirwana. In Copiaó überkommt mich die Idee, ein Hotel aufzusuchen. Zum Glück finde ich nix Gescheites, d.h. eigentlich nur ein einziges Hotel, das häßlich aussieht und zum Glück geschlossen ist. Ich suche nicht weiter sondern gebe der Lisl zu trinken und schlage Richtung Süden ein. Wir wüste kommen in wüste Berge - und dort gehen glücklicherweise einige Pisten ab. Die Autobahn in ferner Sicht schlage ich mein Zelt heute in der Wüste auf.
Beim Umziehen merke ich, daß ich jetzt sogar schon - bei eingezogenem Bauch - die enge Jeans anziehen kann, ohne sie aufzumachen - oje, wo soll das noch enden???!



Die Route mag heute nicht hochgeladen werden, wird nachgeliefert, sobald es wieder geht...jetzt!
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=mveiwmydjqijcvog

Montag, 30. Dezember 2013

Gegensätze

Ich komme mir vor, wie auf Dienstreise. Das Holiday Inn sieht aus, wie auf der ganzen Welt. Wenn ich genauer hinschaue, kann ich aber schon den südamerikanischen Einfluss erkennen - bei den Funktionen haperts. Den Wasserhahn muß ich beim Öffnen oder Schließen mit der anderen Hand festhalten, sonst dreht er sich mit. Den Stöpsel im Waschbecken kann ich zwar schließen, aber zum Öffnen fehlt der Hebel, da muß ich unter das Becken krabbeln. Die Bedienungseinheit der Klimaanlage rutscht beim Drücken der Knöpfe in das Gerät hinein. Es gibt ein Bügeleisen! Aber der Stecker paßt in keine Dose...
Das teuere Hotel muß ich auskosten! Nach Schwimmbad ist mir zwar nicht zumute, aber das Badezimmer und anschließend das Frühstücksbuffet werden ausgiebig genossen. Eine Banane und einbe Apfelsine lasse ich für den Tag noch mitgehen. Dann steige ich in den versüfften Motorradanzug, die staubigen Stiefel und schnalle meinen Packsack auf die Lisl. Es ist wie eine andere Welt - es paßt nicht zusammen! Ich brauche eine Zeit, bis ich wieder auf der Lisl zu Hause bin. Erst als ich eine Tankstelle gefunden habe und mich eine Hundemeute von der Verkehrsinsel her attakiert bin ich wieder auf "meiner" Reise. Nochmal schnell das Öl kontrolliert - oh, da hat es Mario damals in Puno aber sehr gut gemeint mit mir. Ich glaube, er hat der Lisl mindesten 1/2 l Vorrat mit auf die Reise gegeben. Na, das wird schon irgendwann verbrennen oder ein Leck finden.

Meine Karte zeigt eine Nebenstraßenpiste entlang der Küste. Die möchte ich einfach gerne mal ausprobieren - wenn sie zu schlecht ist, kann ich ja umdrehen. Nach 10 bis 15 km geht endet der Asphalt tatsächlich und eine sandige Waschbrettpiste beginnt. So schnell geb ich nicht auf! Trotzdem frage ich vorsichtshalber ein entgegenkommendes Fahrzeug - in weiteren 2 km ist die Straße endgültig zu Ende. Schade! Ich fahre also zurück und inhaliere mit 2 tiefen Atemzügen nocheinmal die herrliche nach Fisch und Tang duftende Meeresluft, um sie mit in die Wüste zu nehmen.
Dann sind wir wieder auf der "fünfer", der großen Autobahn. Nach gut 20 km dürfen wir sie verlassen, um auf einer Nebenstraße etwas näher aber parallel zur Küste zu bleiben. Allerdings ist davon nichts zu sehen, wir sind immerhin gut 20 km vom Meer entfernt. Ein endloses gerades Asphaltband zieht sich durch die felsige Wüste. Es ist einfach wüst. Zum dahindämmern. Angenehm kühle Luft, aber sengend heiße Sonne auf der Haut. Heftiger Husten schüttelt und Kopfschmerzen plagen mich - hab ich doch eine ordentliche Erkältung erwischt! Die Lisl ist dafür topfit! Hinter einer Kurve stutze ich und erwache aus meiner Lethargie: plötzlich sehe ich Wolken - von oben! Vor mir erstreckt sich der Pazifik und unter mir hängen die Wolken in den Bergen. Unter mir??? Ein Blick auf's Navi zeigt mir, daß wir tatsächlich bis auf knapp 2000 m gestiegen sind! Die dürfen wir jetzt bis Paposo wieder hinunterrollen.

Wie empfinde ich Chile? Schwer zu beschreiben...es paßt irgendwie nicht zusammen, es wirkt nicht authentisch. So wie die palmengesäumten, gefließten Strandpromenaden und Fußgängerzonen nicht zu den direkt dahinterstehenden ärmlichen Häusern oder gar Lehmhütten passen, so paßt diese moderne Straße nicht in die ursprüngliche Wüste. Es wirkt aufgesetzt. Potemkinsche Dörfer (wie der Wasserhahn im Hotel). Als ob es zwei Welten gäbe: die "reiche" und hübsche Welt und die "echte", ärmliche, natürliche Welt. Mir ist die echte Welt lieber, auch wenn es darin vieles nicht gibt. Deshalb fahre ich in Paposo auch nicht auf der neuen Straße weiter am Ort vorbei, sondern absichtlich mitten hindurch. Eigentlich erwartet man hier einen Ort mittlerer Größe, also in Deutschland etwa 2.500 Einwohner. Aber hier finden sich nur wenige Holzhütten. Immerhin haben sie eine teilweise nette Fassade, an der Eingangstür hängt Weihnachtsschmuck und ich finde  eine "Ferreteria" (Eisen- und Haushaltswaren) und ein Restaurant. Dann ist es wohl wirklich eine größere Ortschaft... Und schon sind wir durch und fahren wieder wie im Bus an der Welt vorbei. Es ist immer wieder beeindruckend und unglaublich, wieviel "Nichts" es geben kann! Wie weit man fahren kann, ohne jemandem zu begegnen oder irgendetwas anderes als Landschaft zu sehen. Ich habe schon vergessen, daß auch in Nordamerika weite Landstriche waren, in denen es keine Menschenseele gab.

Ab hier verläuft die Route bis Taltal direkt an der Küste. Es ist soooo herrlich! Zwar sind die Felsen im Meer heute nicht so spannend wie gestern, dafür aber die Berge linkerhand. Phantastische Felsen! Riesige Lunker, Löcher und Höhlen entdecke ich. Scheinbar ein riesiger Lavastrom. So lange her kann das noch gar nicht gewesen sein. Erst beim Anhalten zwecks Foto entdecke ich, daß manche der "seltsamen Steine" gar keine sind, sondern gut getrante Kakteen, die sich hier wohl so langsam ansiedeln. Ich kann mich nicht sattsehen. Und rechterhand rauscht das Meer.

In Taltal haben wir unser Tagespensum erreicht. Ich habe gestern im Internet nach einem Hotel geschaut, die Ortschaft gibt es im Hotelfinder überhaupt nicht! Die nächste und größere Ortschaft ebenfalls nicht. Es ist 15 Uhr und ich schaue mich vor Ort einfach mal um. Es ist ein total verschlafenes Nest. Hat eine schön angelegte Uferpromenade und einen netten Marktplatz, auf dem auch Weihnachtsmusik schallt. Nur, wo sind die Menschen??? Alles ist geschlossen - gut, es ist Sonntag nachmittag...drei Jungs (ca. 12 Jahre) eilen herbei, als ich im Hafen stillhalte. Sie wollen wissen, woher ich bin und ob das eine Helmkamera ist. Ein sommersprossiger Kerl macht ganz viele Faxen, um in meinen Film zu kommen, aber die Kamera läuft ja gar nicht. Ich finde auf Anhieb ein Hotel, kostet 10.000 Pesos (ca. 14 €), hat Internet und Parkplatz. Es ist aus holz gebaut und sieht auch erstaunlich proper aus. Das Zimmer ist nett eingerichtet, die Betten weiß gestrichen, das große Fenster zeigt auf die Straße. Ich könnte mir vorkommen, wie zu Goldgräbers Zeiten im Yukon. Aber irgendetwas pass noch nicht so richtig - ist es zu früh? Möchte ich lieber zelten? Ich treibe mich noch eine ganze Stunde im Ort herum, er wacht nicht weiter auf. Zu guter Letzt finde ich sogar eine Tankstelle, vorsichtshalber bekommt die Lisl was zu trinken. Sie haben sogar einen kleinen Minimarkt und einen Hotdog. Dann fahren wir einfach mal weiter...

An der Küste soll laut Karte eine befestigte Nebenstraße weitergehen. Mein Navi kennt sie nicht. Das ist mir jetzt zu blöd; ich schalte die teure, bei Garmin gekaufte Karte einfach aus. Schon navigiert das Gerät nach OSM, das sind im Internet frei herunterladbare Karten, die ich von Dave bekommen habe. Und da gibt es diese Straße! Der Belag ist etwa wie gestern - festgefahren und griffig - gut zu fahren. Es macht so Spaß, an der Küste entlang zu fahren! Und es gibt weiterhin viele versteckte Buchten und einsame Strände. Es ist allerdings nur ein kurzes Stück, dann wendet sich die Richtung wieder Richtung Landesinnere. Ich wollte bis 17 Uhr fahren, na, wenn ich ein Auge zudrücke, dann habe ich das geschafft. Ca. 500 m fahre ich zurück und finde ein wunderbares Areal zum Zelten.

Noch bevor ich mein Zelt richtig aufgestellt habe, sind auch die letzten beiden Autos in der Ferne verschwunden. Der ganze Strand, ach was, die ganze Küste gehört mir! Mir ganz allein! Ich fühle mich wohl hier draußen und genieße Wind, Luft und Meer.
Es ist diesig, direkt über mir strahlt blauer Himmel, in der Ferne hängen graue Wolken an den Bergen. Es ist keine Strand zum kilomete3rweit laufen. Es ist ein Strand zum entdecken. Die Felsen am Meer sind ganz spitzzackig, haben Fließlinien und Hohlräume. Es ist noch recht junge Lava - ich kann mir richtig vorstellen, wie sie von dne Bergen heruntergeflossen ist um hier im Meer gischtend und dampfend zu erstarren! Wie beim Bliegießen. Die Formationen sind so spannend. Ich entdecke Magmaspuren, rote Linien aus Eisen, die im Fels erstarrt sind - sieht fast aus, wie vertrockneter Tang. Und Muscheln gibt es hier; keine besonders schönen, aber dafür sehr stabile. Die gefallen mir - ich überlege schon, was man daraus machen könnte: kleine Tellerchen, Tassen oder auch nur Aschenbecher. Aber leider muß ich ja Platz und Gewicht sparen. So sitze ich auf meinem Fels über der Brandung, lasse es mir gut gehen und fasse den Tag zusammen.
Weit draußen auf See tuckert ein Fischkutter vorbei - außer der Brandung ist es so still, daß ich das Motorengeräusch schon lange höre. Als die Sonne sich senkt wird es rasch kühl, zuerst muß ich das T-shirt wieder anziehen und mich dann sogar in's Zelt verkriechen. Dort ist es windstill und kuschelig warm! Heißt natürlich nicht, daß ich nicht die Nase hinausstecke und auf das Meer blicke.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=lecsazhvnawemnfe

Sonntag, 29. Dezember 2013

Die Wüste Atacama


Ich fahre als erstes in den Ort, um Frühstück und Internet zu bekommen. Beides zusammen finde ich aber nirgends, und so mache ich mich trotzig und ärgerlich auf den Weg. Ich möchte nicht zurückfahren und habe mir deshalb den kürzeren Weg durch die Wüste ausgesucht. Ein wenig mulmig ist mir schon, denn die Straße ist als "nicht asphaltiert" markiert. Und das kann alles Möglich heißen! Ich glaube, ich bin zum Hasenfuß geworden. Getankt habe ich in der letzten größeren Stadt; hier gibt es kein Benzin, aber bis Baquedano müßte es leicht reichen. Außerdem bin ich dann wieder auf einer Hauptstraße.
Von dem berühmten Alma-Observatorium ist nichts zu sehen. Zum einen muß ich höllisch auf die Straße aufpassen (Baustelle mit ganz schlimmem Waschbrett) und zum anderen ist nur ein Schrankenhäuschen zu sehen. Das Observatorium ist sicher weit weg von der Straße und man darf gar nicht hinfahren.
Kurz vor der Abzweigung nach Westen sticht mir ein Laden in's Auge - stimmt, Trinkwasser brauche ich noch - die Wüste liegt vor mir. Dummerweise passe ich nicht genau auf und erwische "mit Kohlensäure". Auf der schlechten Piste wird es ordentlich geschüttelt und beim Öffnen habe ich das kostbare Naß dann überall, nur nicht dort, wo ich es haben will.... Ein Einheimischer erklärt mir noch den genauen Pistenverlauf, aus den Ausführungen über den Straßenzustand werde ich nicht viel schlauer.

Eine breite und gute Schotterstraße führt hinein in die Wüste Atacama. Und dann laut Karte durch den Salar de Atacama. Bis zur ersten Kreuzung ist alles klar. Dann soll ich nach rechts abbiegen, sagte der Einheimische. Ich zögere. Aber Navi und Karte sind sich in der nächsten halben Stunde einig - ich fahre genau die richtige Route. Der Untergrund ist festgefahren, kein Sand oder Kies obenauf. Ja, Schlaglöcher gibt es schon manchmal. 50-60 gibt die Straße her, und ich fühle mich dabei sicher. Ab und zu werde ich überholt von einem Geländewagen oder sogar einem Laster. Da werde ich dann auch mutiger. Bis zu 90 Sachen traue ich uns manchmal zu!

Salar! Wenn auch nicht der berühmte Uyuni, dann doch immerhin der Atacama! Wie sieht das eigentlich aus, so ein Salzsee? Wir halten an und ich gehe ein paar Meter hinein. Eine riesige Fläche sieht aus wie frisch geackerters Land. Aber die Schollen sind steinhart! Da gibt Nichts nach! Zelten? Ausgeschlossen! Die Brocken sind erdbraun, aber innen kann man das weiße Salz sehen. Phantastische schroffe Formen, tropfsteinartige Gebilde und scharfe Zacken; daran scheitert sicher jeder Reifen! Wenn ich die Steine mit dem Fuß anstoße klingt es hohl, wenn sie zerbrechen, dann mit einem Klang wie Porzellan. Und wenn ich still bin, höre ich es klirren und knistern - die ganze Zeit. Scheint so, als ob beim Trocknen immer irgendwo etwas reißt. Das ist lustig!

Vor mir tauchen Salzberge auf - und ein Kontrollpunkt. Das muß eine Salzmine sein, so wie mir gestern erklärt wurde. Hier wird die Durchfahrt kontrolliert. Aber nein, der Aufpasser will mich nicht weiterlassen. Ich wäre verkehrt! Das kann gar nicht sein! Lange Diskussionen anhand von Karte und Navi, aber schließlich muß ich ihm glauben, daß ich zu früh abgebogen bin. 30 km zurückfahren. Und dann auf die richtige Piste. Aha, jetzt ist auch ab und zu Atofagasta angeschrieben - dann bin ich ja richtig.
Es zieht sich dahin. Wir fahren und fahren... Die Fahrbahn ändert sich. Jetzt haben wir einen weißen Weg unter den Rädern - ein feines Salzgranulat liegt zentimeterdick auf der Fahrbahn - Achtung Rutschgefahr! Zum Glück hält dieser Zustand nur an, bis wir an der Saline vorbei sind, danach gibt es wieder die "schöne" feste Piste. Dann sind wir durch den Salar durch und fahren "ganz normale" Wüste. Wie man es dort erwartet, findet sich natürlich auch bald Sand und feiner Kies auf der Piste. Uff, das ist gar nicht gut! Die Reifen aus Quito sind dafür gar nicht geeignet. Die Lisl hat keinerlei Seitenführung mehr und wir eiern ganz schön rum. Langsam machen - dafür sicher sein. Ich hoffe, daß der Untergrund bald wieder fester wird. Hoffentlich ist die Piste nach Ushuaia nicht auch so...vielleicht sollte ich auch vorsichtshalber noch einen Satz neuer Reifen aufziehen. Muß später mal schauen, wo dafür ein geeigneter Ort ist.
Die Piste wird bald wieder fester, ich glaube fast, sie ist oder war mal asphaltiert? So genau kann man das nicht feststellen. Auf jeden Fall staubt es nicht (bei Überholern oder Gegenverkehr), dafür ist es ziemlich holprig. Wir fahren und fahren...zügig. Trotzdem ist kein Ende in Sicht. So langsam mache ich mir Sorgen um den Sprit! Das Hirn schläft schon. Langweilige Wüste. Langweilige Straße. Wann sind wir endlich da?

Mein Körper ist geschunden: die Kiefer- und Nackenmuskeln schmerzen, davon auch der Kopf. Der Rücken ist steif, das Sitzfleisch durchgesessen. Die Augen sind trocken und verkrustet, die Ohren schmerzen vom Höhenunterschied. Der Hals fühlt sich auch nicht besser an. An den Händen bilden sich neue Blasen. Ich werde nach dem Wüstentrip in der kommenden Ortschaft übernachten! Aus den geschätzten gut 200 km sind schon weit über 300 geworden! Zuversichtlich fahre ich in das schon seit 180 km angekündigte Baquedano hinein. Eine öffentliche Toilette. Eine Schule. Lehmhäuser. Keine Tankstelle! Ein großer Parkplatz - und ein kleiner Laden. Wenigstens zu trinken bekomme ich hier etwas. 1 l kalter Ananassaft und die trockene, zwei Tage alte Semmel sind das erste, was ich heute zu mir nehme (außer ein wenig Wasser). Danach sind ein paar Lebensgeister zurückgekommen - da werde ich die letzte Stunde bis Antofagasta auch noch absitzen können!

Die Strecke macht es uns leicht - eine 4-spurige einwandfreie und wenig befahrerne Autobahn führt dorthin. Wir können es einfach laufen lassen. Einmal treffen wir auf dem Standstreifen 2 kolumbinanische Motorradfahrer auf dem Weg nach Ushuaia - wer weiß, wann wir uns wieder sehen. 10 km vor dem Ziel ziehen sich graue Wolken zusammen, aber außer daß sie die Luft ordentlich kühlen, sind sie zum Glück harmlos.

 Ich möchte unbedingt heute noch Internet haben! Die Suche nach dem nächsten Schlafplatz richtet sich danach. Die Schwabenrechnung sieht so aus: mobile Datennutzung für E-Mails und Blog hochladen kostet ca. 50 (+/- 10) €! Ich kaufe mir für 20-30 € Internet ohne Begrenzung und bekomme Bett, Dusche und vielleicht auch Frühstück noch umsonst dazu. Das führt zu dem Ergebnis: mittelteures Hotel (mit WIFI)!
Soweit die Theorie. In Antofagasta sieht die Realität ganz anders aus. Meine 2 Navi-Quellen führen mich in edle Hotels direkt an der Küste - schöne Strandpromenade direkt vor der Tür. Schrecklich teuer - klar! In der Stadtmitte gäbe es günstigere Hotels - ich klappere bestimmt 5 bis 8 davon ab. Preis 20-30 € (umgerechnet), entweder kein Frühstück (nicht so schlimm) oder kein Internet oder kein Lisl-Parkplatz. Manche davon schaue ich mir trotzdem auch von innen an - schrecklich! Da war mein billigstes Loch bisher besser! Und wenn vor der Haustür schon mutwillig zerstörte oder verbrannte Autos herumstehen, dann ist mir ganz und gar nicht wohl. Letztendlich lande ich im Holiday Inn für ca. 70 €. Dekadent! Wenn schon, denn schon: ich genieße die heiße Dusche, die Wasser für den GANZEN Körper spendet, wasche meine Wäsche in HEISSEM Wasser (auch das schwarze T-shirt erzeugt schwarzes Waschwasser!) und temperiere das Zimmer ganz nach meinen Wünschen. Eine Straße weiter wird mir ein peruanisches Restaurant empfohlen - nein, keine Straßenküche. Das Essen ist frisch zubereitet und richtig heiß! Luxusssss! Gereinigt und gefüttert geht es mir schon viel besser.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=lqkvwzlkngnjsphs