Samstag, 21. Dezember 2013

Ein Computertag

In der Nacht hat es geregnet - gut, daß ich im Trockenen war. Dafür ist die Luft jetzt wieder gereinigt und der Himmel strahlend blau. Um 7 Uhr bin ich wach, mag aber noch nicht aufbrechen. Die Kirchturmglocke mahnt zum Aufstehen.
Vor dem losfahren muß ich mich noch mit dem heimischen Computer herumschlagen - es sind einige Dinge für zu Hause zu erledigen. Bei meiner extrem "schnellen" Internetverbindung dauert das Stunden! So sind wir erst kurz vor 11 Uhr auf der Straße. Im Hotel herrschten frostige 12 Grad, in Freien heizt die Sonne immerhin auf 15 Grad. Trotzdem ist meine Wahl "Winterpullover" genau richtig.
Auf knapp 4000 m erfahren wir weiterhin die peruanische Hochebene. Herrliche Weiten und Berge! Mir gefällt es hier einfach!

Und dann entdecke ich noch ein Weihnachtszeichen: "...und überall auf den Pfostenspitzen, sehe ich goldene Lichtlein blitzen..." Die Kappen der Straßenpfosten sind goldgelb angestrichen - ob das nur zu Weihnachten so ist???
Mein weihnachtliches Treffen mit den Holländern wird vermutlich nichts - ich bin zu schnell..die sind gerade erst in Cuzco angekommen. Da werde ich wohl ganz alleine feiern müssen.

Mittlerweile haben wir die 30.000 km (auf dieser Tour) erreicht! Also, meine geschätzten 35 Tkm sind wohl doch zu knapp.  Meine Routenplanung spricht von weiteren 10 Tkm, aber da sind noch nicht alle Kurven eingerechnet.
Lisls Anlasser fängt schon wieder an zu graunzen, ich hoffe, er hält durch. Dafür läuft der Motor weiterhin ganz ordentlich.

Urplötzlich umgibt mich ein riesiger Schrottplatz und Müllhaufen. Dahinter finden sich Lehmhäuser. Das scheint Juliaca zu sein. Am Ende des Mülls geht die Straße in einen sehr holprigen Sandweg über und führt mitten durch den Markt. Danach gibts wieder Asphalt, mitten in der Stadt; mit Ampeln, stop-and-go und den bekannten "Nicht-Verkehrsregeln". Da brauchst Du echt Nerven wie Stahlseile, besonders als Zweiradfahrer. Keiner schaut zur Seite, nach hinten oder vorn. Es wird einfach gefahren, abgebogen, die Straße gekreuzt oder ausgeschert. Rücksichtslos! Dann wird die Straße plötzlich 6-spurig. Man rast mit 80 dahin, trotz Querverkehr und Fußgängern. Nach wenigen km wieder "normale" zweispurige Straße - wir sind heil herausgekommen. Puh! Aber wirklich helfen tut das nicht: mehrfach rutscht mir das Herz in die Hose, als Geländewagen meinen, gleichschnelle LKW überholen zu müssen. Mein lichthupen bringt überhaupt nichts - ich muß auf das Bankett ausweichen und sogar einmal stehen bleiben. Wenn ich aber mal schnell einen Schleicher überhole und hunderte von Metern weg Gegenverkehr sichtbar wird, dann blinkt und hupt der schrecklich und regt sich wahnsinnig auf! Könnte ja sein, daß er bemsen muß, Für einen Zweiradfaher? Nein, das darf nicht sein!

Wir kommen trotz alledem am frühen Nachmittag heil in Puno an. Ich weiß, daß es hier jede Menge Hotels gibt, aber ein passendes zu finden ist nicht ganz einfach. In bestimmt 5 Hotels oder Hostels frage ich nach bevor ich etwas Passendes finde. Der Besitzer ist sehr eifrig, das zweite gezeigte Zimmer gefällt mir. Für morgen kann ich bei ihm auch einen Ausflug auf den Titikakasee buchen. Und eine Werkstatt? Ja, da hat er auch was an der Hand....

Ich fahre erstmal mit dem Tuktuk zum Hafen um mich umzuschauen. Eine Uferpromenade oder so was ähnliches gibt es hier nicht. An meheren Kassenhäuschen kann man diverse Ausflüge auf den See kaufen. Ein kleines Mittagessen bekomme ich auch. Dann wieder zum Hotel - dort wartet schon ein "Führer", der mich zur Werkstatt bringen soll - er sitzt auf den Gepäckträger und navigiert mich durch die Stadt. Bitte einmal Batterie laden und Öl wechseln! Ich zeige dem Mechaniker, wie er an die Batterie kommt, wo die Ölablaßschraube ist und wo er wieviel Öl einfüllen muß - dann überlasse ich ihm vertrauensvoll meine Lisl. Morgen abend will ich sie wieder haben.

So, Zeit für den Blog. Der Conputer braucht aber lang heut!! Als er endlich etwas anzeigt, fehlt die Hälfte. Stundenlang versuche ich vergeblich, ihn irgendwie wieder herzustellen.
Am Abend gehe ich noch kurz einkaufen. Rücksichtslosigkeit im Verkehr lernt man hier anscheinend auch schon als Fußgänger. Keiner weicht auf den engen Bürgersteigen aus - wenn ich mich genauso benehme, prallen wir aufeinander. Auf dem Rückweg regnet es. Das Gewitter legt aber zum Glück erst richtig los als ich wieder im Hotel bin.
Der Computer ist nicht wieder zum Leben zu erwcken, so daß ich jetzt  auf das Handy angewiesen bin. Das heißt, daß ich alles fast zweimal schreiben muß, um die meisten Fehler rauszubekommen! Sch...computerklump!!!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=qixaxskesfeaimrc

Freitag, 20. Dezember 2013

Keine Lust...

...hab ich heute. Es ist bedeckt und angenehm (kühl). Mir fehlt heute der Antrieb. So trödle ich noch im Ort herum, bringe Postkarten fort, laße mich vom nicht anwesenden Andenkenhändler enttäuschen und gönne mir ein königliches Frühstück. In Urubamba kriegt auch die Lisl was zum Futtern.

Wir fahren gelangweilt durch das fruchtbare Tal des Rio Vicanota. Ackerbau und Viehzucht. Mittelstarker Verkehr. Eine Polizeikontrolle. Sie verläuft wie allen anderen peruanischen Polizeikontrollen auch: gestenreiches Winken und intensives trillerpfeifen zeigt mir, daß ich am Straßenrand anhalten soll. Hinter mir ist niemand. Als wir in näherer Sichtweite sind, ändert sich das Winken in ein "durchfahren" und ein freundliches Lächeln zeigt sich im Gesicht alle Polizisten.  Vermutlich haben Touristen freie Fahrt?

Hunger habe ich keinen, aber ein Päuschen wäre trotzdem nicht schlecht. Neben ein paar Kühen finde ich einen großen Stein, auf dem ich mich niederlassen kann. Ameisen! Hätte ich mir ja denken können. Die erobern demnächst noch die ganze Welt! Gegen Moskitos bin ich gewappnet, aber davon habe ich keine gesehen. Ich glaube, auf der ganzen Tour habe ich weniger Moskitokontakt gehabt als zu Hause! Nur die Ameisen, die sind wirklikch überall! 

Weiter geht's. Aus einem entgegenkommenden Pickup schaut ein bärtiger Kopf heraus und eine Hand winkt freudig. Das Auto hält an - ich auch. Es ist ein Schweizer Pärchen, mit dem ich an der Tankstelle in Nazca 2 Worte gewechselt habe. Diesmal wechseln wir etwas mehr Worte.

Langsam aber stetig sind wir gestiegen - bis auf 4000 m. Die Lisl gefällt mir heute, sie rollt, und rollt, und rollt.... Na gut, ich geb's zu, in der Mittagspause hab ich sie ein wenig an den Vergasern gekrault.
Eigentlich ist es wieder ganz schön hier oben. Eine weite Hochebene umsäumt von zackigen Gipfeln, teilweise schneebedeckt. Die Ursprünge des Rio Vicanota, dem wir den ganzen Tag gefolgt sind, schlängeln sich durch das Hochmoor. Rinder, Schafe und Alpakas wechseln sich ab. Gelegentlich säumen ein paar Lehmziegelhäuser die Straße. Ich  nehme mir ganz fest vor, heute hier oben zu campen. Gegen 15 Uhr komme ich nach Aguas Calientes. Es stellt sich heraus, daß dies nur eine Schwimmbadanlage um die heißen Quellen ist. Mit vielen Becken. Aber abgezäunt und nur mit Eintritt zu betreten. Vor dem Areal haben sich Budenbesitzer ausgebreitet - es gibt Nützliches, Hübsches, Essbares. Die haben wirklich schöne Sachen, es fällt mir so schwer, mich zurückzuhalten. Bunte Decken, Alpaka-Pullover, -Felle, -Mützen, einfach "haben wollen" aber "kein Platz auf dem Motorrad".
Ich frage mal beim Kassierer, ob ich hier zelten darf. Ja, auf dem Schwimmbadgelände, für 10 Sol. Außerhalb des Zaunes vor dem Bach ist ein ebener grüner Platz - aber der ist total vermüllt. Außerdem hätte ich gerne Internet - ich bin ja so verwöhnt!

Schöne Plätzchen kommen noch einige, leider auch Regentropfen. Vor uns wird es dunkel, da gibt es Regenschauer. Also heißt die Entscheidung, bis Ayaviri weiterzufahren und dort nach einem Hotel zu schauen. Die letzten 50 km macht uns ein eisiger Wind zu schaffen, der auch ekelhaft harte Regentropfen mitbringt. Wir schaffen es trocken bis nach Ayaviri und finden nach mehrmaligem Fragen ein Hotel direkt am Marktplatz. Alles da, was man braucht. Ich muß allerdings extra nach einem Zimmer mit Fenster fragen. Die Lisl einzuparken ist ein ziemliches Problem, weil wir 2 sehr hohe Stufen überwinden müssen und keine Rampe zu finden ist. Das versprochene Internet ist nur auf dem Gang verfügbar und im Zimmer muß ich den dicken Winterpulli und warme Socken anziehen.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=bbwnrfcbkmwmqhnc

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Machu Picchu


Kommt auf die Eroberungsliste! Kann abgehakt werden. Warum fährt man dahin? Was ist das Besondere? Man wird sehen....
Zuallererst muß ich einen Geburtstagsglückwunsch nach Hause schicken - heute feiert Fritz!

Es ist schon hart, um 4 Uhr aufzustehen. Aber ich bin ja nicht die Einzige, im Hostel rumort es. Am Bahnhof muß ich eine halbe Stunde warten - wie geplant. Pünktlich mit sonnenaufgang setzt sich der Zug in Bewegung. Die Berge um mich herum sind furchtbar steil und hoch, die Gipfel oder SChluchten oft noch in Nebel gehüllt. Unser Zug hat auch im Dach Fenster, so daß ich bis zu den Berggipfeln hochschauen kann. Das erste Morgenlicht taucht die kahlen Gipfel in ein herrliches Rot. Je näher wir Machupicchu kommen, umso dichter wird der Nebel leider. Im Zug wird ein kleines Frühstück serviert, Kaffee oder Tee und ein Muffin. Tee bitte - es ist Coca-Tee!! Na dann Prost! Ein wenig Zucker nehme ich dazu, da sagt die Senora neben mir, der würde den Geschmack verderben. Der Tee schmeckt nicht besonders, ein bischen wie abgestandener Kamillentee; stohig. Wirkung? Merke ich keine.

Endstation ist Aguas Calientes oder auch Pueblo Machupicchu genannt. Hier muß ich mir zuerst eine Eintrittskarte für die ......vergessene Stadt kaufen. Die gibt es am Marktplatz. Ich habe mich recht schnell dorthin durchgefragt und habe nur einen Kunden vor mir. Hinter mir bildet sich ganz schnell eine lange Schlange - Glück gehabt. Dann muß ich die Busstation und deren Ticketverkauf suchen. Hier bin ich nicht ganz so schnell. Bei jedem Ticketkauf und auch beim Benutzen der Tickets muß man anscheinend immer den Paß vorzeigen - das wußte ich nicht. Zum Glück akzeptieren sie auch den Personalausweis. Die Busse fahren, wenn sie voll sind, das ist durchschnittlich alle 10 min. Bis zur Stadt hinauf fahren wir ca. 20 min über eine staubige Serpentinenstraße. Um sieben Uhr morgens bin ich oben; am Eingang kann ich noch einen Lageplan erhaschen.

Typisch für mich, ich renne nicht dem Hauptstrom hinterher sondern schlage mich auf die Seite. Eigentlich habe ich keinen Plan, wie ich das Areal erkunden will. Ich kraxle einfach erstmal nach oben. War wohl gar nicht so übel, denn von hier hat man einen herrlichen Überblick über die Stadt mit den beiden bekannten Gipfeln im Hintergrund. Und tatsächlich, die Sonne kämpft sich durch die Wolken - ein sehr schönes Licht! Wo ich schon mal hier oben bin, da geht ein Weg zur Inkabrücke. Den schlage ich ein; nach einiger Zeit kommt eine Kontrollstation (nein, nicht schon wieder zahlen), an der man sich ein- und später wieder austragen muß. Nach 20 min Fußmarsch und Genuß von herrlichen Ausblicken über das Urubambatal kehre ich um. Die Brücke habe ich noch nicht erobert, aber ich weiß ja auch nicht, wie weit die noch weg ist. Der Weg scheint gefährlich an der Felswand entlang zu verlaufen und auf einem Bild in meinem Lageplan sieht die Brücke nicht besonders aufregend aus. Also nutze ich die Zeit lieber, um die Ruinenstadt kennenzulernen.

Die Ruinen selbst sprechen erst einmal nicht mit mir. Ich finde, sie sind eigentlich nichts so Besonderes. Sie sind ja erst 500 Jahre alt - bei uns in Europa ist das gar nichts. Ist ja auch erst 10 mal so alt wie ich. Ein Atemzug in der Menschheitsgeschichte. Aber was ist dann das Außergewöhnliche? Es ist wohl eher der Ort, an dem diese Stadt erbaut wurde. Wie kann man nur auf den Gedanken kommen, in so einer gottverlassenen und schwer zugänglichen Gegend eine Stadt zu bauen? Es gibt keine natürlichen Gegebenheiten, die Menschen dazu veranlassen würden, sich hier niederzulassen.

Ab und zu lausche ich einem der vielen Reiseführer, in spanisch oder englisch; je nachdem, was seine Kundschaft versteht. So kann ich wengistens ein kleines bischen lernen. Interessant ist der Tempel. Im Gegensatz zu den anderen Häusern ist er aus quaderförmig behauenen Granitsteinen erbaut; und die sitzen wirklich so dicht und glatt aufeinander, daß kein Grashälmchen dazwischen wächst. Anscheinend bewegt sich die Erde aber auch hier oben, mitten in der Wand ist ein Knick, die Hälfte des Tempels hängt etwas schief. Die normalen Häuser sind aus unbehauenen Steinen erbaut - allerdings doppelwandig. D.h. 2 Reihen Steine und dazwischen Inkabeton (eine Mischung aus 3 verschiedenen Erden und Wasser)! Äußerst spannend ist die Sakristei des Tempels. Hier gibt es in den Wänden Einlassungen, vielleicht um etwas abzustellen??? Nein, viel spannender! Wenn man in die Nische hineinspricht, kann man es im ganzen Raum hören. Es wirkt wie ein Mikrofon, nur ganz ohne Strom und Lautsprecher. Davon sollten unsere modernen Kirchen etwas lernen! Die Akustik wird von den Kristallen im Granit erzeugt, erlausche ich. Auf jeden Fall ist es faszinierend!
An der nächsten Ecke wird gerade über die Kokaplanze gesprochen. Sie soll alles Mögliche heilen. Soll gut sein gegen Diabetes, Gastritis, Krebs....ich glaube, da muß ich mir für das Alter noch einen größeren Vorrat zulegen!

Gegen halb 10 Uhr (es ist schon lange ziemlich warm) bin ich etwas müde - also mache ich eine Brunch-Pause. Ich bin mittlerweile sowieso am anderen Ende der Stadt angekommen, und ab hier geht's nur mit einem anderen Ticket weiter auf den Berg. Im Schatten setze ich mich auf einen Felsen und mache mich über mein Vesper her. Kurz darauf setzt sich auf den nächsten Felsen ein älteres Paar, sie haben die gleiche Idee. Willst Du heute jemand kennenlernen, mußt Du nicht mehr rauchen, es gnügt, ein schweizer Taschenmesser zu besitzen! Die Beiden versuchen vergeblich, eine Käsepackung zu öffnen. Ich kann es nicht mehr mit ansehen, zücke die Schere und biete meine Hilfe an. Und schon sind wir im schönsten Gespräch. Debra ist pensioniert, lebt hier in Arequipa auf 200 qm und unterrichtet englisch an der Universität. Dale lebt noch in Kalifornien und bereitet sich auf die Pension vor. Falls ich nach Arequipa komme, bin ich eingeladen! Dale "zieht seinen Hut vor mir" (ich versteh gar nicht, warum) und findet mich "inspirierend". Auf jeden Fall sind es nette Leute, die ich übrigens am Ausgang nochmal treffe.

Irgendwie ist jetzt "die Luft raus". Meine Hosenbeine muß ich schon hochbinden, weil die Hose oben rutscht und dann die Beine zu lang werden. Ich schaue mir zwar den Rest der Stadt auch noch an, aber deutlich lustloser. Es ist bedeckt, das Licht ist bei Weitem nicht mehr so schön wie heute früh. Bin ich froh, daß ich die Stöcke dabei habe! Bergauf und bergab sind sie mir eine große Hilfe; auch, oder insbesondere, auf den Stufen. Ob ich in der Broschüre nicht gelesen hätte, daß man keine Stöcke mitbringen darf? Fragt Debra. Nein, ich hatte keine Broschüre... Allerdings hat mich einer der vielen unauffäligen Angestellten gebeten, die Gummipuffer aufzustecken, damit die Steine nicht zerstört werden (einen habe ich leider schon verloren). Die Stufen! Es gibt unendlich viele davon. Und die sind so unterschiedlich. Meist sind es große aufgeschichtete Steine, manchmal auch in den Fels gehauene Stufen. Aber sie sind sooo unterschiedlich in der Höhe. Und sie sind seeehr hoch. Ich frage mich, wie die Inkas diese Stufen bewältigt haben?! Schließlich reichen mir die heutigen Indianer nur bis zur Schulter! Ob die damals auch noch kleiner waren? Neben mir taucht eine Familie mit kleinen Kindern auf. Jetzt stelle ich mir vor, wie damals die ganz kleinen Kinder in der Stadt gespielt haben - die müssen ja Klettermaxen gewesen sein, wenn sie diese Stufen gemeistert haben!

In Aguas Calientes möchte ich den nächsten Zug nehmen, der geht in gut 1/2 Stunde und fährt 1 1/2 Stunden. Das paßt sehr gut. Allerdings ist das der "Luxuszug" (heute morgen war es der Backpacker-Service), d.h. er ist etwas teurer - was soll's. Der Zug besteht nur aus 2 Waggons und die sind nur sehr spärlich besetzt; also viiiiel Platz! Es gibt wieder Essen und Trinken (etwas mehr als heute morgen) und natürlich nehme ich wieder einen Coca-Tee zum Inka-Kola. Ich habe einen schönen Ausblick auf den Urumbafluß, der ist furchtbar wasserreich, trüb-braun und stürzt sich schäumend über riesige Felsen. Ganz versunken bin ich. Da plötzlich tanzt ein Clown durch den Waggon und macht die Leute an. Er tanzt und vordert die Ladies auch dazu auf. Eine Animation! Das Zugpersonal klatscht dazu. Auf einmal höre ich bewundernde Pfiffe. Der Mittelgang wird zum Catwalk - die beiden hübschesten Zugbegleiter(in) zeigen eine Modenschau: peruanische Pullover, Ponchos, Schals und Mäntel. Nett! Aber natürlich wollen sie die Sachen verkaufen - am Ende der Modenschau rollt der Verkaufswagen durch's Abteil. Besonder teuer - ein Schal kostet z.B. fast zehn mal so viel, wie vorgestern in Chalhuanca!
Meine Regenjacke habe ich den ganzen Tag umsonst geschleppt. Aber hätte ich sie nicht dabei gehabt, wer weiß... Der ganze Spaß hat mich ca. 140 € gekostet - Einheimische zahlen überall die Hälfte. Ach das Museum! Das habe ich jetzt ganz vergessen! Aber eigentlich fehlt es mir nicht - ich bin zu müde.

Zurück im Hostel. Ausruhen, Schuhe aus. Sachen zusammensuchen und die Packordnung für morgen wieder herstellen. Oh, da sind ja die Kokablätter, sollen die nicht gut gegen alles sein? Wenn ich ein Blatt kaue hilft das vielleicht gegen Zahnschmerzen? Schmeckt nach nix. Ich merk auch nix. Aber Stunden später bin ich ziemlich fit...
Und dann möchte ich doch noch ein Andenken kaufen, das ich gestern gesehen habe. Eine Nacht drüber schlafen - und ich habe mich dafür entschieden. Aber der Laden ist geschlossen! Sehr schade. Die Besitzer sind nach Cusco gefahren. Ob sie morgen früh wohl da sind?
Ich streune noch etwas weiter und stolpere über ein "Kakao-Museum"! Das schau ich mir an. Eigentlich ist es ein kleiner Laden, der nebenan etwas über die Entstehung von Schokolade erläutert. Und dann ist da noch ein Trakt, eine kleine Küche. Da "stinkt es schrecklich" nach Schokolade - das ist gefährlich für mich! Die stellen tatsächlich selbst aus den Kakaobohnen Schokolade her. Im Laden darf ich dann noch einige interessante Dinge probieren: eine geröstete Kakaobohne (bitter, mit wenig Kakaogeschmack), einen Kakao-Tee (schmeckt ähnlich), ein Tröpfchen selbstgemachte Vollmilchschokolade und einen Sesam-Schokolade-Riegel (furchtbar lecker!). Schnell weg hier!


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=ufbakdbbspmaqyps

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Auf zu den Inkas

Heute geht es weiter bis nach Ollantayambo, etwa 60 km nördlich von Cusco. Von dort aus will ich Machu Picchu erobern. Es ist bedeckt und trocken, ein "ganz vernünftiges" Wetter. Trotzdem ist es schwierig, die richtige Montur auszusuchen, so wechsle ich unterm Tag mehrfach. Die Fahrt reißt mich heute nicht so vom Hocker wie gestern - entweder liegt es am trüberen Wetter oder daran, daß sich der Anblick schon etwas abgenutzt hat. Außerdem sind wir im Schnitt 2000 m tiefer, vielleicht ist ja auch das der Grund? Nichtsdestotrotz ist die Landschaft phantastisch, krasse steile Berge und immer wieder schneebedeckte Gipfel in der Ferne. Bei einem kurzen Stop am Fluß entdecke ich rotblühenden wilden Salbei - der duftet vielleicht herrlich. Fast alle Häuser sind aus Lehmziegeln (mit Stroh vermischt) gebaut; aber wie man sieht, heißt das nicht, daß es nur einfache Hütten sein können.
Verkehrstechnisch ist es angenehm, nicht ganz so menschenleer wie gestern; die Straße hat heute einige sandige Abschnitte, da staubt es wieder mal ordentlich. In Anta müssen wir abbiegen, ein kurzes Stück haben wir eine zwar breite aber umso schlaglöchrigere Staubstraße unter den Rädern. Arme Lisl.
Apropos Lisl...die neuen Kerzen zeigen keine Veränderung im Motorlauf. Wir sind heute lange nicht so hoch, aber ein leichtes Stottern merke ich doch ab und zu. Gestern hätte ich mir eine modernere Technik gewünscht, so mit Einspritzung, automatischer Gemischregulierung und so'n Schnickschnack! Aber das wäre dafür garantiert in Mexiko schon über'n Jordan gegangen.

Wir sind heute recht früh weggekommen und hatten "nur" gut 200 km vor uns, also habe ich damit gerechnet, gegen Mittag am Ziel zu sein. Das letzte Stück zieht sich allerdings ganz schön hin... Ab Urubamba häufen sich die Hotels, man merkt, daß hier Touristengebiet ist. Nach Ollantayambo hinein führt eine steile extrem grob gepflasterte Straße, selbst im Schritttempo ist es schwierig, hinaufzukommen. Ein Hostal liegt am Weg, da schau ich mal kurz rein; ich will noch überlegen. Bis zum Marktplatz ist es noch ein Stück, dann wird die Straße deutlich besser! Ich halte auf dem Platz und schaue mich zu Fuß um. Hier kann man Zugtickets kaufen, wenn die Bude offen wäre. Die "Eisenbahn-Avenue" führt anscheinend zum Bahnhof. Am oberen Ende der stark abfallenden Straße schaue ich mir noch ein Hostel an, das gefällt mir. Die Lisl darf im Innenhof parken, mein Zimmer liegt direkt über ihr und hat 2 große Fenster. Hier bleibe ich. Beim Auspacken vermisse ich meine Taschenlampe - die Gute; hat mich in USA 1,99$ gekostet! Dafür finde ich mein schrecklich vermißtes T-shirt von der Stahlratte wieder!!! Juhu!

Als erstes wird die Gegend erkundet und der Ausflug für morgen vorbereitet. Ich schlendere etwas durch den Ort, finde einige Andenkenläden und lande letztendlich auf einem großen Platz mit vielen Souvenirständen. Hier geht's auch zu einer archäologischen Stätte. Aus etwas Entfernung kann ich über die Mauer schauen - entlang vieler Terassen geht es anscheinend über steile Pfade und Treppen in die Berge. Wie weit, kann ich nicht sagen, aber der Touristenstrom zieht sich ganz schön weit hoch. Was kann man dort sehen? Als ich mich umschaue, sehe ich an einigen Bergen ringsherum Lehmgebäude - mitten im steilsten Berg! Ganz schön abgelegen. Nein, da muß ich nicht hinkraxeln - morgen Machu Picchu wird mir genügen. Am Eingang sitzt ein blinder Harfenspieler, dem höre ich eine Weile zu. Dann bekomme ich mit, wie eine alte Frau einem Herrn Kokablätter verkauft - sie hat noch ein Säckchen übrig. Das kaufe ich ihr ab; einmal muß ich das Zeug doch probieren!
Dann suche ich den Bahnhof. Die Bahnhofsstraße führt am Bach entlang in's Tal. Ganz unten, nach 10 min Fußmarsch, liegt der Bahnhof in einer Sackgasse. Die Zugverbindung gehört der gleichen Gesellschaft, die auch den Orient-Express betreibt. Es gibt einen großen Schalter mit 4 oder 5 Verkaufsstellen für die Tickets. Ich möchte gleich den  ersten Zug in der Früh nehmen, wann ich wieder zurückfahre weiß ich noch nicht. Das möchte ich drauf ankommen lassen. Also kaufe ich nur die einfache Fahrt, was den Spaß natürlich noch etwas teurer macht. Um 4:37 Uhr (!) muß ich am Bahnhof sein! Zurück zu meinem Hostel leiste ich mir ein Mototaxi / Tuktuk / Rikschabiene. Jetzt endlich habe ich Zeit für Mittagessen, es ist schon fast 4 Uhr nachmittags. Eine Pizza (Hawai) mit Inka-Kola!


An was muß ich noch an alles denken? Die richtige Kleidung, Schuhe herauskramen, Stöcke einpacken, Vesper kaufen und herrichten, Trinken nicht vergessen, Foto, Kamera, genügend Geld (der Eintritt ist bar zu bezahlen und teuer). Ah, Wetterbericht anschauen - der macht mich nicht wirklich schlauer. Regen / 19 Grad. Das wird eine kurze Nacht und ein anstrengender Tag morgen.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=iijwiaxgoytodbrx

Dienstag, 17. Dezember 2013

Endlich das erwartete Peru

Das Kopfkissen war schlecht - ich wache mit starken Kopfschmerzen auf, die mich den ganzen Tag begleiten werden. Das Wetter ruft nach draußen, so sind wir schon kurz nach 8 Uhr unterwegs. Die Baustelle ist mittlerweile ein ganzes Stück näher an den Ort gerückt. Wie lange muß ich denn heute warten? Schon wieder ist von 2-3 Stunden die Rede. Aber es gibt ein Einsehen. "Schon" nach einer halben Stunde darf ich los (die habe ich genutzt, um die Klamottenwahl zu korrigieren). Auf nagelneuer Straße und unbehindert durch Dieselstinker tingeln wir hinauf auf die peruanische Hochebene. Ich kann Euch nicht beschreiben, wie phantastisch es hier ist! Das muß man sehen und erleben! Wow!!! So ähnlich habe ich mir Peru vorgestellt!



Bis auf 4500 m muß sich die Lisl hochkämpfen. Ab 3000 m fängt sie an zu stottern, natürlich lasse ich ihr Zeit beim Beschleunigen, aber weiter oben ruckelt und zuckelt sie schon ganz schön schlimm. Wie kann ich ihr helfen? Den Luftfilter öffnen? Aber ich will auch keine Experimente machen. Sie muß einfach durchhalten. Bei einer Herde Alpakas mache ich eine Foto- und Pinkelpause. Immer wenn ich einen Schritt auf die Viecher zu mache, um sie zu fotografieren, laufen sie 2 Schritte weg. Schade, dann gibt's schon wieder kein Foto. Ich bin vielleicht 20 m gelaufen, mehr nicht. Als ich bei der Lisl zurück bin, schnaufe ich ganz schön! Mein Herz pumpert heftig und die Augen fühlen sich an, als ob ihnen bald schwarz würde. Langsam machen! Jetzt nehme ich doch den Luftfilterdeckel ab, ziehe noch einen Pullover an und dann kann's weitergehen. Obwohl ich nur dumm rumsitze und die Lisl schaffen lasse, muß ich auf meine Pumpe aufpassen. Ich glaube, hier paart sich Höhe und Sorge um die Lisl. Wer bei Sturm die Seekrankheit besiegt, der gewinnt auch gegen die Höhenkrankheit!!! Aber ich habe und kenne keine Pillen oder Mittel dagegen. Also kann ich nur den "Angstteil" versuchen zu reduzieren, indem ich mich zur Raison rufe und den Atem kontrolliere. Wenn ich das Gefühl habe, Sternchen oder Schwärze kommt auf, dann fokussiere ich meine Augen. So kommen wir ganz gut über'n Berg! Die Hochebene ist wahnsinnig ausgedehnt. Ewig rollen wir auf fast kerzengerader Straße dahin, manchmal zeigt sich ein schneebedeckter Gipfel. Auch ein paar wunderschöne Seen liegen zwischendrin, auf einem sind sogar Fischerboote zu sehen. Heute bekomme ich genügend Alpakas zu sehen. Es scheint 2 Sorten zu geben, die einen sind etwas kräfitger, untersetzt, haben eine herrlich kuschlige Wolle in ganz vielen Farben und tragen meist ein buntes Bändchen am Ohr. Die scheinen Haustiere zu sein. Die anderen sind schlanker, bewegen sich gazellenartig und können sich mit ihrer hellbraunen Farbe herrlich tarnen. Alle haben einen lustigen Gang, wenn sie rennen, sieht das urkomisch aus!
Ein paar Regentropfen erwischen uns, aber denen fahren wir schnell davon. Und dann gibt es tatsächlich ein klein wenig Neuschnee, zum Glück nur neben der Straße - habe ich das mit dem Glatteis gestern vielleicht doch nicht falsch verstanden?



Die Luftfilteraktion war leider für die Katz. Die Lisl stottert weiter. Sie patscht und hat Fehlhzündungen. Einmal fürchte ich schon, jetzt ist es aus. Keine Leistung, nur noch husten, es geht nicht mehr voran. Ich versuche alle Varianten: langsam anfahren, früh schalten, keine Leistung abverlangen; Vollgas geben; mit schleifender Kupplung und hoher Drehzahl anfahren, spät schalten, Drehzahl hoch halten. Vielleicht brennen bei hoher Drehzahl die Kerzen wieder frei? Tatsächlich scheint das die beste Strategie zu sein, auch wenn es mir in den Ohren und im Herzen schmerzt. Nach einiger Zeit bei hohen Drehzahlen wird das Ruckeln weniger. Aber ich muß die Taktik konsequent einhalten!

Hier oben sammelt sich also das ganze Wasser, dem wir in Form des Rio Lambrama durch eine wunderbare Schlucht folgen. Ich setze mich ein wenig an's Ufer und lasse mir die Sonne auf den Pelz brennen. Da platscht es heftig und ich sehe noch, wie ein paar Felsen von der senkrechten Wand abrutschen und in den Fluß stürzen. Auch auf der Straße wird vor Steinschlag gewarnt.
Jetzt sind wir schon den ganzen Vormittag unterwegs, aber die Strecke wird und wird nicht kürzer. Ursprünglich hatte ich gedacht, von Nazca bis Cusco in 2 Tagen zu kommen. Jetzt ist Abancay noch 40 km entfernt - aber als das Navi fertig gerechnet hat, kommt es auf 120 km (wenn es der Straße folgt). Von dort aus ist es noch eine Tagestour bis Cusco.

In Chalhuanca möchte ich eigentlich etwas essen. Weit und breit kein Restaurant - seltsam. Dafür finde ich einen hübschen Alpakaschal. In meiner Verzweiflung umrunde ich einmal den Marktplatz. Da gibt es so etwas wie eine Stadthalle, davor Sicherheitspersonal. Ich schau einfach mal rein. Das ist ja lustig! Da sind lauter Kleinküchen, davor ein Tresen und eine Bank. Man setzt sich an den Tresen und bekommt das Tagesessen. Lustigerweise ist das überall das selbe. Ich nehme Reis mit Linsen, Pommes und Huhn.
Als ich mich grade wieder reisefertig mache, spricht mich ein älterer Herr auf deutsch an. Carlos hat in Deutschland gelernt und den Industriemechaniker-Meister gemacht. Jetzt ist er Berufschullehrer und berät Schulen im ganzen Land. Sein Deutsch ist noch hervorragend! Wie er auf die Idee gekommen ist, ich könnte aus Deutschland sein? Nein, nicht die Nummerntafel hat in angesprungen, sondern Lisl's Name auf dem Windschild!

Plötzlich bin ich total müde. Die Lisl erholt sich beim Abstieg so langsam, unter 3000 m hustet sie nur noch selten. Die letzten 50 km bis Abancay verlaufen wie in Trance. Fast wäre ich eingeschlafen, wenn nicht auf einmal ein heftiger Wind durch die Schlucht heraufziehen würde. Mit dem müssen wir uns ordentlich auseinandersetzen.
Kaum bin ich im Hotel untergekommen, kümmere ich mich wie versprochen um die Lisl. Die Vergaser sehen super sauber aus, der Luftfilter wird wieder geschlossen, die Zündkerzen sind wie erwartet verrußt. Da spendiere ich ein paar neue, diesmal versuchen wir's mit japanischen.

Kaum fertig fängt es an zu regnen - das ist ein timing! Es gewittert, ein kurzer heftiger Regenguß setzt die Straßen unter Wasser. Frisch geduscht mache ich mich am Abend auf die Suche nach etwas Trink- und Eßbarem. Wenn Du hier in der falschen Straße suchst, wirst Du nichts finden. In einer Straße gibt es nur Kleidung, in der nächsten nur Installateure, dann nur Elektronik usw. Wohin? Zufällig lande ich in einem Markt, also so ein offener mit vielen Ständen. Das liebe ich ja. Hier giebt es eine ganze Straße lang nur Straßenküche an Straßenküche - natürlich bieten alle das Gleiche an. Ich versorge mich aber mit Backwaren, Käse, ein paar gebrannten Mandeln und Trinken. Jetzt kann ich schlemmen gehen!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=esffafafshwuhdlg

Montag, 16. Dezember 2013

Fantastischer Tag mit krassem Ende

Ausschlafen! Frühstücken! Tanken. Um 10 Uhr sind wir erst auf der Straße. Und dann verschlafe ich auch noch die Abzweigung - so sind wir erst gegen halb elf auf der richtigen Spur. Ich muß mich sputen - bis Arequipa gibt es keine größere Ortschaft und damit vermutlich auch kein Hotel. Und das sind weit über 300 km - bei kurvigster Strecke! Die Sonne scheint, es ist herrlich klares Wetter! Die Straße geht in die Berge. Kahle, wüste, steinige, krasse Berge. Kein Hälmchen oder Stängelchen wächst hier. Aber sie faszinieren mich! Das Susi-Lisl-Team hat freie Fahrt! Selbst die Polizei winkt und blinzelt uns mit der Lichthupe freundlich zu. Ach ist das herrlich! Ich rufe laut juhuuu und fange an zu singen. Als ich auf die Uhr schaue, stelle ich fest, daß gerade jetzt in Ingolstadt das Weihnachtskonzert meines Posuanenchors stattfindet. Und dann singe ich ihr Weihnachstlied einfach mit "Wir wünschen Euch frohe Weihnacht und ein gutes Neujahr!"
Eine so herrliche Fahrt hatten wir schon lange nicht mehr. Selbst in der ausgewiesenen "zona neblina" (Nebelzone) strahlt die Sonne. Aus den Augenwinkeln bemerke ich - als wir schon vorbei sind - einen Mann auf der Erde sitzen. Er ist in seiner erdbraunen Kleidung, dem dunklen Teint und den schwarzen Haaren sehr gut getarnt!

Meine Gedanken genießen auch mal wieder ihre Freiheit! Sie schweifen nach Aschbuch, der Heimat in der meine Tochter aufgewachsen ist. Wo sie geformt wurde. Wo sie ihre allerersten Freunde gefunden hat. Es ist schon interessant, nach welchen Kriterien man sich seine Freunde aussucht und vor allem , wie man mit und an ihnen wächst. Entweder, weil man von ihnen lernen kann, oder weil man Verantwortung für sie übernimmt. Oder Beides. Als ich aus meinen Gedanken wieder auftauche sind wir schon auf 2500 m Höhe angekommen. Wow!

Über 4000 m (genau gesagt 4125m) klettert die Lisl hoch - sie wird ja noch eine richtige Kletterziege. Na ja, ein wenig prusten muß sie schon beim Anfahren. Eine phantastische Hochebene dürfen wir jetzt lange Zeit genießen. Ein paar Kühe weiden auch und dann sehe ich meine ersten Alpakas in freier Wildbahn! Eine Gruppe von Tieren zieht über die Straße und tarnt sich dann im Büschelgras. Man kann sie wirklich schwer erkennen. Und sie halten Abstand, so kann ich leider keine guten Fotos schießen - schade.

Mir geht's sooooo gut!!! Ein Tropfen!? Tatsächlich. Und noch einer. Aber es ist ja nur eine kleine schwarze Wolke über uns - da vorn ist es schon wieder hell. Eisregen. Hagelkörner. Hinter der nächsten Kurve ein heftiger Schauer. Oh, da unten sind Gebäude, so weit kommen wir noch, dann brauche ich den Regenanzug. Es ist eine Mautstation - zum Glück finde ich einen überdachten Platz. Es gießt. Wir sind mitten in einem Gewitter! Ich warte ein Weilchen, aber es läßt nicht nach, im Gegenteil, die Wolken ziehen zu...und ich bin schon ziemlich naß. Also, dann halt fertig machen zum Tauchen! Inklusive Lenkerstulpen! (bitte nicht lachen!) An dieser Stelle muß ich mal eine Lobeshymne auf meine Stiefel anbringen. Das sind die ersten Motorradstiefel in meiner langen Laufbahn, die perfekt passen, nicht drücken, nicht schlappen und auch beim Laufen sehr bequem sind. Und sie sind wasserdicht! Wirklich!!! Das habe ich noch nie erlebt! Bei dem ganzen Regen und allen Wasserdurchfahrten bisher haben sie immer dichtgehalten - das will was heißen! Natürlich wird es auch in den Stiefeln kalt oder warm, aber gefroren oder naßgeschwitzt war ich bisher nicht. Sie haben große Steinschläge von meinen Schienbeinen abgehalten und gegen die seitlichen Hundeangriffe fühle ich mich total gut gewappnet. Kommt nur, ihr Hunde, da werdet ihr Euch die Zähne dran ausbeißen!
Keine 10 km weiter ist wieder alles trocken und die Sonne scheint. Aber die Montur bleibt jetzt an - schließlich ist es ganz schön kühl geworden bei knapp 13 Grad.

Kurz nach 14 Uhr komme ich durch Puquio. Ich registriere es nicht wirklich. Sonderbar ist, daß mir jetzt eine Menge LKW entgegen kommen, so als ob hier ein Nest wäre. So viele wie hier auf einmal sind mir den ganzen Tag noch nicht begegnet. Kurz darauf kommt eine lange angekündigte Baustelle. Wie gewohnt fahre ich an der Dieselschlange vorbei bis nach vorn. Es geht nichts voran. Der Polizei-Aufpasser kommt zu mir und übergießt mich mit Worten. Ich verstehe nichts. Aha, er kann auch langsam und ausländerfreundlich. Ich muß 2 Stunden warten - sagt er. Das glaub ich jetzt nicht! Das habe ich sicher falsch verstanden. Er will sich erkundigen, vielleicht können ja Motorräder doch durch? Nein, geht nicht. Aber er glaubt, es geht bald weiter. Übrigens hatte es gestern noch weiter oben schon Glatteis (ob ich das richtig verstanden habe???). Lange Rede kurzer Sinn, nach einer geschlagenen Stunde Warten ist das Gewitter jetzt endlich da. Die Dame vom Straßendienst behauptet, es dauert jetzt noch 2 1/2 Stunden. Jetzt reicht's mir! Ziemlich wütend schnappe ich die Lisl und drehe um. Es ist 15:30 Uhr, lange können wir heute sowieso nicht mehr fahren und es geht weiter hinauf bis über 4000 m. Die nächsten 150 km wird keine Ortschaft mit Hotel kommen. Es beginnt zu regnen. Also ist die einzige Wahl, in Puquio ein Hotel zu nehmen, falls es eines gibt.
Ich muß mich durchfragen, aber dann finde ich die Ortsmitte; und dort gibt es tatsächlich einige Hostels. Das erstbeste sieht im Vergleich zu gestern sehr sauber aus und kostet 30 Sol. Das nehm ich, auch wenn es kein Internet hat. Im ganzen Ort gibt es das nämlich nicht! Dafür fehlt diesmal die Klobrille. Aber man darf hier nicht so zimperlich sein.

Beim Ortsrundgang  erlebe ich einen kleinen Umzug hübsch gekleideter Mädchen, die von einer Kapelle begleitet werden. Eine Stunde später kommen sie dann an meinem Hotel vorbei. Die Bordsteine sind mal wieder kniehoch, da könnte man schon fast eine Treppe gebrauchen! Drei Straßen weiter spielen kleine Kinder Volleyball gegen eine Wand. Als ich nebenan die Auslagen anschaue, sprechen mich 2 von den Mädchen an. Wir führen eine kleine Unterhaltung: woher ich komme, wie ich hierhergekommen bin, was der Flug kostet und wie alt ich bin, wollen sie wissen. Manchmal kann ich mich schon fast ein bischen unterhalten!
Restaurants oder Straßenküchen finde ich nicht. Zu guter Letzt kündet ein Schild von einem Restaurant: eine Wellblechhütte, innen mit Folie verkleidet, 4 Tische, die Küche ist durch einen Vorhang abgetrennt. Es gibt das Tagesmenü Suppe und Reis mit Forelle (hier oben auf 3300 m ?!). Die Forellen sind höchstens 15 cm lang, aufgeklappt und durchfrittiert. Lustig.

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