Samstag, 28. Dezember 2013

Salz


Nachdem sich auch die 100 Hunde schlafen gelegt haben, ist es eine ruhige Nacht. Am Morgen he(i)tzt mich die Sonne aus dem Schlafsack. Ich trödle noch eine ganze Weile dahin und bin dann gegen halb 9 auf der Straße. Sie bietet keine großen Überraschungen, außer daß ich nicht gedacht hätte, daß Chile so ein Wüstenland ist! Bei entspannt wenig und zivilisiertem Verkehr rollt die Lisl zügig dahin. So flott durfte sie schon lange nicht mehr fahren - bis zu 100 km/h.
Links von uns erheben sich hohe sandige Berge - da könnte man bestimmt gut Sand-ski fahren. Gelegentlich hüllen sich die Bergkuppen auch in Wolken. Über allem liegt immer ein Dunstschleier. Rechts erstreckt sich die Sandwüste bis direkt an's Meer; dazwischen ist nichts außer der Straße. Keine Häuser, keine Strandparkplätze oder sonst etwas. In Europa wäre hier alles total zugebaut. Hier sind es bestimmt 300 km, in denen höchstens mal ein lange angekündigtes Fischerdorf kommt. Das besteht aus ein paar tarnfarbenen Wohnhütten und sonst nichts. Langweilig wird mir dennoch nicht, denn die Straße verläuft auch manchmal ein paar Meter höher und dann gibt es phantastische Ausblicke auf die Küste und die Brandung. Geier segeln an den Hängen, manchmal auch unterhalb von uns.  Es gibt einige spannende Felsen - sie haben interessante Formen aber das Besondere ist, daß sie ganz oder teilweise weiß sind. Es ist Salz. Manche sind kegelförmig und sehen aus wie kleine schneebedeckte Vulkane.
Mitten drin ist dann auch eine Salzgewinnungsanlage. Die Straße ist gesäumt von Salzkristallen.

Bis Tocopilla genießen wir einfach die Fahrt. Keine schweren Gedanken, leichtes Dahinrollen. Eigentlich ist jetzt die Tagesetappe erledigt. Aber es ist erst früher Nachmittag. Auch eine Pause für einheimisches Mittagessen und ein super leckeres Eis zum Nachtisch ändert nichts daran, daß es eigentlich noch zu früh ztum aufhören ist. Also beschließe ich, die nächste Etappe Richtung San Pedro in Angriff zu nehmen. Das Dumme daran ist, daß es eigentlich für heute zu viel, aber für 2 Tage zu wenig ist. Na ja, wenn ich es nicht schaffe, kann ich ja irgendwo zelten.

Wir fahren nach Osten, weg von der Küste. Hinein in die Berge, schön kurvig - bei etwa 1500 m beginnt die pure Wüste. Herrlich! Und heiß. Bis auf 39 Grad klettert das Thermometer. Die Lisl muß bis auf 3600 m klettern - aber unmerklich. Genauso unmerklich geht es nach dem Paß wieder abwärts. Die Straße verläuft kerzengerade. Kurz vor San Pedro eröffnet sich eine phantastische Landschaft - eine unberührte unendlich weite sandige Tiefebene. Das sind wohl die nördlichen Ausläufer des Atacama-Salzsees. Dahinter teilweise schneebedeckte Vulkane. Als wir die Ebene durchquert haben, zeigen sich phantastische Felsformationen! Ich kann nur schauen und schauen!

In San Pedro hat mir Eugen den Campingplatz "posos tres" ans Herz gelegt. Im Ort beschreibt man mir den Weg, der doch noch einige Kilometer weiterführt. Der erste Eindruck ist gut; er ist mit Tischen im amerikanischen Stil ausgerüstet. Der zweite Eindruck, nachdem mein Zelt steht, ist vernichtend. Jemand hat ein stinkendes, lautes Dieselaggregat mitgebracht, um damit noch lautere Musik produzieren zu können. Daneben machen junge Leute Party und müssen natürlich mit dem Autoradio alles übertönen. Einer der Jungs ist anscheinend schon ziemlich betrunken, er grölt sehr laut dazu. Ich kann nur hoffen, daß er bald umkippt. Strom, Licht oder gar Internet gibt es natürlich nicht. Von den "3 Wasserlöchern", wie der Campingplatz heißt, finde ich eines - das lediglich dazu dient, Stechmücken zu züchten. Das an der Kasse angepriesene Schwimmbad ist leer, die ebenfalls beworbenen Duschen funktionieren nicht. Und dafür zahle ich 5000 Pesos (7 €)? Hätte ich das gewußt, wäre ich 2 km weiter in die Wüste gefahren...bei dem Krawall tue ich mich sehr schwer, den Blog zu schreiben oder gar zu schlafen.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=rglbgtpumqpvkmdx

Freitag, 27. Dezember 2013

Die "innere" Reise: philosophieren

Ausschlafen. Gemütlich aufstehen. Rumtrödeln. Frühstücken. Und dann doch Abschied nehmen. Auch wenn man sich nur 2 Tage lang gelegentlich sieht, wächst man doch ein wenig zusammen - es wird ein herzlicher Abschied. Nach chilenischer Zeit ist es jetzt schon halb elf! Und es ist warm - 28 Grad.

Von Arica aus führt die Straße ein Stück im Landesinneren nach Süden, um dann in Iquiqe wieder an die Küste zurückzukommen. Gestern Nacht habe ich mir noch meine kommende Route näher angeschaut und beschlossen, so weit wie möglich in Chile zu bleiben, aber dabei auf den Hauptstraßen zu bleiben. Mein Bedarf an Schlechtwegeabenteuern ist gedeckt. Aud die Landschaft, die mich erwartet bin ich nicht eingestellt, obwohl mir Edgar gestern noch gesagt hat, daß hier alles Wüste sei. Chile ist doch das Land der Gletscher und Berge?! Aber es ist so. Die Wüste gefällt mir - sie ist viel schöner als in Peru und vor allem nicht vermüllt. Außerdem ist sie wirklich einsam. Keine versteckten Hütten. Irgendwo stehen mal ein paar "Kunstwerke" herum und dann weist ein Schild auf "Geoglyphen" hin. Eigentlich ist nichts zu sehen. Ob damit die Linien im Gelände gemeint sind? Mit viel Phantasie kann man ein paar Figuren erkennen, aber die könnten auch neueren Datums sein. Oder es sind einfach nur Auswaschungen im Sandstein. Es wird nichts erklärt, kein abgesperrtes Gebiet, kein Pfad, keine weiteren Hinweise.


Die Landschaft verlangt mir kein oooh und aaah ab. Aber sie wirkt! Intnesiv. Auf meine Gedanken. Die sind heute sehr philosophisch. Das Gespräch mit Eugen gestern hat irgendetwas ausgelöst...

Es gibt Menschen, die haben besondere Talente, sind überaus intelligent oder haben einfach mehr Glück oder Erfolg z.B. im Beruf. Wir "normalen" Menschen beneiden sie oft darum. Dann gibt es aber von diesen Menschen einige, die diese Gaben, die sie mit auf den Weg bekommen haben, nicht nutzen. Sie brach liegen lassen oder verschenken. Die sie vergeuden, in unseren Augen. Warum tun sie das? Sind sie undankbar?
Das Sonderbare ist, daß wir "normalen" Menschen oft ein Leben lang genau diesen Dingen nachlaufen, die andere einfach so haben. Neid? Und oft sind wir dann immer noch unzufrieden, wenn wir unser Ziel erreicht haben - es ist uninteressant geworden, wir brauchen neue Ziele. Vielleicht haben ja diese super-intelligenten Menschen das schon lange erkannt und sich daher ganz andere Ziele gesetzt, die wir erst sehr viel spater entdecken?
Aber was brauchen wir eigentlich wirklich zum oder im Leben? Ja sicher, Essen, Trinken und einen warmen Platz zum Schlafen. Das braucht der Körper zum Übeleben. Aber als Mensch können wir davon alleine nicht leben. Wir brauchen vor allem Gesundheit und Stärke für den Körper aber für den Geist brauchen wir menschliche Wärme, Freunde, Liebe. Vielleicht ist der Sinn des Lebens ja, genau diese Zuwendung anderen Menschen zu geben? Damit sie auch glücklich werden können. Ich habe auf dieser Reise viele neue Leute kennengelernt und einige davon haben mich echt be-rührt. Dabei ist es gleichgültig, ob man gemeinsam gegen Gefahren gekämpft, einen Sonnenuntergang genossen oder ein gutes Gespräch geführt hat.

Eine Argumentationskette von Eugen ist, daß der Körper und alle seine Funktionen in der DNS verankert sind und das gleiche für die Psyche gilt. D.h. es gibt irgendwo für jeden Menschen eine festgelegte Psyche. Es ist ja ziemlich offensichtlich, daß man seinen Lebensweg an seine körperlichen Möglich- und Fähigkeiten ausrichtet, was aber ist mit den psychischen Möglichkeiten? Kennt man die überhaupt? und woran merkt man, daß der Lebensweg nicht mehr paßt? Und vor allem, was kann man dagegen tun? Ich möchte Eugen noch sooo viele Fragen stellen. Ich frage mich selbst, ob mir mein Beruf noch Spaß macht - so aus der Ferne betrachtet. Warum habe ich genau diesen Beruf ergriffen? Weil ich wissen wollte, wie etwas funktioniert. Weil ich selbst etwas zum funktioniern bringen wollte. Ich glaube, davon habe ich mich zu weit entfernt. Was also würde ich jetzt tun wollen, wenn ich neu wählen könnte?

Ich glaube nicht, daß mich diese Reise zum besseren Menschen macht. Ich werde vermutlich nach Hause zurückkehren und in den alten Trott zurückverfallen. Aber vielleicht bin ich ja doch ein klein wenig klüger geworden? Man wird sehen...


An der Abzweigung nach Iquique erhasche ich einen Blick auf eine historische Mine (Humberstone). Es ist geschlossen. Erinnert mich stark an die Freiland-Minenmuseen in Nordamerika. In Iquique versagt mein Navi, es gibt nur 2 Straßen, die weiterführen. Beide sind gesperrt. Hilflos irre ich herum, bis ich an der Ampel einen Autofahrer nach dem Weg frage. Klasse, er fährt in meine Richtung und nimmt mich unter seine Fittiche. Von der Hochebene führt eine Autobahn entlang der Wüstenberge hinunter ans Meer. Hier liegt die eigentliche Stadt - schön, mit Uferpromenade, herrlichem Strand, luxuriösen Hotels und einer sauberen Stadt. Das schönste ist aber der Blick vom höheren Teil der Autobahn auf die Stadt hinunter! Hinter der Stadt, also zwischen Stadt und Autobahn ragt eine wahnsinnig große Sanddüne! Mit einer scharfen Dünenkante, die gegen das Meer phantastsich aussieht. Sie ist um vieles höher als die Hochhäuser der Stadt. Wahnsinn! Leider keine Chance zum fotografieren...

Als ich meinen heutigen Schlafplatz - frei am Strand - gefunden habe (Chile ist vergleichsweise ziemlich teuer), muß ich als erstes aus den Stiefeln raus. Die Füße kochen und die Beine jucken - die Moskitos haben mich die letzten 2 Tage ordentlich zerbissen!  Die Beine in's kühle Meerwasser stellen und abreiben - ach, das tut gut! Dann wird ein geeigneter Sandplatz von Steinen und Scherben befreit und das Zelt aufgestellt - das Innenzelt muß heute reichen. Ja was sehe ich denn da? Beide Eingänge haben Löcher im Moskitonetz - das ist nicht gut. Textilkleber und Stofffetzen müßen Löcher und Laufmaschen stoppen.

Jetzt sitze ich am Suferstrand - mittlerweile ganz alleine. Zelten am Strand!!! Die Badegäste sind alle nach Hause gegangen. Die Sonne steht schon tief und wirft ein rotes Licht auf die Hochhäuser von Iquiqe auf der anderen Seite der Bucht.
Ein frischer Wind bläst, mit dem vor allem das Zelt zu kämpfen hat. Ich habe es außer mit Häringen am Boden, noch mit einem Gurt an der Lisl angebunden und ordentlich beschwert. Meine Haare sind mittlerweile so lang, daß auch sie im Wind flattern - da muß ich auf die Richtung achten, sonst sehe ich nichts mehr! Ich hoffe, daß der Wind bei Sonnenuntergang nachläßt.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=zdwschczgreojscx

Donnerstag, 26. Dezember 2013

Ein freier Feiertag

Heut mach ich Pause, hab ich beschlossen. Am Morgen wird erstmal der Blog von gestern geschrieben, dann kümmere ich mich um Frühstück (Trinkjoghurt) und die Lisl (Ventile und Kerzen kontrollieren). Nein, das sind keine Kerzen vom Weihnachtsbaum! Und eine neue Befestigung für den Tankrucksack ausprobieren.

Hier laufen ein paar Hunde rum, die haben meine Sachen, die vor dem Zelt lagen, zerfetzt bzw. verschleppt. Kann ich das wissen? So was ist mir noch nie passiert. Ärgerlich.

Noch mit öligen und schmutzigen Händen bleibe ich bei Eugen im Restaurant hängen. Aus den ersten Worten wird eine seeeeehr lange Unterhaltung. Eugen weiß wirklich sehr viel - über alles mögliche. Am spannendsten sind die Themen "Religionen, Lebenserfahrungen und Erkenntnisse". Als ich die Unterhaltung beende, weil ich mich noch im ein paar Dinge kümmern will, ist es schon fast fünf Uhr nachmittags.

Ich brauche Geld, möchte meine Bolivianos los werden und brauche für heute und morgen etwas zu essen. Die Lisl braucht Benzin. Eugen zeigt mir aus der Ferne das Hochhaus, an dem die Fußgängerzone beginnt. Die Lisl wir gesattelt, es sind etwa 10 km bis dorthin. Die Straßen sind fast leer, kaum Autos. Keine Zweiräder oder Tuktuks. Und alle halten sich an Verkehrsregeln, beachten Ampeln und Vorfahrten; halten sogar am Zebrastreifen.
In der Stadt - große Überraschung. Die haben wirklich ein schönes Stadtzentrum mit gefließter Fußgängerzone! Skateboardfahrer nutzen das. Im Springbrunnen vor einer Statue planschen Kinder. Allerdings sind leider alle Geschäfte geschlossen - Weihnachtsfeiertag. Alles mutet sehr europäisch an. Der Geldautomat hat nicht frei - er gibt mir, nach mehrmaliger Aufforderung, was ich haben will. Allerdings komme ich mit den Zehnerpotenzen der Währung noch nicht klar. Einmal die Fußgängerzone rauf und wieder runter. 2 Restaurants haben geöffnet - wenn es keinen Supermarkt gibt, dann ist das die einfachste Lösung. Wieder eine andere Logik: man wird nicht einfach bedient; man muß zur Kasse gehen und sagen was man haben will, zahlen, Bon an den Kellner weitergeben. Aha!
Ein Straßenmusikant mit Gitarre und Panflöte leistet mir Gesellschaft.
Auf dem Rückweg stolpere ich über einen Geldwechsler - das wäre auch erledigt. Sprit? Heute? Auch kein Problem - dort gibt es sogar einen kleinen Minimarkt. Vanillemilch für das Frühstück!

Auf dem Heimweg fällt mir auf, was ich heute morgen vergessen habe: Luft kontrollieren und vor allem "Bremsbeläge wechseln"! Während ich das mache, leistet mir Eugen wieder Gesellschaft.
Jetzt ist es fast dunkel. Aber an den Strand muß ich nochmal! Während ich im Wasser entlang laufe, freue ich mich über das bunte Treiben - heut ist richtig viel los. Es ist schön, gegen das Abendlicht den jungen Leuten beim Grillen zuzuschauen. Oder später beim Fußballspielen im Scheinwerferlicht ihrer Autos. Eine schöne Kulisse!

Also, heute war ein richtger "Gammeltag"....

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=babbolqpfwqktgfx

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Von Allem Etwas - krass!

Gestern abend war ich leider nicht mehr in der Lage, den Tagesblog zu schreiben....


Nachts wache ich mit heftigen Halsschmerzen auf. Bis zum Morgen zeigt sich eine ausgewachsene Erkältung. Gestern war wohl die kälteste Temperatur mit 6 Grad. Es hat in der Nacht gewittert und anscheinend in's Zimmer hereingeregnet. Richtig bemerken tu ich das aber erst, als ich die Stiefel anziehe - im rechten Schuh steht eiskaltes Wasser. Und der Pullover ist auch feucht - was ich aber erst bemerke, als der Fahrtwind durch die Jacke weht. Ich friere. Die verschwollenen Augen tränen. Ich muß mich zwingen, die Schönheit der Landschaft wahrzunehmen: unendliche Weiten, schneebedeckte Berge, phantastische Felsformationen, grüne Flußtäler mit Alpakaherden. Aber es ist die letzte Chance. Ich werde das Altiplano heute verlassen.

Vor der chilenischen Grenze liegt der Sajama-Nationalpark. Ein Vulkan über 6500 m. Nur 7 km von der Hauptstraße entfernt sollen Seen und vor allem Geysire zu sehen sein - das muß ich sehen! Die breite Schotterstraße ist leicht zu finden. Mutig lege ich los. Aber schon nach kurzer Zeit zeigt mir die Lisl, wie weich der Untergrund ist - die eiert durch die sandigen Spurrillen. Langsam! Es ist anstrengend. Nach 4 km sind die in 3 km angekündigten Seen noch nicht zu sehen. Noch lange so weitereiern? Und dann spüre ich, daß ich nicht fit bin. Nein, ich drehe um.

Es ist ein seltsames, schwer zu beschreibendes Gefühl, was mir den ganzen Morgen immer wieder zu schaffen macht. Ich fühle mich ein bischen wie schwindelig, nein eher so, als ob ich neben mir stehen würde. Ich verliere die Kontrolle. Die physiche Susanne ruft dem Geist zu: "He, komm zurück! Du hast hier eine Aufgabe zu erledigen. Du kannst nicht einfach abhauen! Du mußt die Lisl dirigieren". Es ist ein langer und harter Kampf, mich immer wieder zu disziplinieren (wer mich kennt, weiß wovon ich rede). Ich versuche erfolglos, durch tiefes Atmen, die Sache in den Griff zu bekommen. Die Lisl gibt ihr Bestes, aber auch sie hat jetzt Schwierigkeiten. Wir klettern bis auf über 4600 m hoch und bleiben eine ganze Weile in dieser schwindelnden Höhe! Erst als wir wieder unter 4000 m sind, geht es uns beiden besser.

An der bolivianischen Grenze gibt es einige Offizielle und auch 2 Zollstationen, aber jeder schickt mich weiter. Na gut, dann fahre ich halt. Wir werden in Chile begrüßt - von großen Schildern. Einsamkeit. Bergwüste. Erst nach ca. 10 km liegt Chungara (besteht nur aus etwa 5 Gebäuden) in einer kleinen Mulde. Tatsächlich werden dort alle Grenzformalitäten abgewickelt, auch die bolivianische Ausreise. Wenn auch ein wenig umständlich und kompliziert. Der chilenische Zoll ist ja so was von genau - das habe ich auf der ganzen Reise noch nicht erlebt - noch nicht mal in den USA! Alle Packtaschen müssen durch das Röntgengerät. Ein Zöllner untersucht alle anderen Behältnisse (Tankrucksack, Futterkiste) an der Lisl. Es dürfen keine Früchte oder frischen Lebensmittel eingeführt werden - eine vergessene Gurke, ein geklautes Aloeblatt und ein halbes Glas Honig fallen seiner Genauigkeit zum Opfer. Den Käse darf ich behalten, das ganze Koka-Zeug interessiert ihn überhauüt nicht. Dafür ist die Einfhr der Lisl einfach, dieser Zöllner fährt selbst Motorrad und zeigt mir stolz Bilder davon.

Die vor uns liegende Straße heißt "Wüstenroute". Sie beginnt auf 4600 Höhenmeter an einem See, an dem auch rote Flamingos wohnen. Sie beginnt mit naßer Straße und Hagelregen. Ich habe alles an, was machbar ist; ich kann mich kaum bewegen. Hier oben haben die angeblich so guten chilenischen Straßen ernstzunehmende Schlaglöcher. Sie sind riesig und vor allem sehr tief, sie könnten den Tod für Räder, Reifen oder andere Teile bedeuten. Also - aufpassen! Zum Glück hält sich der Verkehr (es gibt nur ein paar LKWs, keine anderen Fahrzeuge) in Grenzen, so daß wir fast immer Platz zum Ausweichen und Anhalten haben. Anhalten zum Fotografieren muß ich hier öfters - die Landschaft verändert sich schnell und es gibt so phantastische Ausblicke! Jetzt verstehe ich den Straßennamen - es geht durch trockene kahle Berge. Trockentäler. Spannende Schluchten. Und dann sehe ich Sand - die gesamten Berghänge bestehen aus Dünensand. Irgendwo muß tief unten ein fester Untergrund vorhanden sein, denn schließlich führt die Straße durch diese Dünenlandschaft. Je tiefer wir kommen, umso grüner wird es. Von oben ist ein kleiner grüner Streifen zwischen den Dünen zu sehen. Dann wird er breiter, wir tauchen hinein. Es ist sonderbar, auf der einen Seite grüne Felder und Palmen zu sehen und auf der anderen Seite von totaler Sandwüste begleitet zu werden.

Nach etwa 130 km mit 4600 m Höhendifferenz erreichen wir Arica gegen 18 Uhr abends. Es ist noch hell, die Tage sind hier wieder länger. Nach was suche ich jetzt eigentlich? Ich wollte mir ein nobles Hotel gönnen, zu Weihnachten. Andererseits habe ich mir vom Christkind einen schönen Zeltplatz gewünscht. Im Navi habe ich ein Hotel gefunden, zu dem es mich führen soll. Am Strand finde ich ein paar Leute, die gerade ihr Wohnmobil beladen - die frage ich nach einem Zeltplatz. Ja, wenig weiter nördlich soll ein hübscher Platz sein. Anschauen kostet ja nichts. Direkt am Strand - ein Stück außerhalb der Stadt finde ich ein "Hostel"-Schild. Sieht seltsam aus. Als ich durch die Hoftür spicke werde ich von Eugen auf deutsch angesprochen - ja, das ist auch ein Campingplatz. Eher eine Baustelle. Aber ich bleibe. Endlich wieder mal zelten! Ob ich noch alles finde? Und alle Handgriffe beherrsche? Na ja, die Isomatte bleibt immer noch platt....
Ein einsamer, weihnachtsabendlicher Spaziergang am Pazifik; Sonnenuntergang; Füße im Wasser...sehr schön!

Die Suche nach etwas Essbarem ist wenig erfolgreich - wegen Weihnachten haben die beiden Restaurants hier geschlossen. Fernando, der Campingplatzesitzer, der inzwischen auch eingetroffen ist, meint, ich könnte am Weihnachtsessen teilnehmen, das ein paar Leute hier zubereiten. Es wird spät, bis es soweit ist, aber das Essen ist fein: Lachs, Gemüse, Salat, Takos. Und Wein. Als der Weißwein aus ist, gibt es getarnten Rotwein aus der 3 l Colaflasche. Fernando mag ihn nicht so, aber ich glaube, der schmeckt sowieso nichts mehr - er ist schon ziemlich voll und außerdem ordentlich stoned! Es ist eine kleine nette Gruppe: Fernando, Eugen (der seit 9 Jahren mit dem Jeep unterwegs und zwischen Chile und Argentinien hängengeblieben ist), ein holländisches Ehepaar mit Wohnmobil auf mehrjähriger Weltreise, ein einheimisches Paar und eine junge amerikanische Famile (Emily, Adam und die kleine Coco). Es wird spät...



Frohe Weihnachten!


Dienstag, 24. Dezember 2013

Im nächsten Land wird es besser. Ganz bestimmt!

Der Schlafsack war eine gute Idee - alles andere hat gemüffelt! Um den Blog hochzuladen habe ich einen sündhaft teuren Datenpass bei der Telekom gekauft - es hat nicht funktioniert!
In der Nacht gab es wieder ein heftiges Gewitter, das jetzt wohl auch die Wasserversorgung lahm gelegt hat; jedenfalls gibt es am Morgen kein Wasser. Ach nein, um 1/2 9 Uhr wird erst die Pumpe für das ganze Dorf angestellt. Die Ausgrabungsstätte finde ich schnell, aber es ist noch geschlossen - wer weiß, wann die aufmachen. Eigentlich wollte ich nur in Puma Punku die angeblich extrem glatten Steine sehen, die dort verwendet wurden. Ähnlich wie in Machu Picchu aber noch glatter. Puma Punku scheinen nur 2 GEbäude zu sein, die mit einem Maschendrahtzaun abgegrenzt sind. Fotografiere ich eben aus der Ferne und stelle mir die Steine vor.

Auf dem Erdweg zu den Ruinen ist es noch naß, die Lisl muß auch mal durch eine Pfütze fahren. Jetzt zeigt sie mir, wie ungern sie das mag mit diesen Reifen. Mehrfach rutscht sie aus, zum Glück nur leicht. Aber damit ist klar, daß ich nicht die Abkürzung um La Paz herum nehmen kann. Ich stelle mich geistig auf die Stadt ein. Obwohl wir gar nicht bis nach La Paz hineinfahren, sondern gleich ein den ersten Vororten nach Süden abbiegen, brauchen wir zwei geschlagene Stunden bis wir durch sind!
Hier in den Vororten laufen einige Urbanisierungsprojekte. Bislang sieht man aber nur schrecklich viele halbhohe Ziegelmauern aus denen noch Armiereisen kragen. Mopeds sind kaum zu sehen und die Tuktuks sond vollständig verschwunden.
Die Straßen sind innerorts immer besonders abenteuerlich bis gar nicht da. Hier sind sie teilweise "schön" gepflastert, bilden aber eine Achterbahn sondersgleichen. Die Mulden sind halbe Meter tief und wir können meist nur im Schritttempo fahren. Manchmal fehlen auch Pflastersteine. Die Anzahl der Fahrspuren einer Straße richtet sich nach der Breite der Fahrzeuge - soviel wie geht, fahren nebeneinander. An den Ampeln staut es sich. Danach ist seltsamerweise oft freie Fahrt - bis zur nächsten Ampel. Und dann geht gar nichts mehr voran. Mitten auf der Autobahn ist Krämermarkt! Und eine Baustelle, die 3 Spuren auf eine reduziert. Die Polizei steht da, damit sie halt da ist. Nach über einer Stunde fängt es an zu regnen. Bei dem Tempo ist das ja nicht schlimm, denke ich; zumal ich sowieso keine Chance habe, irgendwo anzuhalten und meine Regensachen anzuziehen. Es schüttet! Ich bin schon naß. Da finde ich doch eine Lücke zwischen den LKWs auf dem Standstreifen der Gegenrichtung. Ihr glaubt gar nicht, wie schwierig es ist, im strömenden Regen den Regenkombi ordentlich anzuziehen - mit all seinen Reißverschlüssen und klammen Fingern. Die Handschuhe sind schon in der Pfütze gelandet.

Endlich draußen! Ups - tanken? Mir ist aber auch keine Tankstelle aufgefallen. Wer weiß, wann jetzt wieder eine kommt. Aber da haben wir Glück -schon sichte ich eine. Der Tankrucksack will heute wieder gar nicht runtergehen, der Reißverschluß macht schon lange Zicken. Es geht nicht! Ruhig bleiben, Susi, nicht agressiv werden, das hilft nicht. ABer ruhig bleiben hat auch nicht geholfen, der Reißverschluß ist futsch. Keine Ahnung, wie ich den Tankrucksack jetzt befestigen soll.
Der Tankwart hält die Zapfpistole in den Tank, nichts tut sich. Oh, da ist ihm leider gerade eben der Sprit ausgegangen! Jetzt mache ich mir Sorgen. In 7 km soll wieder eine Tankstelle sein, das beruhigt mich. Die hat ein Schild draußen stehen "kein Sprit". Die nächste? Der Tankwart kehrt und schüttelt den Kopf. Noch eine Tankstelle weiter (mittlerweile sicher schon 40 km) verläßt eben ein Auto vor mir unverrichteter Dinge die Station. Wenn in der nächsten größeren Ortschaft kein Benzin vorhanden ist, dann campe ich dort an der Tankstelle so lange, bis der Tanklaster da war! Patacamaya kommt und damit auch eine Tankstelle. Und eine lange Schlange wartender Autos. Ich bekomme trotzdem noch Benzin - und sogar voll! Glück gehabt.

Auf einer extrem unebenen und welligen Asphaltstraße geht es nach Süden. Etwa die Hälfte der Strecke ist jedoch Baustelle und wir fahren auf einer erdigen Umleitung. Mit Pfützen natürlich. Ich habe beschlossen, bis Oruro zu fahren. Den Salar de Uyuni werde ich sicher nicht fahren können, er steht sicher unter Wasser. Außerdem ist die Straße, die daran vorbeiführt (um wenigstens einen Blick darauf zu werfen) eine "unbefestigte Nebenstrecke". Das ist mir zu riskant. Ich möchte etwas nördlich davon Richtung Chile abbiegen. Die Straße ist eine "befestigte aber nicht asphaltierte Fernstraße" - das sollte doch zu machen sein. Außerdem führt sie an einem etwas kleineren Salzsee vorbei, vielleicht finde ich da noch eine Fotobeute.

Es fängt wieder an zu regnen. Stark. Sturzbäche fließen in den zentimetertiefen Spurrillen entlang. Die Straße ist wegen der vielen Baustellen voller Erde - es ist glitschig. Die LKWs gischten mich zu, ich sehe kaum etwas. Die Stiefel fühlen sich an, als ob sie jetzt Wasser durchlassen würden?! Vor mir wird es schwarz und schwärzer! Die Lisl schüttelt sich "nein nein, hier fahr ich nicht weiter" will sie mir sagen. Einem Impuls folgend drehe ich nun auf halber Strecke um und halte mich Richtung Sonne. Zurück nach Patacamaya und dann nach Westen. Salar de Uyuni ade. Es schmerzt! Die Enttäuschung ballt sich in meinem Hals zu einem Kloß. Da helfen auch vernünftige Argumente oder Trostpflästerchen nichts. Ich muß mich zwingen, das was ich gerade erleben wahrzunehmen und zu genießen...

Es ist eine superschöne gerade Asphaltstraße, fast kein Verkehr, blauer Himmel mit ein paar Wolken und grüne Weite! Fast keine bettelnden Kinder, die mir sogar zornig ihre Mützen zwischen die Räder geworfen haben. Und die Landschaft wird abwechslungsreicher. Sanfte Hügel, dann rote Klippen. Roter Sand und Lehm, große flache Pfützen. Im Rückspiegel mahnen die dunklen Wolken "weiter, Du hast die richtige Entscheidung getroffen". Hier kann ich die Anfänge eines Grand Canon erleben: schmale Bachbetten mit harten senkrechten Kanten, mehr oder weniger tief. Eigentlich ist es recht spannend hier! Rings um uns herum sind dunkle Wolken, links über den Bergen blitzt und donnert es. Fahren wir drum herum? Mist, nicht geschafft. Die Ausläufer erwischen uns doch. Hinter dem Grau sehe ich schon wieder Blau, also durchhalten! Natürlich wird genau im dicksten Regen die Straße schlecht und der Verkehr nimmt zu und ein kräftiger Seitenwind plagt uns... Aber auch das überstehen wir heute.

Gegen 17 Uhr ist auf der Karte eine größere Ortschaft eingezeichnet. Bestimmt gibt es da ein Hotel. Es kommt eine Abzweigung.
Noch 8 km nebenraus soll die Ortschaft sein. Wie die wohl aussieht - nach meinen bisherigen Erfahrungen? Ein großes Schild "Hostal Kory Wara" - aber kein großes Hostal zu sehen. Ich fahre bis zum Marktplatz über Lehmhügel und Pfützen. Eine "Pension", die noch kärglicher anmutet als mein gestriges Hotel. Wir eiern noch ein wenig weiter und fragen nochmal. Hostel Kory Wara am Ortseingang wird mir empfohlen. Also gut - ich halte weiter Ausschau danach. Leicht zu übersehen und sieht geschlossen aus. Aber ich bleibe hartnäckig und finde um die Ecke eine Tür. Nach viel Rufen kommt auch jemand. Überraschung! Das Hostal ist (für hiesige Verhältnisse) sehr hübsch angelegt und eingerichtet. Ein Baby-Alpaka wohnt im Hof, das bekommt jetzt Gesellschaft von der Lisl. Angeblich gibt es warmes Wasser, auf jeden Fall habe ich ein eigenes Bad mit funktionierender Toilette. Frühstück ist im Preis von 45 BOL (4,50 €) eingeschlossen, Internet gibt es natürlich nicht!!! Da müßt ihr halt noch eine Weile warten. Es gibt einen hübschen Aufenthalts- und Essraum, der von der Nachmittagssonne schön angewärmt ist. Dort bekomme ich für 15 Bol ein hervorragendes Abendessen (Spiegelei, Fleisch, Reis, Pommes, Tomate mit Zwieblen) und einen feinen Zimttee. Der 9-jährige Xavier leistet mir Gesellschaft und wir unterhalten uns ein bischen. Als ich ins Bett gehe, gewittert und regnet es endlich mal wieder...

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=gdivhpfjqsxsltyb

Montag, 23. Dezember 2013

Bolivien


Oh Mann, wo bin ich hier gelandet?! In einem kahlen Raum, in dem die Fensterscheiben zerbrochen sind; 2 Betten - eines davon ist naß, das andere eine Kuhle. Es ist kalt. Das Licht funktioniert. Internet? Nein, natürlich nicht! Ist weggespült. Es gibt eine stinkende Gemeinschaftstoilette mit kleinem Waschbecken. Die Lisl steht unten im Laden. Der Unterschied zum Zelten? Die Wände sind stabil, das Dach dicht und der Boden trocken. Es kostet 30 Bol (ca. 3 €), aber ich habe keine andere Wahl - es scheint nichts anderes zu geben hier in Tiwanaka. Aber der Reihe nach....

Es war eine kalte Nacht; zum ersten Mal ziehe ich die langen Unterhosen an. Winterpulli sowieso. Die Knie tun weh und ich kämpfe mit Kopfschmerzen.
Die Lisl muß rückwärts die notdürftige Rampe herunterrollen und landet dann in einem Sandhaufen, der über Nacht vor der Hoteltür aufgehäuft wurde. Ich stelle sie neben dem Bordstein ab und hole mein Gepäck. In der Zwischenzeit stellt sich ein Zementlaster schräg vor die Lisl, so daß sie jetzt nach keiner Seite mehr weg kann. Vollgepackt schaffen wir es doch irgendwie, uns zwischen Stoßstange und Laternenpfosten hindurchzuzwängen. Wir wollen heute von Puno über Copacabana nach Bolivien - La Paz möchte ich möglichst vermeiden.

Bis zur bolivianischen Grenze gibt es nichts Aufregendes, relativ viele Dörfer und dementsprechender Verkehr, ab und zu mal ein Stückchen nette Landschaft. Es wird kälter und vor mir warten die Regenwolken, also kommt auch noch der Regenanzug drüber. Ich kann mich kaum mehr rühren.

Die Grenze ist gemütlich. Es ist wenig los, ein paar Einheimische huschen hin und her. Es ist kurz vor Mittag, ich erledige meinen Papierkram und werde dann durchgelassen. Wenige hundert Meter auf der bolivianischen Seite sieht es ähnlich aus. Außer, daß das Zollbüro gerade schließt - in 1 Stunde soll es weiter gehen. Na gut, Mittagspause. Das kann ich ja auch. Die Straßenküche bietet frittiertes Fleisch, Mais und Kartoffeln an. Die Sonne scheint und ich muß wieder alles ausziehen. Im Schatten ist es trotzdem noch empfindlich kühl. Für die Weiterfahrt bleibt also der Pullover angesagt. Es gibt einige Geldwechselstellen, meine restlichen peruanischen Kröten sowie 100 $ wechsle ich. Dann schaue ich mich noch ein wenig um und finde tatsächlich die "Pillen gegen Höhenkrankheit". Es sind Kräuterbonbons Marke Koka! Natürlich probiere ich gleich eins. Die Lisl scheint ihre Höhenkrankheit im Griff zu haben, sie macht mir richtig Freude!
Hinter Copacabana ist eine Polizeikontrolle - hier bekomme ich für 10 Bol (1 €) einen Einfuhrstempel für die Lisl.

Und dann ist fahren und genießen angesagt. Die Sonne hat sich durch die Wolken gekämpft, die Straße steigt auf über 4200 m und wir haben den einen oder anderen schönen Ausblick auf den Titikakasee. Und dann öffnet sich der Blick nach rechst auf den Winaymarkasee. Die beiden Seen sind über eine schmale Engstelle miteinander verbunden. Hier kursieren Fähren. Aber das ist vielleicht ein Abenteuer!!! Der Steg aus grob behauenen Planken geht ja fast noch, auf der Fähre gibt es auf Spurweite der Autos ebenfalls grobe Planken, die auf einen hölzernen Unterbau aufgelegt sind. Zwischen den Spuren ist nichts. Zwischen den vorhandenen Planken klaffen Lücken oder Stufen. Eine Fähre kann 2-3 Autos aufnehmen. Wir kommen heil auf das Boot, das schon ablegt bis wir die richtige Position haben. Absteigen ist nicht - ich muß mit den Füßen versuchen, das Gleichgewicht zu halten. Ein Junge stakt das Boot vom Ufer weg bevor der Fährmann den Außenbordmotor anwirft. 3 oder 4 Fähren legen gleichzeitig ab und stoßen ständig aneinander. Bei kleinen Wellen verwindet sich das ganze Boot - ich habe alle Mühe, die Lisl auf den Rädern zu halten. Das ist vielleicht anstrengend! Hinzu kommt, daß unter meinem rechten Fuß nur noch das Ende einer tiefliegenden Planke ist, ich muß also die Zehenspitzen ordentlich strecken und aufpassen, daß ich nicht in's Leere trete. Entladen wird rückwärts! Das geht nicht, wenn ich drauf sitze. Also ein Plätzchen für den Seitenständer suchen, absitzen, rückwärts schieben und dabei in kein Loch treten. Die beiden Autofahrer sind unruhig...geschafft! Und nicht umgefallen! Puh!

Es gibt herrliche Ausblicke auf die Seen, mit dem Foto kann man die gar nicht festhalten. Ich versuch's mit der Helmkamera; wie sich abends herausstellt wieder mal vergeblich. Seit Tagen schon nimmt sie nicht mehr richtig auf, eigentlich fast gar nichts mehr. Sie ist aber auch doof zu bedienen, wenn man den Schalter nicht sieht. Zweimal sichte ich einen Hafen mit Jachten - zumindest aus der Ferne sieht es nach "nobel" aus. Irgendwo ist auch ein Kreuzfahrtunternehmen. Die Straße ist gesäumt von Menschen, zuerst denke ich, die picknicken. Über zig Kilometer? Immer wieder eine Gruppe von Menschen. Erwachsene sehe ich selten. Jede Menge Kinder. In jedem Alter. Und sie halten die Hände oder den Hut auf! Wieso betteln die hier so schrecklich? Meine Antwort ist ein freundliches Winken, das oft erwidert wird.

Kaum fange ich an, über den Schlafplatz nachzudenken, liegt ein nobles Hotel direkt am Seeufer. Sieht echt super gut aus. Aber das will ich mir nicht leisten (ca. 30 €). Die Dame an der Rezeption ist sehr freundlich und empfiehlt mir 10 min weiter ein günstigeres Hotel. Auch das sieht gut aus, kostet nur die Hälfte, hat aber kein Internet. Ja, dann müßte ich wohl nach Rio Seco, da gäbe es eine Menge Hotels. Rio Seco ist ein Vorort von La Paz, aber eigentlich bin ich da schon mitten drin. Und ich finde kein Hotel. Es stinkt. Der Verkehr nervt. Hier mag ich nicht bleiben... Also fahre ich in Richtung der Ausgrabungsstätte, die ich mir morgen anschauen will.

Hundeattacke. Drei von den Kötern nehmen schon Fahrt auf, als sie mich sehen. Zwei weitere stehen am Straßenrand in den Startlöchern. Und jetzt erwischen sie mich wirklich, das heißt eins von den großen Viechern rennt mir in's Vorderrad. Ich kann nichts dagegen machen. Das Rad schlenkert durch die Gegend, aber meine tapfere Lisl bleibt auf den Rädern. Brave Lisl!

Wenn es kein Hotel gibt, dann zelte ich eben. Aber es hat hier anscheinend so stark geregnet, daß alles total unter Wasser steht. Hotels? Ich werde von einem Ort zum anderen geschickt, bis ich in Tiwanaku bin. Hier soll es sowohl die Ruinen als auch einige Hotels geben. Ich finde zwar einige Hinweistafeln, aber kein Hotel. Die Einheimischen zucken ratlos mit den Schultern. Alle Seitenstraßen zum Marktplatz sind nach wenigen Metern zugeschüttet mit Baumaterial. Als ich zum dritten Mal auf dem Marktplatz stehe, spricht mich ein Junge an. Gleich hier um die Ecke wäre ein Hotel. Kein Hinweis deutet darauf hin. Der Junge liefert mich dort ab und ich warte und warte und warte bis jemand kommt. Viele Mißverständnisse und zum Schluss - das Ergebnis von oben. Das ist wohl die Strafe, wenn einem nichts gut genug ist. Ich glaube, heute packe ich meinen Schlafsack aus und lege mich damit auf das Bett. Und das Internet? Meine "internationale Internetkarte" schließt Bolivien aus...

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=aqbsgjqwehkozile

Sonntag, 22. Dezember 2013

Ein Ausflug - zum Titikakasee



Der Gewitterregen ist in einen kräftigen nächtlichen Dauerregen übergegangen. Als um 6:30 Uhr der Wecker klingelt, ist die Straße noch naß - es ist stark bewölt, regnet aber nicht mehr. Pünklich um 7 Uhr steht ein Kleinbus vor der Tür, der mich abholt. Ich haben einen touristischen Ausflug zu den schwimmenden Uros-Inseln gebucht. Ja, ich begebe mich in die Fänge von Pauschalreisen! Aber nur für diesen einen Tagesausflug. Und es ist ein "Schnäppchen" - der ganze Tag inklusive Mittagessen kostet nur 60 Sol (15 €)!
2 Kleinbusgruppen treffen sich auf einem Boot, in dem man wie in einem Bus sitzt; mit Fenstern zum Wasser hin. Die Reling ist verrostet und teilweise ziemlich locker. Wir haben einen Führer, der auf "spenglisch" alles erklärt (er spricht spanisch und englisch, aber er mischt die Sprachen so dicht, daß man fürchterlich aufpassen muss, nicht gerade den englischen Part zu überhören).

Erstes Ziel sind die schwimmenden Inseln der Uros. Mit dem Boot brauchen wir eine gute Stunde bis dahin. Ich weiß, daß die ganze Tour auf Tourismus ausgelegt ist, also ignoriere ich den Kitsch und die Verkleidungen und genieße das Ursprüngliche. Auf einer Insel mit vielleicht 20 m Durchmesser stehen 10 Häuser und es wohnen ca. 35 Leute auf der Insel. Jeweils für 1 Jahr gibt es einen Präsidenten, das ist jedes Jahr reihum ein anderes Familienoberhaupt. Sehr interessant finde ich, daß eigentlich das einzige Baumaterial Schilf (Totora-Schilf) ist. Die Halme sind wabenförmig aufgebaut, d.h. sie besitzen lauter kleine Kammern, die die Luft speichern. Genauso die Wurzeln. Daher ist das ganze Material extrem schwimmfähig und auch ziemlich stabil. Die Wurzelballen dienen als Schwimmer, darauf werden die Halme in mehreren Schichten übereinandergehäuft, bis die Schicht dick und stabil genug ist. Man läuft sehr weich darauf. Es dauert etwa ein Jahr, so eine Insel zu bauen, sie hält etwa 25 Jahre. Auch Häuser und Boote werden aus diesem Schilf gebaut. Zudem kann man den unteren weißen Halmteil schälen und essen - schmeckt nach nichts. Vielleicht als Salat angemacht? Und die Blüte soll ale Medizin gegen alles verwendet werden können (wie Koka)... Es gehört dazu, daß wir eine Fahrt im Schilfboot um die Inseln herum machen, für extra 10 Sol - davon leben diese Leute hier.
Noch zwei interessante Details: erstens, die Fische hier werden maximal 10 cm groß - zum Mittagessen soll es Forellen aus dem See geben. Zweitens: da die Inselbewohner das Seewasser trinken, sind ihre Toiletten mindesten 1 km von den Inseln entfernt (anders als bei den Kuna der Karibik) im Schilf. Die Schilfwurzeln fingieren als natüliche Kläranlage. Was mich noch interessieren würde ist, wie sich die Inseln bei Sturm verhalten - schwimmen sie auf den meterhohen Wellen oder werden sie davon überrollt? Schließlich sind sie ja verankert.

Unser zweites Ziel ist die Insel Taquile. Weitere 1 1/2 Stunden Fahrt auf dem Boot. Der See ist groß! 170 mal 70 km! Und flach - zwischen 50 cm und 280 m. Aber er liegt auf 3800 m Höhe - der höchste See der Welt! Ein toller Spruch: man müßte hier etwa 800 m tief graben, um die Zugspitze zu finden! Ich hätte mir als Kind nie träumen lassen, daß ich wirklich selbst mal an diesen See mit dem phantastischen Namen komme! Titikaka! Heißt übersetzt (ohne weitere Erklärung) Puma bunter Stein. Und jetzt bin ich hier - mitten auf dem Titikakasee! Kommt auf die Eroberungsliste!
Von der Insel weiß ich nur, daß es dort strickende Männer gibt. Was ich nicht wußte ist, daß wir die Insel erwandern müssen. Wir werden ausgeladen und müssen 1/2 h lang einen steilen Pfad hinauflaufen. Da geht die Pumpe! Und die Luft wird knapp! Zum Glück habe ich mich noch für die Wanderstiefel statt Sandalen entschieden. Oben angekommen können wir den Marktplatz besichtigen, schöne Ausblicke fotografieren und Strickwaren besichtigen oder kaufen. Dann nochmal 1 h leicht bergab bis zum "Restaurant". Natürlich begegnen uns Einheimische - und dank der Erklärungen unseres Führers, weiß ich jetzt auch, welcher Mann ledig (einfarbige Mütze), verheiratet (2-farbige gemusterte Mütze) oder besonders wichtig (ganz bunte Mütze) ist. Die Frauen und Mädchen scheinen die Wollknäuel herzustellen, sie haben eine Spindel umhängen, lassen den Faden durch die Hände laufen und tragen auf der anderen Seite das fertige Wollknäuel in einer Tasche.
Eine Kleinigkeit am Rande macht das Erlebnis besonders eindrucksvoll - das Wetter hat sich von "dicht bewölkt und saukalt" in "strahlend blauer Himmel und warmer Sonnenschein" gewandelt! Der See strahlt und glitzert in der Sonne.

Während unseres Fußmarsches und beim Mittagessen lerne ich Brigitte und Alfred kennen. Ein sehr nettes Rentnerpärchen aus Amberg (also um die Ecke). Sie reisen per Fahrrad (!) inklusive Campingausrüstung von Equador bis Chile. Anscheinend haben sie darin schon mehr Erfahrung. Aber die Beiden sehen überhaupt nicht danach aus...ganz schön tough! Heute sind sie mit Brigittes Schwester und deren Mann (Nürnberg) unterwegs. Auf der Rückfahrt, die immerhin 2 1/2 h dauert, führe ich mit dem (leider namenlosen) Schwager auf dem "Sonnendeck" ein äußerst interessantes Gespräch über Reisen, die Arbeit und das Leben. Das war eine sehr gute Unterhaltung!

Ich fürchte, ich habe mich wieder ein wenig erkältet - die Nase ist zu und der Hals kratzt. Kein Wunder, bei dem Wechselspiel des Wetters! In der letzten halben Stunde unserer Rückfahrt sammeln sich rings um uns wieder schwarze Wolken und es kommt ein heftiger Wind auf. Der sorgt immerhin für Schaumkrönchen auf den nun deutlich höheren Wellen.

Zurück in Puno besteigen wir den Bus, der uns zu unseren Hotels zurückbringen soll. Da will ich aber nicht hin. Ich sollte - wenn ich es richtig verstanden habe - vor 6 Uhr in der Werkstatt die Lisl abholen. Der Busfahrer bringt mich tatsächlich dorthin. Die Werkstatt ist verlassen und geschlossen. Direkt dahinter ist eine weitere Werkstatt, dort herrscht Betrieb. Ich frage nach. Gemeinsam raten sie, wo Mario, der Besitzer, abgeblieben ist. Dann fährt mich ein Tuktuk irgendwohin, tut geheimnisvoll und läßt mich vor einem Gebäude mit vergittetem Tor stehen. Ein feierlich gekleideter junger Mann mit Blütenblättern in den Haaren nimmt sich meiner an - ich zeige Marios Visitenkarte vor und nach wenigen Minuten ist Mario gefunden. Er tänzelt daher, hakt mich unter und schleppt mich mitten hinein in eine Hochzeit. Das Hochzeitspaar sitzt an einem Tisch an der Stirnseite einer riesigen Halle. Gegenüber spielt die Band. Entlang der Wände sitzen die Hochzeitsgäste, es gibt keine Tische. Ich werde Brüdern, Schwestern und Eltern vorgestellt, bekomme ein Hochzeitsessen (in der Styroporbox: ein großes Stück saftiges Schweinefleisch auf Kartoffeln, Gemüse und gefüllter Paprika). Und zum Nachtisch ein Gläschen Likör. Und dann werde ich in meinem Touroutfit noch auf die Tanzfläche geschleppt! Marios Bruder hängt mir seine Hochzeitseinladung (ein Amulett mit dem Foto des Brautpaars) um - das ist ein einmaliges Souvenir! Es ist ein schönes überraschendes Erlebnis, aber ich fühle mich etwas fehl am Platz.
Zum Glück befreit mich Mario bald und wir brechen zu seiner Werkstatt auf. Unterwegs treffen wir einen Freund, der uns fährt. Der Lisl geht's gut, sie steht auf Tuchfühlung mit peruanischen Mopeds. Für den Ölwechsel inklusive Öl und Batterie laden will Mario 44 Sol (das sind 11 €)! Das kommt mir schon sehr billig vor - ich runde daher auf 50 auf. Mario meint noch, ich müsse alle 1000 km - aber aller-aller-spätestens alle 1500 km das Öl wechseln. Es kann ja gar nicht sein, daß ich 5-10 Tkm ohne Ölwechsel fahre!!!

Wieso glauben hier eigentlich immer alle, daß die Lisl eine Kletterziege ist? Sie bekommt oft einen feinen Platz im Hotel angeboten, im Innenhof oder an der Rezeption. Aber davor stehen Bordsteine und Stufen - oft bis zu 40 cm hoch. Und jedesmal müssen wir erst beweisen, daß es nicht ohne Rampe geht. Es dauert dann, aber irgendeine abenteuerliche Lösung findet sich dann doch. Ein dünnes schmales Brettchen, 2 starke Männer...bis jetzt hat die Lisl immer einen Platz gefunden. So auch heute. Nach 3 vergeblichen Versuchen haben wir die Einbanhstraße blockiert, um im rechten Winkel zuerst den Bordstein und direkt danach die 2 Stufen in den Hoteleingang zu überwinden. Mit 2 starken Männern und 2 schmalen aber kräftigen Brettern. Morgen muß sie rückwärts wieder hinaus.

Kaum ist die Lisl für die Nacht eingeparkt, regnet es schon wieder. Mittlerweile habe ich mich schlau gemacht - es ist jetzt Regenzeit und eine Reise nach Bolivien wird nicht empfohlen. Außerdem ist der Salar de Uyuni in der Regenzeit nicht befahrbar und seine Salzkruste unter Wasser. Schade. Trotzdem möchte ich an meiner Route festhalten; dann muß ich halt weiterhin die Hoteltour fahren, auf Asphaltstraßen bleiben und mir das Wasser wegdenken. Wenn ich ganz ehrlich bin, ein bischen Bammel hatte ich schon vor der Salzsee-Überquerung. Jetzt habe ich eine gute Ausrede.
Ein weiteres Ziel . die "gefährlichste Straße der Welt", liegt östlich von La Paz. Um dorthinzukommen, müßte ich nach La Paz hineinfahren und das möchte ich möglichst vermeiden. Ich werde dieses Ziel also streichen, denn weitere Gründe dagegen sind: meine Familie hat es mir verboten; schlechte und gefährliche Straßen hatte ich schon eine ganze Menge; bis jetzt war jedes Ziel in meiner Vorstellung spannender als dann in Realiät - vielleicht ist die Straße gar nicht soooo abenteuerlich?

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=gutooqbcryrrqwua