Samstag, 23. November 2013

Die Waschstraße

In der Nacht gab es ein Gewitter - ein schreckliches Gewitter. Direkt hier. Wieder mal sind Wassermassen über die arme Lisl hereingebrochen, ich bin echt gespannt, wie sie das überlebt hat. Ich selbst bin sehr froh, daß ich nicht gecampt habe, ich wäre davongeschwommen. Selbst am Morgen - viele Stunden später - ist der Boden noch klatschnaß.
Die Lisl ist mal wieder ertrunken - sie springt nicht an. Jetzt bin ich echt mit meinem Latein am Ende; mir kommt alles nur noch spanisch vor. Ich habe keine Ahnung, welche Ursache die Startschwierigkeiten noch haben könnten! Den ganzen Vormittag überlege ich, was ich tun kann. Wenn ich das Problem nicht lösen kann, muß ich wohl einen Weg finden, damit umzugehen. Regenvermeidungsstrategie? Wohin kann / darf ich mit der Lisl noch fahren und was muß ich vermeiden, damit sie mich nicht im Stich läßt? Was, wenn sie auf einsamer Strecke (von denen ich noch genügend haben werde) einfach liegen bleibt? Ich kann ihr nicht mehr vertrauen. Und meinen Reparaturkünsten leider auch nicht.

Auch mein neues Navi macht mir noch Sorgen - obwohl es die ganze Nacht am Ladegerät hing, ist der Aku total leer. Irgendwie wird er anscheinend nicht geladen. Aber man kann es ja auch mit AA-Akus betreiben, also steige ich um. Für diese Akus habe ich ein eigenes Ladegerät. Während der Fahrt kann ich die verbrauchten Akus gut damit aufladen - leider nur ein einziges Mal, dann ist auch dieses Ladegerät unbrauchbar. Selbst am Abend im Hotel kann ich es nicht mehr zum Leben erwecken, anscheinend ist im Inneren etwas kaputtgegangen.

In Caucasia (nein, das ist nicht in Rußland!) wird getankt. Der Tankwart zeigt mir, wo der Geldautomat steht, direkt beim Spermarkt. Sehr geschickt, denn ich wollte ja auch noch was zu Trinken kaufen. Gleich beim Eingang stolpere ich über Fotoapparate - ich hatte mir vorgenommen, in Bogota einen zu kaufen. Meinen guten Foto habe ich ja in der Karibik versenkt und der Ersatzfoto macht keine tollen Bilder mehr (er hat ja auch schon mal in der Bahrentsee gebadet). Ich kenne mich mit den Fotos nicht aus, die spanische Beschreibung hilft mir auch kaum weiter. Und der freundliche Verkäufer spricht auch nur das kolumbinanische spanisch. Das ist nochmal etwas anders als das, was ich bisher schon gelernt habe - ich bin aufgeschmissen. Also entscheide ich mich einfach für eine Olympus mit großem Objetkiv und großem mechanischem Zoom. 279.000 Pesos (klingt gut, nicht? Sind ca. 110 €). In rot. Sie haben keine mehr am Lager, nur noch das Ausstellungsstück. Eine andere Farbe? ISt auch nicht mehr da - nur ein anderes Ausstellungsstück in silber. Daß ich einen Preisnachlaß haben will, versteht der Verkäufer wohl nicht ganz, ist auch nicht weiter schlimm. Während ich bezahle, wird die Schachtel gesucht und der Foto eingepackt. Keine Ahnung warum, aber ich möchte ihn schon mal ausprobieren - testen. Das erste Bild wird nichts, das zweite nimmt zwar auf, aber ich kann es nicht anschauen. Dann ist der Aku leer. Jetzt will ich es genau wissen. Der Jockel wird losgeschickt, einen anderen Aku zu holen. Zu dritt schaffen wir es nicht, ein Bild zu speichern, die Kamera zeigt einen Kartenfehler an. Es wird nach einer neuen SD-Karte geschickt. Mittlerweile lege ich eine von meinen Karten ein - der gleiche Fehler. Der Foto ist kaputt! Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein neues Gerät im Laden schon defekt ist???? Ich nehme jetzt das silberne Exemplar. Der Jockel muß eine andere Schachtel bringen - und Überraschung, da sind zusätzlich eine Handschlaufe, eine Bedienungsanleitung und eine CD drin! Und der Foto geht auf Anhieb - es gibt ein Beweisfoto vom Verkäufer. Gut, daß ich getestet hab! Der Foto wird mit der Lisl verkabelt, um den Aku initial zu laden.

Die ganze Sucherei hat lange gedauert, dafür hat mittlerweile der Regen aufgehört und die Straße ist wieder trocken. Es war vorhin doch ziemlich glitschig. Es ist 11 Uhr durch und der Tag kann jetzt beginnen. Liebliche Weidelandschaften begleiten mich noch eine ganze Weile. Heimatgefühle. Und dann erhasche ich einen Blick auf einen großen erdbraunen Fluß mit vielen Einbäumen darauf. Zum Fotografieren ergeben sich keine vernünftigen Gelgenheiten, das Ufer ist meist zugewachsen. Aber die Fahrt führt sehr lange am Fluß entlang. Ich genieße die kurzen Ausblicke auf den Fluß; er heißt wohl Rio Cauca.
Hab ich mal gefragt, wo der Dschungel ist? Definitiv hier! Phantastisch! Rings um mich! Und an den Hängen des Tals. Ohne daß ich einzelne Planzen identifiziere, genieße ich dieses Urwaldgefühl. Dicht. Grün. Feucht.
Und auf einmal sehe ich eine Wasserfontäne. Ein Schlauch, aus dem Wasser spritzt - nein 2 Schläuche. Was das wohl ist? Bald schon wieder ein ähnliches Bild. Immer mehr. Aus allen möglichen Schläuchen und Rohren läuft oder spritzt das Wasser am Straßenrand und glitztert in der Sonne. Bis ich verstehe: hier werden LKWs, aber auch Autos oder Motorräder gewaschen! Ewige Kilometer lang. Das ist mit Sicherheit die längste Waschstraße der Welt! Links neben mir fließt der Fluß und aus den Bergen rechterhand sprudelt frisches Wasser. Viele kleine Bäche oder Wasserfälle genieße ich. In einem größeren klaren Fluß badet die Dorfjugend, später vereint sich das blaue mit dem ockerbraunen Wasser des Rio Cauca.

Plötzlich geht es aufwärts. Und wie! Über den Nachmittag windet sich die Straße von Meereshöhe auf über 2700 m hoch! Herrlich kurvenreich und mit abenteuerlichen Sprurrillen, Bodenwellen und Stufen schlängelt sich das Asphaltband höher und höher. Auf gut 1000 m überlege ich, ob ich bei diesen jetzt kühlen 25 Grad "was Warmes" anziehen soll! Bin ich nicht verwöhnt bzw. verdorben??? Die Gipfel verstecken sich in dichten Wolken, hoffentlich bedeutet das keinen Regen! Ich habe Glück, es ist nur dichter Nebel; aber es wird kälter und kälter. Außer mir und zig weiteren Mopedfahrern müssen auch die ganzen LKW über die Berge. Und das ist ein ganz eigenes Abenteuer. Denn schnelle Lastwagen stehen mit immerhin 20 km/h auf einmal vor uns, über die langsamen wollen wir gar nicht reden. Und dann gibt es Schwertransporte mit Überbreite - die kommen kaum um die Kurven, Gegenverkehr ist ein großes Problem. Einer dieser Transporter wird sogar den Berg hinaufgezogen! Ein Glück, daß wir "schmal" sind - und in der letzten Zeit das Durchschlängeln gelernt haben. Mutig überholen wir auch, wenn wir eingentlich nichts sehen - wir vertrauen darauf, daß wir schnell genug am Hindernis vorbei sind. Überholen - das ist so eine Sache. Die Kolumbinaer scheinen generell nur mit minimal höherer Geschwindigkeit zu überholen und scheren erst kurz vor dem Gegenverkehr ein. Wenn Du hintendran hängst und mitüberholst, hast Du schlechte Karten!

Es geht auf 16 Uhr zu und ich muß mich um einen Schlafplatz kümmern - mittlerweile weiß ich ja, wie rasend schnell es dunkel wird. Im nächsten Ort - ohne Namen - an der Straße nach Medellin finde ich ein "Hotel". Es ist saukalt und ich friere. Draußen ballen sich schwarze Wolken. Nebenan ist ein Bäcker und ein Straßenverkaufsstand, wo ich ein Würstchen und eine warme Fleischtasche zu essen bekomme. Das Hotel ist direkt an der Bushaltestelle, von außen kaum erkennbar, innen eigentlich ganz hübsch eingerichtet. Ein Zimnmer, kaum größer als das Bett, Bad und Fernseher. Und das Ganze für 15000 Pesos (6 €). Klimaanlage brauche ich heute wirklich nicht. Die Lisl hat über die Straße ein abgeschlossenes Einzelzimmer bekommen - da muß sie sich aber freuen!


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=mesjmaeurqiuepmt

Freitag, 22. November 2013

Kolumbien - das Land der Zweiräder

Nach einem schlechten Traum werde ich endlich wach. Mangels Frühstück breche ich gleich auf. Die Lisl springt gut an - das ist ja schon mal was wert! Aufrecht und optimistisch verlassen wir das Hotel. Diesmal verfahre ich mich nicht an der selben Baustelle - davon abgesehen verläuft die direkte Straße nach Medellin ein klein wenig anders. Es ist staubig und rußwolkig; und heiß - wie gewohnt. Am Motorradanzug sind alle möglichen Reißverschlüsse offen, z.B. auch an den Ärmeln. Kühle Luft bekomme ich dadurch allerdings nicht - nur irgendein riesiges Viech, das mich tierisch in den Unterarm beißt. Spucke ist das beste Heilmittel!

Nach zwei Wochen "rumhängen" in Panama, der Karibik und Cartagena bin ich etwas aus dem Tritt gekommen. Auch an die ständige Gesellschaft von anderen Menschen habe ich mich ein wenig gewöhnt; seltsamerweise habe ich gar keine allzugroße Sehnsucht nach Einsamkeit. Ist die Lektion, mit weniger Raum auszukommen? Nähe zuzulassen? Egal ob im dichten Straßenverkehr, auf Märkten, im Schlafsaal oder bei Zwiegesprächen. Wenn ich mich einfüge in die Gegebenheiten, wenn ich vertraue, dann wird es gut gehen!

Langsam und kaum bemerkt nehmen Verkehr und Häuser ab - ich bin wieder in der Natur! Hügelige Landschaft, gute Straße mit gelegentlichen Kurven, Kuhweiden, Tümpel, Seen und Flüße voller brauner Brühe, Bäume. Eigentlich ein wenig wie zu Hause  - aber halt doch anders. Die Hügel sind schroffer, die Erde ist rot. Die Seen ockerbraun und statt Fichten stehen hier halt Palmen. Die Kühe haben große Ohren und einen Höcker. Wunderschöne Blüten an Sträuchern und Bäumen. Oft geht der Wald bis an die Straße, dahinter verstecken sich abgezäunte Plantagen. Gelegentlich zweigt ein holpriger Erdweg ab und manchmal protzt ein riesiges Tor an der Straße und verkündet den Namen der Ranch. Zwei Kaserne n passiere ich, die kolumbianische Flagge weht farbenprächtig herüber. Auf ein Foto verzichte ich lieber.


Ich habe in Cartagena nichts mehr zu trinken eingekauft und jetzt qüält mich der Durst. Ich passiere viele Ortschaften, aber ich finde keinen Supermarkt zum Einkaufen. Mein Auge ist anscheinend noch nicht auf "kolumbianisch" eingestellt. Ich muß erst lernen, nach was ich Ausschau halten muß. Schilfgedeckte Hütten reihen sich entlang der Straße. Meist sind es Restaurants, manchmal Wohnhütten und ich dem einen oder anderen Ort werden auch farbenprächtige Handarbeiten verkauft: von Hängematten, Taschen und Kleidern über Möbel bis hin zu Töpferwaren.

Als der Durst zu groß wird, finde ich ein Restaurant, in dem ich frischgepressten Saft bekomme - Papaya mit Eiswasser. Schmeckt suuuper!
Um die Mittagszeit meldet sich der große Hunger - ich kann mich einfach nicht rechtzeitig für eines der vielen kleinen Restaurants entscheiden. So lande ich schließlich in einer einsamen Wirtschaft - sieht ein wenig nach Fernfahrer-Beliebtheit aus. Die Senora, die mich begrüßt, versteht mich kaum, ich sie ebenfalls nicht. Also deute ich einfach auf ein Essen am Nachbartisch und warte ab. Ich bekomme bald einen Fruchtsaft, dann eine Suppe (die ich eigentlich nicht haben wollte) und Huhn mit Reis, gebackenen Bananen und Salat. Es sind noch weitere unidentifizierbare Dinge auf den Tellern; wenn es da liegt, dann ist es sicher eßbar. Alles wird probiert. In der Suppe schwimmt ein Gestrüpp, das man kauen kann, das aber nach nichts schmeckt und auch nicht wirklich klein oder weich wird. Neben dem Huhn liegt etwas spargelähnliches, fasriges, das etwas mehlig und süßlich schmeckt. Als ich bei der Chefin, die mich besser versteht, bezahlt habe, setzt sich der Herr des Hauses zu mir und überschüttet mich mit einem Wortschwall. Die Essenz der Unterhaltung dreht sich um meine (eine Deutsche) Reise entlang der Panamericana (die die amerikanischen Kontinente verbindet) auf einem Motorrad der Marke BMW. Zum Abschied will er das deutsche Wort für Apfelsine wissen und schenkt mir zwei davon.
An einem bunten Obststand komme ich einfach nicht vorbei. Die Früchte lachen mich zu sehr an. Ich lasse mir deren spanische Namen sagen, kann aber nichts damit anfangen und vergesse sie daher auch gleich wieder. Bin gespannt auf den Geschmack.

Weiter geht's. Cartagena war eine gute Verkehrsschule - aufpassen und mutig sein müssen wir immer. Es gibt Unmengen von  Zweirädern; einige Fahrräder aber hauptsächlich Motorräder. Ich schätze mal 125 - 250 er. Die Neuen sind leise 4-Takter, die Alten stinkende 2-Takter. Sie werden für alles benutzt und sind wohl das Haupttransportmittel. Zweiradtaxi für 1-2 Personen, Zuckerrohrpakete, Riesenkanister, Säcke mit geheimen Dingen auf dem Tank, hinten und an den Seiten und mehrfach habe ich sogar einen Beifahrer gesichtet, der sein Fahrrad quer über das Moped hielt. Etwas gefällt mir an dieser Zweiradkultur ganz besonders gut - an den Straßenmautstellen gibt es immer eine ganz schmale versteckte Motorradspur, die um die Schranken herumführt. Wir müssen nichts bezahlen. Da lacht das Schwabenherz! Zwischen die Kamikaze-LKWs, die an jeder kleinsten Steigung schon stehen bleiben und die unumgänglichen Busse mischen sich hier einige irre große Handkarren, Pferdefuhrwerke und Esel als Reit- oder Lasttiere. Eine interessante Mischung!




Ich bin mir unschlüssig, ob ich heute campen oder "hotellen" soll. Ich hab mich ja schon ein wenig an die Hotels gewöhnt. Aber ich möchte gerne auch mal wieder in Zelt und Schlafsack meine Ruhe finden. Es ist so heiß...Klimaanlage wäre ja nicht schlecht. Ich glaube, ich habe mich schon entschieden, für Ho(s)tel in Caucasia, einem Städtchen auf halber Strecke zwischen Cartagena und Medellin. Kurz vor diesem Ziel liegen linkerhand 2 Hotels, die sehr einladend aussehen: Swimingpool, überdachtes Restaurant... Ich wende und möchte eigentlich nur mal den Preis recherchieren. 80.000 Pesos soll es kosten. Hab ich mir schon gedacht, daß das über meinem Budget liegt. Was das Nachbarhotel kostet, wissen sie nicht. Ich frag trotzdem mal - hier kostet ein Zimmer mit Ventilator nur 20.000 und mit Klimaanlage 30.000! Das klingt nach furchtbar viel, sind aber nur 12 €! Im Vergleich: die billigsten kanadischen Campingplätze ohne irgendwas haben auch so viel gekostet. Da bleib ich. Als erstes gibt es ein Bad im Swimmingpool; unter Palmen; im letzten Tageslicht; bei kolumbianischen Klängen. Und danach einen Aloe-Drink. Ich liebe die Aloe-Drinks. Bisher habe ich sie nur als reines Aloe-Wasser oder mit Kokosmilch probiert, hier gibt es Litschi-Aloe-Wasser. Die Limo enthält Aloe-Stückchen und schmeckt ein wenig parfümiert. Ich kaue gerne die Einlage. Ist das nicht herrlich? Geht das mir so gut!

Ein klein bischen ein schlechtes Gewissen habe ich noch, weil ich der Lisl für heute abend noch eine Vergasereinstellung versprochen habe, aber jetzt mag ich nicht mehr. Vielleicht morgen?

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=atxtjtbjwflywtsh

Donnerstag, 21. November 2013

Nachtschicht

Heute ist nichts angesagt. Warten auf meine Ersatzteile. Die liegen seit 5 Tagen in Bogota. Niemand wußte, daß sie versteuert werden müssen - jetzt ist es geklärt und heute sollte das Paket dann in Cartagena ankommen. Also darf ich ausschlafen.

Frühstück gibt es hier nicht, auch in der Nähe kenne ich keine Möglichkeit. Also fällt das aus. Den ganzen Vormittag verbringe ich mit Internet-Recherchen und dem erfolglosen Versuch, meine Karten im Navi lesbar zu machen. Außerdem kann ich noch dem Verdacht "Vergaser?" an der Lisl nachgehen. An den Vergasern ist aber nichts Ungewöhnliches zu finden, außer daß die O-Ringe der Leerlaufdüsen verdrückt sind. Beim Ausbau reißt ein Ring, also brauche ich auf jeden Fall Ersatz. Taxi. Ich frage den Fahrer, ob er weiß, wo man sowas bekommt. Er fährt mich nicht nur zu einer Werkstatt, sondern hilft auch beim Einkaufen. Dann werde ich zurückgefahren. Guter Service.

Aus Langeweile und weil ich heute noch nicht draußen war, mache ich einen kleinen Strandspaziergang. Es ist kein besonders schöner Strand und es gibt auch nicht viel zu sehen. Aber barfuß durch das warme Wasser zu laufen macht schon Spaß. Mittagessen? Ich versorge mich an ein paar Straßenbuden.

Erst am späten Nachmittag zeigt die DHL-Sendungsverfolgung an, daß ein Kurier Cartagena verlassen hat. Das bedeutet, daß das Päckchen jetzt unterwegs zu Reinhold ist. Ich rufe bei ihm an und er bestätigt, daß der Kurier vor 20 min da war. Also mache ich mich jetzt auf die Socken. Die Vergaser-Behandlung hat nichts gebracht, die Lisl läuft wie gewohnt ruppig auf 1 1/2 Zylindern.
Mittlerweile bin ich schon geübter Verkehrsteilnehmer und schlängle mich ganz gut durch. Natürlich verfahre ich mich an einer Baustelle wieder und fahre eine Riesenschleife durch die Stadt, aber ankommen tu ich trotzdem. Reinholds Geschäft ist schon geschlossen, aber er wohnt direkt nebenan. Reinhold selbst ist noch im Büro. Er läßt das weitgereiste Päckchen bringen und wir unterhalten uns noch kurz über meine weitere Reise. Dann zische ich los - mittlerweile ist es dunkel und da fahre ich eigentlich nicht so gerne. Man sieht nicht viel, Staub liegt in der Luft und die Schlaglöcher verstecken sich in der Dunkelheit.

Es ist zwar schon dunkel aber noch nicht spät, etwa 7 Uhr abends. Da kann man schon noch etwas bewegen. Leider gibt es kein Licht dort, wo die Lisl steht. Also rüste ich mich mit Stirn- und Taschenlampen aus und mache mich an die Arbeit. Zündkabel und Hallgeber wechseln, nochmal die Kerzen kontrollieren. Zündung einstellen - Fritz hat zum Glück den Halltester gefunden und mit eingepackt! Alles wieder zusammenbauen und einpacken. Die Lisl springt auf Anhieb an. Im Stand kann ich allerdings nicht sagen, ob sie vernüftig läuft - das wird sich erst morgen bei der Fahrt zeigen.

Jetzt schleppe ich allerdings einiges an Altteilen mit mir herum, was ich gerne los werden würde. Gibt es einen Weg, 2 Päckchen nach Hause zu schicken? In  Columbien gibt es keine Post wie wir sie kennen. Und Reinhold hat mir gesagt, daß selbst ein Brief (2 Zeitungsausschnitte) nach Deutschland schon 40 € kostet. Das muß nicht sein!

Der ganze Schmutz muß jetzt runter - das ist eine Kunst bei der Wassermenge, die meine Dusche liefert. Eigentlich tropft nur ein einziger "Strahl" aus dem lockeren Duschkopf - im Waschbecken ist es auch nicht üppiger. Mein Schnorchel-Sonnenbrand tut nicht mehr weh, dafür bin ich jetzt eine Schlange und häute mich.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=ypdtswskwigyitex

Mittwoch, 20. November 2013

Cartagena (Kolumbien)

Irgendwie sind die Tage immer so vollgestopft mit den unterschiedlichsten Erlebnissen, daß ich gar nicht mehr weiß, was der Tag so alles enthalten hat...
Also - die Nacht haben wir ja ohne Motorräder in einem Hostel verbracht; 20-25 Tausend kolumbianische Pesos pro Nase (das sind ca.8-10 €). Um sieben Uhr sollen wir zum entladen im Hafen sein. Irgendwann kommt Rusty mit dem Dingi herüber und holt uns ab. Wir sollen nur die Sachen anziehen, die wir brauchen, um zum Zoll zu fahren - also Stiefel (zu kurzer Hose und T-shirt) und Helm. Es ist siedend heiß, jetzt schon haben wir 30 Grad! Irgendwie läuft alles ziemlich chaotisch ab. Ludwig legt einen handgemalten Stadtplan von Cartagena auf den Tisch und sagt ein paar von uns, wo das Zollgebäude liegt. Dann ist schon ein Boot da, das einen Stahlponton mit sich führt - darauf werden die Mopeds jetzt gestellt - 6 Stück passen drauf, die Lisl ist als erste dran. Der Ponton ist gerade mal einen Motorradlänge breit, wir stehen dicht bei dicht und schaukeln die paar hundert Meter bis an den Steg. Dort einfach vom schwimmenden und schwankenden Ponton auf den hölzernen Steg mit krummen Brettern und hervorstehenden Nägeln gefahren, kleine Höhenunterschiede muß man ignorieren. Die Lisl ist nach 5 kilometerfreien Tagen auch nicht besser angesprungen als sonst - ich mußte sie mal wieder wachstreicheln. Natürlich hab ich keine Bilder von der spannenden Entladung gemacht - mein Ersatzfoto kann grade mal die SD-Karte nicht lesen, eine andere ist nicht zur Hand. Und die Videokamera speichert schon wieder nichts...

Zum Zoll. Jeder gibt sein Bestes, den zu finden; irgendwie schaffen es doch alle. Manfred sollte mit den Pässen dort auf uns warten. Kein Manfred da. Er hat gestern gesagt, der Zoll öffnet um 7 Uhr und wir wollten ja als erste dran kommen. Warten. Wir können nichts anderes tun. Keiner hat eine Telefonnummer von Manfred oder Ludwig, außerdem hat ja keiner eine kolumbianische Handykarte. Traver entdeckt eine Kantine, in der wir frühstücken können - wenigstens das! Warten. Gegen halb neun taucht ein Typ auf, der immerhin ein bischen englisch spricht. Er hat unsere Pässe dabei. Er kassiert von allen noch Führerschein und Fahrzeugschein und verschwindet dann wieder. Warten. Nach mindestens einer halben Stunde kommt er zurück, mit je 2 Kopien der Papiere für jeden. Was hat er nur in dieser Zeit gemacht??? Wir fragen, was jetzt zu tun ist. Antwort: warten. Und er verschwindet wieder. Als er viel später wieder auftaucht, gibt er uns unsere Originale zurück. Und jetzt? Warten. Die Senora kommt, sie vergleicht die Fahrzeuge mit den Angaben auf den Papieren. Aber nur, wenn nicht gerade irgendein Bekannter oder Freund zur Unterhaltung oder zum flirten anwesend ist. Vier Formulare müssen wir unterschreiben und dann natürlich wieder warten. Zu guter Letzt bekommen wir doch noch das Original-Einfuhrpapier. Wofür waren eigentlich die 2 Kopien???

Weiß noch jemand, wie es jetzt weitergeht? Zum Boot oder zum Hostel? Und wann zur Versicherung? Es ist schon ein Phänomen, daß jeder von uns bisher so gut alleine klar gekommen ist und alle Formalitäten und Hürden gemeistert hat; aber kaum sind wir eine Gruppe, kümmert sich keiner. Jeder verläßt sich auf die anderen. Da ich nicht mehr zum Hostel zurück will, beschließe ich einfach, jetzt am Schiff mein Gepäck zu holen und fahre schon mal los. Ups - und schon sind die anderen auch da. Also - auf's Dingi warten. Bis die Mannschaft uns gesehen hat, dauert es ein Weilchen. An Bord muß jetzt alles ganz schnell gepackt werden, d.h. eigentlich reißt jeder nur sein sorgfältig in einer Kammer verstautes Gepäck heruas und schleppt es an Bord. Beim Ausladen ist keine Hilfe zu sehen - beim Einladen konnten wir uns vor Helfern gar nicht retten. Von Ludwig wollte ich mich am Morgen noch verabschieden, da hat er aber abgewunken, weil wir ja nochmal wiederkommen. Jetzt ist er aber nicht mehr da - die Mädels grinsen nur und rollen mit den Augen. Schade.
940 $ kostet die Überfahrt - in bar. Und die Getränke. Wechselgeld ist extrem knapp und so geht es ziemlich chaotisch zu. Auf dem Küchentisch fliegen tausende von Dollar in 20-$-Scheinen herum. Mit vollständigem Gepäck passen nur 3 Leute ins Dingi. Am Steg hält Rusty mit einer Hand das Boot am Steg und jeder wirft seine schweren Taschen hinauf. Moped beladen - fertig! Und wer fährt jetzt zur Versicherung? Andre will mitfahren, überlegt es sich aber nach 5 min anders. Er will lieber erst mit dem Rest im Hostel das Gepäck unterbringen. Alles hat sich verlaufen. So kann ich mich nur kurz von dem einen oder anderen verabschieden. Na ja, wir haben auf jeden Fall einen E-Mailverteiler.

Jetzt bin ich wieder auf mich gestellt. Die Versicherung finde ich, aber ich muß ein paar mal fragen und einige Schleifen drehen. Wenn Du hier eine Abbiegung verpaßt oder falsch fährst, mußt Du ewig fahren. Nur Einbahnstraßen - und natürlich immer in die falsche Richtung. Als ich endlich das Büro gefunden habe, ist es 5 nach 12 - um 12 ist Mittagspause. Zum Glück nur bis 1. Ich habe Durst und die Lisl auch. Also werde ich die Zeit nutzen. Aber zuerst mache ich am Besten eine kleine Stadtrundfahrt - muß ich sowieso wegen der Einbahnstraßen. So komme ich halbfreiwillig in den Genuß einer Sightseeingtour. Der Verkehr ist wieder mal schlimm und ich bin ihn nicht gewohnt. Fotografieren ist kaum möglich. Man hängt entweder in einer Traube von Mopdes, die um uns herumschwirren oder im Auspuff eines Busses, der eigentlich immer steht. Bremsbereitschaft und gute Bremsen sind wichtig. Dummerweise erfahre ich das ausgerechnet, als ich über ein herumliegendes Kusntstoffteil (Kotflügel oder Stoßstange) fahre, und dieses Teil fährt nun mit mir Schlitten. Fast hätte ich gelegen! Aber ist grad nochmal gut gegangen - die Knie zittern ein wenig.

Kurz nach 1 bin ich bei der Versicherung - 30 Tage gibt's für ca. 32 Tausend Pesos (gut 12 €). Geht Ruck zuck. Und dann muß ich nach Pasacaballos - dort gibt es einen deutschen Eisenwarenhändler. Dorthin hat Fritz Ersatzteile für die Lisl geschickt. Gestern abend waren sie noch nicht dort. Ich möchte dorthinfahren und einfach warten, bis sie ankommen. Reinhold ist Chef dort. Seine Vasallen arbeiten fleißig, er sitzt im gefließten klimatisierten Büro und zählt Milliarden von Pesos. Die müssen schnell noch zur Bank. Er ist multitaskingfähig; während er einem Typen das Geld hinblättert, telefoniert er, gibt seiner Sekretärin ein paar Jobs und unterhält sich mit mir. Wenige Minuten später bin ich im Bilde: das Päckchen liegt seit 5 Tagen im DHL-Büro in  Bogota. Für die Einfhr muß Mehrwertsteuer bezahlt werden - 70 €! So viel ist ja nicht mal der Inhalt wert! Aber das ist jetzt auch schon egal - das Porto hat ja schon 200 € betragen. Ich bekomme einen Zettel mit der Bankverbindung und die Sekretärin erklärt mir, wo die Bank ist. Den Einzahlbeleg muß ich an Ivonne soundso ins DHL-Büro mailen. Das ist jetzt eine Herausforderung - besonders, weil die Bank in einer Stunde schließt! Also zurück nach Cartagena. Bank finden - klappt fast perfekt. Der nette Sicherheitbeamte hilft mir beim Nummer ziehen (Paßnummer muß man dafür in den Automaten eingeben) - dann warten. Bis ich aufgerufen werde. Die Lisl ist derweil in der Obhut von Parkplatzwächtern. Am Bankschalter komme ich klar - keine Kreditkarten - nur Bares ist Wahres. In der Mall nebenan ist ein Internetcafe, die scannen mir den Beleg ein. Mein Laptop darf ich anstöpßseln. Reinhold hat mittlerweile eine spanische Mail vorbereitet und mir geschickt - ich hänge den Scan dran - und ab an Ivonne. Jetzt kann ich nur wieder warten. Angeblich soll das Päckchen dann morgen in Pasacaballos sein - das glaube ich noch nicht so ganz.
Mein neues Navi braucht auch noch etwas Hilfe von zu Hause - ich kann es momentan nicht am Lenker befestigen und außerdem nur mit Batterie betreiben. Die soll angeblich 22 h halten, ist aber schon nach 5 Stunden leer! Ein Halter mit Stromanschluss erwartet mich hoffentlich in Bogota (noch so eine ungeliebte Großstadt).

Mittlerweile ist auch eine Mail von den Mädels von der Stahlratte gekommen - heute abend ist gemeinsames Pizzaessen angesagt, wer mag. Das ist doch schön. Ich suche mir ein Hostel, das Reinhold mir empfohlen hat, kurz die schwarzen Steifen aus dem Gesicht gewaschen und dann mit dem Taxi zur Pizzeria. Ich bin fast pünktlich - die Jungs sind etwas verwundert, aber freuen sich, mich nochmal zu sehen. Ich frage Lisa und Nicole nach ihrer Wertung der rauhen Überfahrt. Ludwig hat ja gemeint, es wäre nicht schlimm gewesen. Die Wertungen der Mädels (3 und 7 Monate schon an Bord) sind "längste und rauheste" bzw. "zweit-rauheste" Überfahrt. Warum ewischt das eigentlich immer mich???!!
Es wird noch ein gemütlicher entspannter Abend, der mit Eis essen und einem herzlichen Abschied endet. Vielleicht begegnen wir uns ja nochmal....


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=rsrhzvykgrcybhqs

Dienstag, 19. November 2013

Überfahrt nach Kolumbien

"Geschlafen" habe ich auf dem Oberdeck - unterm Tisch. Der Platz war ziemlich in der Mitte des Schiffes, an der frischen Luft und trocken. Mein Schlaf hat allerdings nur von kurz nach 10 bis halb 2 gedauert. Ab 2 Uhr hat Ludwig Wache. Als erste Aktion refft er das Hauptsegel, der Wind ist zu stark geworden, die See ist es rauh. Ich muß mich wieder "konzentrieren" und leiste Ludwig Gesellschaft. Er schätzt die Windstärke auf 6 bis 7, die Wellen werden jetzt 4-5 m hoch sein. Das Schiff schwankt in aller Richtungen, nach vorn, nach hinten, nach rechts, nach links und natürlich auch im Kreis herum! Wenn eine Welle den Bug anhebt, verdeckt dieser sogar den Vollmond. Im Wellental schaufelt die Stahlratte richtig viel Wasser an Deck. Rings um uns herum herrscht Wetterleuchten. Die letzte Überfahrt war so ruhig wie nie (behauptet der Käpt'n) - aber jetzt bin ja ich an Bord, die Regenmacherin!


Und dann reißt ein Vorsegel. Vor wenigen Minuten ist Joel an Deck gekommen, der kann gleich helfen, das Segel einzuholen. Das gelingt aber nicht ganz, denn ein paar Seile haben sich verfangen. Ohne die beiden Segel wird unser Schiff noch instabiler und schaukelt noch mehr. Es schwankt extrem bedenklich von einer Seite auf die andere - jetzt hab ich doch ziemlich Angst, daß wir kentern könnten. Aber Ludwig, der Spruchbeutel, bleibt ruhig. Kurz vor Sonnenaufgang ist wohl die schlimmste Zeit. Ich hoffe, daß die Sonne den Wind vertreibt - wenn auch mit etwas Verzögerung, habe ich damit recht. Puh - das war eine Nacht! Ich habe gezittert und gekämpft und gewonnen!!!

Heute morgen kommen noch weniger Leute aus den Kojen gekrochen. Die wenigen, die sich an Bord wagen werden aber belohnt, ein Schwarm Delfine begleitet uns eine bestimmt eine viertel Stunde lang. Es scheint ein großer Schwarm kleiner Tiere zu sein, ca. 30 cm lang. Nur wenige große Delfine, schätzungsweise 1 m, kann ich ausfindig machen.

Unmerklich sind die Wellen zurückgegangen und als wir in Landnähe kommen, ist das Wasser ganz ruhig und glatt. Zeitlich sind wir ganz schön in Verzug geraten, der Gegenwind hat Zeit gekostet. Außerdem scheint die Einspritzpumpe manchmal hängenzubleiben und kurz vor der Hafeneinfahrt in Cartagena ist der Autopilot (aus den 60er Jahren) ausgefallen. Bei solchen Sachen kann der Ludwig auf einmal ganz schnell springen! Mittagessen auf dem Schiff war ursprünglich nicht mehr geplant, aber es ist schon 13 Uhr, als wir in den Hafen einlaufen. Da werden wir dann doch noch mit sehr schmackhaften Nudeln mit verschiedenen Soßen verwöhnt. Die Mopeds sind ausgepackt und haben noch eine Süßwasserduschen bekommen.


Die Crew hat alle unsere Papiere und sie vorab schon mal nach Cartagena gefaxt. Trotzdem müssen wir alle persönlich zur Migrationsbehörde. Dauert eine gute Stunde. Den Zoll schaffen wir heute nicht mehr, der hat schon zu. Also schnell vom Schiff das Nötigste für die Nacht holen und mit dem Taxi in ein Hostel bringen lassen. Halt, vorher noch Geld am Automaten abheben. Bei so vielen Leuten (24) ist das alles ein wenig chaotisch - plötzlich sind alle irgendwohin verschwunden. Wir finden uns aber irgendwie am Hostel Amba wieder, das uns empfohlen wurde. Morgen früh um 7 Uhr sollen wir am Pier sein, da werden die Motorräder ausgeladen.

Heute abend bin ich sehr müde - und gespannt, wie die Lisl die Fahrt überlebt hat.





Montag, 18. November 2013

Eine völlig neue Erfahrung...

...ist es für mich, mal nicht auf der Seite der Seekranken zu stehen! Aber im Einzelnen.

Um 5 Uhr beginnt die Mannschaft mit der Arbeit, um 5:30 Uhr wird der Anker gelichtet. Da ich direkt neben der Ankerkette schlafe ist die Nacht jetzt natürlich um. Es geht eine ordentliche Brise - und schon spüre ich die Seekrankheit. Gestern abend habe ich schon eine Pille genommen, jetzt gibt es die zweite. Außerdem muß der Reisekaugummi sofort helfen. Meine Taktik haut hin!
Es sind schon einige von den anderen Passagieren wach - Ludwig setzt gleich die Segel, um schneller zu sein und Sprit zu sparen. Als alle Segel gesetzt sind, erklärt Ludwig "die Show für beendet", woraufhin einige wieder in ihren Kojen verschwinden. Ich bleibe an Deck und beobachte die Wellen und den Bug, um nicht seekrank zu werden. Um 7 Uhr gibt es Frühstück - mir geht es wieder gut. Man sollte etwas essen, dann wird man nicht seekrank, ist eine Theorie, die ich jetzt auf den Prüfstand stelle. Ich suche mir den ruhigsten Platz auf dem Schiff, in der Mitte vor dem Ruder. Da habe ich auch frische Luft um die Nase. Den Platz werde ich niiiiiie mehr räumen! Ich kämpfe gegen die Seekrankheit und die Müdigkeit. Kurz vor dem Mittagessen siegt die Übelkeit - aber nur kurz. Ich kämpfe weiter mit Pille, Kaugummi und Konzentration. Und ich esse zu Mittag! Erstens ist das Essen hier wirklich jedes Mal ein Gaumenerlebnis und zweitens fühle ich mich wieder gut und die Essen-gegen-Übelkeit-Theorie muß ja schließlich verifiziert werden. Die Wellen dürften etwa 2-3 m hoch sein, unser Schiff ist glaube ich 38 m lang. Das wird ganz ordentlich geschaukelt. Ich bewege mich wirklich den ganzen Tag fast überhaupt nicht von dem Platz weg und konzentriere mich auf den Wellengang. Und ich fühle mich gut!!!!
Ich, die immer seekrank wird. Und die allen erzählt hat, daß sie die erste sein wird, die flach liegt. Mir geht es wirklich gut, solange ich meine Taktik beibehalte. Meine Mitfahrer verschwinden einer nach dem anderen, jeder hat seine eigene Taktik. Mindestens die Hälfte der Passagiere und ein Crewmitglied sind schwer seekrank. Ich nicht! Ja, es macht sogar fast ein bischen Spaß, den Wellen und dem Schiff beim Kampf zuzusehen. Die anderen tun mir leid. Besonders Pavel, den hat es ganz böse erwischt!

Ich habe für den Tag einen guten Platz gefunden. Nur, was mache ich in der Nacht? Meine Koje ist ganz vorn im Bug. Ich war einmal kurz unten, und bin sofort wieder geflohen. Bei diesen Bewegungen des Bugs, die um Einiges mehr ausschlagen als die Wellenhöhe, da fliegt man echt durch die Luft...

Sonntag, 17. November 2013

Einsame Karibik-Inseln

Käpt'n Ludwig hat seinen Platz im Bug geräumt, damit wir Frauen mehr Platz haben - sehr großzügig. So habe ich eine große Matratze im Separee. Schlafen ist trotzdem schwierig, es ist sehr warm und stickig. Die Luke über meinem Bett und das Bullauge sind offen, der Ventilator läuft. In der Nacht bekomme ich vom Ventilator einen Schnupfen - ich muß ihn ausmachen. Gegen 5 Uhr poltert und kracht es an Deck, die Crew ist echt auf Zack. Es hat angefangen zu regnen, da sind sie auzfgestanden und haben alle Luken dicht gemacht. Eine frische Brise ist aufgekommen, wenn das so bleibt wird es eine rauhe Überfahrt - mir graut davor! Die Mannschaft hat allerdings nichts dagegen, für die wird es dann "ruhig".
Bei dem ganzen hin und her zwischen Hostel, Moped, Schiff, Kunahütte ist die Ordnung flöten gegangen. Jedesmal nimmt man nur einen Teil der Dinge mit - so ist z.B. meine Haarbürste verloren gegangen. Haut und Klamotten sind klebrig und feucht, man bekommt nichts wirklich trocken.

Mein Foto lag über Nacht mit einem Handy zusammen im Reisbett zum Trocknen. Er gibt keine Lebenszeichen mehr von sich, da kann ich ihn ja auch getrost mal aufschrauben. Das Wasser läuft jetzt erst recht aus. Das Display steht unter Wasser; jetzt weiß ich, aus wieviel Schichten Folien und Spiegeln es besteht. Eine Folie bleibt zum Schluß übrig. Aber auch wenn alle Folien untergebracht wären, es tut sich nichts, wenn ich den Einschalter betätige. Mausetot. Schade!

Fast die ganze Motorradmannschaft sitzt kurz nach 6 Uhr schon beim Kaffee - Frühstück gibt es gegen 7 Uhr. Umfangreich, ausführlich, lecker, Wahnsinn! Was in der Beschreibung des Trips steht, stimmt wirklich: wir haben gutes und genug zu Essen! Alles was ich in den letzten 3 Monaten an Gewicht verloren habe, wird hier in den 5 Tagen wieder drauf gefuttert werden...

Heute ist Ruhetag - schauen wir mal, was wir daraus machen.
Als erstes mache ich einen Ausflug ins "Trampolin", so nennen sie das Netz vor dem Bug. Ein interessanter Ausblick! In die Takelage wage ich mich nicht, ein paar mutige Jungs krabbeln hinauf, teilweise sogar bis in den Mastkorb.

Ein paar Schiffsimpressionen...


Gestern haben wir die einsame Insel mit der Hütte besucht - heute zieht es die meisten zur gegenüberliegenden einsamen Insel ohne Hütte. Ich schnorchle einmal ganz außen herum - bestimmt 2 Stunden. Winzige Fischlein entdecke ich, dafür muß ich mich allerdings mit der Strömung treiben lassen. Es sind die typischen Aquariumfische: gelb und lila horizontal, grau und gelb vertikal getreift, grau mit einem schwarzen falschen Auge, grün, schwarz und ganz blau. Und Seesterne gibt es hier jede Menge! Wenn ich genau hinschaue, bemerke ich, daß sie alle unterschiedliche Zeichnungen tragen. Die meisten liegen flach auf dem Boden, manche liegen in einer Mulde und haben dann ihre Finger nach oben gebogen, einer umarmt einen Stein. Als ich im großen Bogen fast um die Insel herum bin, besichtige ich sie noch ein wenig zu Fuß. Den schönen scharz-gelben Vogel, den ich vom Schiff aus gesehen habe, finde ich leider nicht. Passend zum Mittagessen bin ich zurück - da erst merke ich, daß der Aku von der Kamera schon lange leer ist.

Am Nachmittag wollen wir die weiter entfernte einsame Insel mit den "nur 2 Palmen" besuchen. Ich möchte mich gerne auf dem Rückweg auf halbem Weg an einem Riff aussetzen lassen. Statt zu zweit sind wir jetzt im Dingizu elft. Was ich auf die einsame Insel mitnehmen würde? Na, das WiFi-Passwort natürlich! Ha ha...
Rusty, un ser Chauffeur fährt gleich wieder zurück - er will uns in einer Stunde wieder abholen. Auch hier gibt es Riffe, also ist das auch ok. Die hier sind sogar viel schöner, weil sie steil abfallen. Ich finde die gleichen Fische, allerdings eine Nummer größer. Ich könnte ihnen stundenlang folgen! Natürlich sind auch die Korallen schön, aber im Wasser wirken die Farben ein wenig enttäuschend. Als ich genauer hinschaue, kann ich sooo viel Herrlichkeiten entdecken: kugelige Schwämme; Korallen, die wie Papierblätter in Wellenform aufgebaut sind; grüne und gelbe Türme, die Korallen darauf fühlen sich schleimig an; Eimerförmige dünnwandige Gebilde; und natürlich die fein verästelten Korallen. Ein Gebilde ist ziemlich groß und sieht wie ein Geweih aus. Ich bin grade einmal rumgekommen, da kommt auch schon das Taxi. Auf dem Rückweg darf jemand anders steuern, und wir geraten in's Riff, d.h. das Wasser ist so flach, daß wir den Außenbordmotor einziehen müssen. Paddeln oder staken. Jetzt will ich an dem flachen Riff nicht mehr aussteigen und fahre mit zum Schiff. So lange war ich noch nie im Wasser (außer natürlich im Regen). Ich habe gar nicht gemerkt, wie die Sonne doch sehr lange geschienen hat. Es sind immer noch schwarze Woken sichtbar, aber heute kommen sie nicht ganz bis zu uns. So habe ich mir beim Schnorcheln unbemerkt einen starken Sonnenbrand zugezogen - was ich erst später an Bord so richtig bemerke. Die Crew hat mittlerweile einen Bananenkuchen gebacken, der ist noch warm - hmmm!

Auf dem Schiff wird überwiegend englisch gesprochen - die Meisten sind Amis oder Australier. Ein wenig deutsch mischen wir zwischenrein. Sobald Kuna an Bord kommen, - und das kommt mehrfach am Tag vor, fliegen spanische Fetzen durch das Sprachgemenge. Vieles verstehe ich nicht. Macht nix, so hab ich auch einigermaßen Ruhe. Nach einem tollen Abendessen (Reis mit Kokosmilch, Langusten, Backofenkartoffeln, Hühnchen, Salat) tauchen ruck zuck wieder Rumflaschen auf. Man sitzt gemütlich unterm Mastbaum. Irgendwann spielt eine Klarinette - Beifall! Sogar vom Nachbarboot - das sind die GEZ-freien Fremdhörer. Es ist gemütlich, hat was von der Abiturszeit-Romantik. Ja sogar der Mond scheint auf eine einsame Insel. Aus Hannes Musikantenkoffer taucht noch eine Rassel auf und Lisa findet eine Ukulele. Schließlich traut sich auch Arun, seine Bambusklarinette herauszuholen - die hat einen wunderbar weichen und warmen Klang! Am Schluß besteht die Combo aus 2 Klarinetten, Ukulele, Rassel, I-Phone und rumtrunkenen Tänzern. Ich genieße alles in der Hängematte.