Samstag, 18. Januar 2014

Perito Moreno Gletscher

Es ist schon ein herrlicher Platz, den wir da heute zum Zelten hatten. Die Lisl stand zwar ein Stück vom Zelt entfernt, aber dafür sicher und eben. Die Nacht war sternklar und kalt, aber mit 2 Schlafsäcken (ja, ich bin mittlerweile verfroren) konnte ich gemütlich schlafen. Im klaren Morgenlicht strahlt der See vor den Bergen im Hintergrund. Eigentlich könnte man es hier noch länger aushalten.
Da Pavel wohl noch ruht, besuche ich schon mal das Rangerhaus, um mir die geschenkte Eintrittskarte abstempeln zu lassen (das ist nötig als Beweis, daß man im Nationalpark genächtigt hat). Niemand da! Nur 2 Hunde bellen kräftig. Na gut, dann halt später, wenn ich abreise. Es ist ein schöner Spaziergang, der noch einige neue Ausblicke bietet.

Pavel reist ohne Kocher. Er ißt entweder kalt oder in seinen Unterkünften oder auf der Straße. Also gibt's heute für ihn höchstens Tee, denn Kaffee habe ich ja nicht dabei. Es ist ein gemütliches Frühstück unterm Baum. Dann wird gepackt und verabschiedet - Pavel wartet allerdings, bis die Lisl läuft, denn im Notfall hätte er schieben helfen wollen. Aber die Lisl startet heute auf den allerersten Drücker und läuft fröhlich und gleichmäßig auf beiden Zylindern! Ich glaube, sie hat vergessen, daß ihr als erstes 30 km Piste drohen. Nach 20 km biege ich links zum Gletscher ab, Pavel ist schon voraus und wollte auf der Piste bis nach Calafate fahren. Als ich einen kurzen Fotostop mache, kommt er überraschend dahergefetzt - die Piste war ihm landschaftlich zu langweilig. Wutsch, ist er vorbei - see you...!

Das mit der gestempelten Eintrittskarte funktioniert wunderbar! Wir fahren eine landschaftlich wunderschöne, kurvige Straße am Seeufer entlang Richtung Berge. Ein phantastischer Anblick ist das am frühen Morgen! Ja, hier gibt es auch Wald - Urwald. Klasse. Es ist eine Halbinsel, die bis zum Gletscher "Perito Moreno" reicht. Nach ca. 20 km ist Ende, hier muß man parken. Von da geht ein Shuttlebus den Berg hinauf zu einem Touristenzentrum. Hier wurden in den letzten Jahren eine ganze Menge Wege und Aussichtsplattformen gebaut, damit man den Gletscher möglichst nahe bestaunen kann. Es gibt auch ein Boot, das bis auf 300 m an den Gletscher heranfährt, aber die Wege hier bieten so tolle Aussichten, daß ich die Bootstour streiche. Der Gletscher fließt gegenüber der Halbinsel den Berg herunter und kalbt dann in den Lago Argentino, der genau an dieser Stelle mit dem Lago Brazo zusammenstößt. Manchmal (alle 15-20 Jahre) wandert der Gletscher bis an die Halbinsel heran und blockiert dann die Seen-Verbindung. Das Wasser frißt dann solange am Gletschereis, bis eine Brücke entsteht, die irgendwann einstürzt. Es kracht und knallt ordentlich in dem Gletscher, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Es kann noch so krache, ich sehe leider nur kleinere Eisbrocken abstürzen, obwohl die Gletscherzunge furchtbar zackig und rissig ist! Eigentlich sieht es hier aus wie ein Nagelbrett! Gestern ist wohl ein ordentliches Stück abgebrochen und hat eine große Eishöhle verschüttet - Pavel hatte das Glück und konnte alles fotografieren. Aber auch ohne daß etwas spektakuläres passiert, ist dieser Gletscher sooo beeindruckend! Auf der einen Seite interessante Zacken und Türme mit schwarzen Adern darin, auf der anderen Seite eine glatte weiße Wand, die sich in den See vorschiebt. Schätzungsweise 50 m ist die Eiswand hoch (die Gletscherdicke beträgt 700 m). Wenn ich mich recht erinnere, wandert dieser Gletscher am Tag 2 m!!! Kein Wunder, es kracht unentwegt. Ich habe viele Bilder gemacht, vermutlich immer wieder die gleichen. Aber ich liebe Gletscher! Besonders, wenn sie so phantastisch aussehen und zum Greifen nah sind.

Nach knapp 2 Stunden wird es grau, Nebel wandert über den Bergkamm von Chile her. Das Licht wird fahl und mir wird kalt, also tingle ich zurück zu meiner Lisl. Wir haben heute nicht mehr viel vor. Es gibt noch ein Eismuseum, die Lisl braucht Benzinfutter, ich frisches Wasser und dann könnte der Tag gelaufen sein. Wasser bekomme ich schon an der nächsten Brücke aus dem Gletscherfluß.

Das Eismuseum wirkt von außen interessant. Der Eintritt ist teuer (140 Pesos) und das Angebot enttäuschend. Überhaupt nicht zu vergleichen mit dem Eismuseum im Yukon. Es besteht aus vielen Informationstafeln, Filmen, Bildern und Reliefdarstellungen. Man erfährt Grundsätzliches über Schnee und Eis, wie ein Gletscher entsteht und "lebt", erhält einen Überblick über die Gletscher auf dieser Welt und kann dann zum Schluß noch einen kleinen Film über den Perito Moreno Gletscher sehen. Na ja, wäre ich nicht reingegangen, hätte ich vermutlich immer das Gefühl gehabt, etwas verpaßt zu haben. Immerhin haben sie freies WiFi, so daß ich meinen täglichen Blog einfach hier hochladen kann.

So, es ist 18 Uhr, schnell noch getankt (ohne Schlange) in El Calafate und dann weiter, diesmal Richtung Osten. Kurz vor der Tankstelle gibt es noch einen Schreck in der Abendstunde. Vor einer Schwelle muß ich kurz bremsen. Die Straße ist hier naß, vermutlich von der Straßenreinigung. Die Lisl rutscht aus, das Vorderrad rutscht bestimmt einen ganzen Meter. Zum Glück fängt das Hinterrad den Ausrutscher ab - ein guter Stolperer fällt nicht! Puh! Ich bin müde, graue Wolken verstecken die Sonne und es fängt wieder an, heftig zu winden. Also suche ich sofort nach einem Zeltplatz. Kurz hinter der Stadt nutze ich die Gelegenheit, in einen Feldweg Richtung See einzubiegen. Wir fahren nicht bis zum See, aber weit genug, um ihn zu sehen.
Wenn wir nach Chile wollen, dürfen wir keine frischen Lebensmittel dabeihaben. Also gibt es ein Reste-Abendessen, die Kartoffel wird zu Chips verarbeitet. Dann Wäsche waschen, spülen, gute Nacht!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=tuzvsdsrxydxupsf

Freitag, 17. Januar 2014

Wieder mal ist alles anders

Um 6 Uhr bin ich fit! Es war eine ruhige und relativ warme Nacht. Gerade als ich mal rausschaue, bricht nebenan auf dem Gelände ein großer Campingbus auf. Ich möchte früh in El Chalten sein, um alles zu sehen und zu genießen, was es dort gibt. Also verschiebe ich auch das Frühstück auf später - es sind ja nur ca. 2 h Fahrt. Punkt sieben Uhr bin ich unterwegs.

Im Morgenlicht ist die Landschaft noch viel phantastischer als gestern! Die Sonne wirft ihre ersten goldenen Strahlen über die Bergkante und die Wolken spielen auf der Erde Schattenspiele. Es it kalt aber wunderschön! Ich muß unentwegt anhalten und fotografieren. Auch Lamas (eigentlich heißen die hier Guanacos) gibt es wieder jede Menge. Manchmal stehen sie auf einem Kamm oder einer Kante und geben gegen den blauen Himmel ein herrliches Bild ab! Leider viel zu weit weg zum fotografieren. Die Schattenseite ist, daß die Tiere auf der Flucht oft im Zaun hängen bleiben und dort verenden. Sehr viele Skelette zeugen davon. Auf halbem Weg liegt ein kleiner See, eigentlich ist es nur eine Pfütze. Er ist jetzt am Morgen voll mit Flamingos. Die schneebedeckten Berge, auf die wir zufahren leuchten im Morgenlicht, natürlich verstecken sich auch ein paar in den Wolken. Zwei Gletscherzungen sind in der Ferne erkennbar.

Die Tanke öffnet um 9 Uhr (hab ich mir gestern gemerkt), wir sind kurz darauf da. Die Schlange ist noch nicht so schrecklich lange, 3 Autos vor mir steht ein Motorrad. Nach einiger Zeit kommt der Fahrer zu mir, er ist Brasilianer. Die Unterhaltung ist schwierig. Kuzrz darauf treffen seine zwei Gefährten ein, einer davon spricht sehr gut englisch. Die beiden wollen nicht tanken, sie habne eine "mobile Tankstelle" - nämlich der Typ, der vor mir in der Schlange wartet. Sein Moped ist ausgestattet mit Benzinkanistern.

So, zum Infozentrum. Es gibt zwei davon - das erste erzählt etwas über den Nationalpark und vermittelt Verhaltensregeln. Keine Broschüre oder Sonstiges. Das zweite verkauft Ausflüge. Auch nichts für mich. Ich bekomme so langsam heraus, daß man hier eigentlich nur wandern und dabei die Landschaft genießen kann. Der Ort ist voll von Wanderern und Radfahrern. Also eigentlich nichts für mich, anders als erwartet - ich lasse die Atmosphäre dennoch auf mich wirken. In einem Cafe gibt's jetzt Frühstück und Internet.
Eine Mail von Pavel, einem "Stahlratte"-Gefährten. Er ist in der nächsten Ortschaft, die ich ansteuere und will heute zum Perito Moreno-Gletscher. Da will ich auch hin. In diesem Moment entscheide ich, daß ich also El Chalten kurz fassen und mich nach El Calfate und dem Gletscher aufmachen werde. Es sind über 300 km, aber beste Asphaltstraße. Und die Lisl rennt! Aber nur, wenn sie anspringt. Ein neues Problem taucht auf - die Batterie ist leer. Anscheinend wird sie nicht ordentlich geladen und das häufige anhalten und starten hat sie leergesuckelt. Mist! Was kann ich noch tun, damit sie wieder geladen wird? Mir fällt nichts ein. Also hoffe ich mal, daß wir in diesem Zustand die Reise noch überleben können.

Die Fahrt nach El Calfate ist flott und entspannt. Ich kann die herrliche Landschaft in vollen Zügen genießen. Bei den häufigen Fotostops mache ich den Motor jetzt einfach nicht mehr aus. Außer der üblichen Geröllwüste mit etwas Gestrüpp gibt es hier jede Menge Seen und Flüsse. Sümpfe, ein paar Sanddünen und grüne Weiten. Und natürlich immer wieder Berge in der Ferne. Entweder flache von den Flüssen abgegrabene Felsen oder spitze schneebedecke Gipfel. Ich kann mich mal wieder nicht sattsehen. El Calfate selbst ist wieder mal ein Touristendorf. Teuer. Aber es hat was, ich spüre einen gewissen Flair. Es sieht sauber und adrett aus und hat sogar ein Straßencafe an der Hauptstraße. Nebendran ist der Supermarkt, in dem ich für das Abendessen Kartoffeln und Frischkäse kaufe. Ich nehme mal 2 Kartoffeln mehr mit, vielleicht treffe ich ja Pavel?

Und dann ab zum Park - es sind immer noch 70 km! Um 7 Uhr werde ich dort sein. Direkt am Gletscher sollen die Campingplätze sein. Mein Timing ist gut, am Parkeingang wedelt der Ranger schon mit den Eintrittskarten. Als er erfährt, woher ich komme, ruft er den englischsprechenden Kollegen zu Hilfe. 130 Pesos kostet der Eintritt (ich weiß). Und dafür darf ich im Park auf dem Campingplatz übernachten? Nein, der Campingplatz ist geschlossen. Wegen Vermüllung. Eine Welt bricht zusammen, schon zu Hause habe ich mich auf diesen Platz gefreut! Außerdem haben mir heute morgen 2 deutsche Motorradfahrer erzählt, daß man dort eine Nacht bleiben darf. Keine Chance! Aber "nur 30 km" von hier gibt es 2 sehr schöne Campingplätze, einer ist frei, der andere kostet etwas, hat aber dafür "full service". Sie sind 3 km auseinander.

Was bleibt mir anderes übrig? Ja, ich könnte nach 5 km an der Brücke direkt am Fluß wild zelten, aber was ist mit Pavel? Ich werde auf jeden Fall zu den Campingplätzen fahren. Piste! 30 km! Das dauert ja eine ganze Stunde?! Voller Zweifel was ich hier wieder für einen Quatsch mache, fahre ich zu. Die Piste ist ordentlich und ich kann sogar gelegentlich über 50 km/h fahren - ohne Rücksicht auf Verluste. Aber es zieht sich doch hin. Immer noch 6 km... Ups, da bin ich am Schild "freier Camping" vorbeigefahren. Zurück und reinfahren. Ein baum- und grasbewachsener leichter Hang erstreckt sich zum See hin. Ein paar Wohnmobile verstecken sich hier und da. Ich möchte einmal rumfahren, um dann den anderen Platz zu besichtigen. Als sich der Weg gabelt und ich kurz innehalte um zu überlegen, naht von hinten ein Motorrad. Pavel!!! Tatsächlich! Und er ist auch soeben erst eingetroffen!!! Das ist timing! Er muß direkt hinter mir gefahren sein! Er ist unschlüssig und möchte eigentlich einen vollen Service mit Laden und allem drum und dran. Ich habe alles was ich brauche. Ok, dann bleiben wir hier! Es gibt einen Tisch und Bank, dort setze ich gleich mal die Kartoffeln auf. Bis die Zelte stehen und alles ausgepackt ist, können sie garen. Wir haben viel zu reden (auch mit vollem Mund). Es schmeckt - die Mahlzeit wird mit Thunfisch und Wurst ergänzt, der Frischkäse mit Brühwürfel und Zwiebeln aufgepeppt. Zum Nachtisch gibt es Studentenfutter aus dem Laden mit der hübschesten Verkäuferin (sagt Pavel)! Pavel findet mit viel Müh und Not ein wenig Holz, aber das Feuer gibt nicht wirklich warm - wir sind im Gletscher-Nationalpark! Brrr.

Pavel will den "einfachen" Weg an der Ostküste nach Ushuaia nehmen, ich möchte gerne noch die "Torres del Paine" besichtigen, aber da muß ich wieder 50 km Piste hin und zurück fahren. Ob ich das wirklich mache, weiß ich noch nicht. Also werden sich unsere Wege morgen wieder trennen, vielleicht bis in Ushuaia?

Ich habe mir sagen lassen, 1 oder 2 Stunden für den Gletscher wären viel zu kurz - also stelle ich mich darauf ein, den ganzen Tag dort zu verbringen. Ich bekomme von einem Schwaben hier auf dem Platz eine Eintrittskarte geschenkt, die man angeblich noch einmal benutzen kann. Mal sehen...schließlich waren wir ja heute mit 420 km sehr fleißig!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=reknyujnemigvxfk

Donnerstag, 16. Januar 2014

Gestrandet - immer noch!

Es ist schade, daß ich jetzt 3 Tage kein Internet hatte. So könnt Ihr alle Geschichten auf einmal lesen und die schöne Spannung ist dahin... Falls Ihr hier angefangen habt, dann hört sofort auf und fangt da hinten (hier klicken) an!


Meine Theorie über den Wind hat diesem nicht standgehalten. Die ganze Nacht hindurch hat es gestürmt - von allen möglichen Seiten. Immerhin hat die davon abgeleitete Taktik gestern funktioniert. Ich bleibe so lange wie möglich im Zelt, aber irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Ich versuche, mir die Zeit zu vertreiben, bis endlich der Tankwagen kommt. Man weiß ja nicht, wann das sein wird.

Ich räume die Packsäcke komplett aus und entstaube sie. Dann wandern die Dinge, die ich eigentlich nie brauche nach unten und es wird neu sortiert nach den Kriterien "was geht mit mir in den Flieger" und "was fliegt mit der Lisl". Ich bin wohl schon in Endzeitstimmung... Gestern abend habe ich nochmal die Karte studiert - bis zum Ziel Ushuaia wird es noch ca. eine Woche dauern. Bis Buenos Aires zurück etwa drei. Ich muß mir noch den optimalen Rückflugtermin für die Lisl überlegen.
Der Wind hat stark nachgelassen, jetzt kann ich in Ruhe nochmal Lisls Ventile kontrollieren. Alles in Ordnung. Warten...
Ich setze mich etwas in's Cafe und spiele mit dem Laptop rum. Viele Leute kommen und gehen, auf einmal gibt es anscheinend leckeres Mittagessen, da bekomme ich auch Hunger. Eine Schnitzelsemmel mit Tomate und Salat. Da mir jetzt wirklich nichts anderes mehr einfällt, frage ich den jungen Tankstellenbesitzer, um welche Uhrzeit der Tankwagen denn käme. Freitag oder Samstag ist die schockierende Antwort! Heute haben wir Mittwoch! Und ich warte schon einen Tag! Das geht ja gar nicht!

Wütend und enttäuscht trolle ich mich in mein Zelt und vergieße ein paar Tränen. Was kann ich tun? Wie immer reagiere ich etwas hektisch und beschließe, nach El Chalten zu trampen um Benzin zu kaufen. Auf einer Straße, auf der alle Stunde mal ein Auto kommt. Meine Wertsachen werfe ich in den Tankrucksack, alles andere kommt raus. Eine Flasche Wasser wäre sicher auch nicht schlecht. Es ist fast 3 Uhr nachmittags, die Entfernung ist einfach etwa 130 km, ich weiß nicht, ob ich das heute auch wieder zurück schaffe. Vielleicht muß ich dort übernachten? Aber ich nehme nichts weiter mit. Doch, die Regenjacke - soeben fängt es an zu tröpfeln. Ich bin noch nicht ganz fertig und ziehe grade die Schuhe an, da erscheint mein Rettungsengel Marylyn. "Senora, senora" ruft sie. "Wir fahren nach El Chalten. Wollen Sie mit?" Wow! Ich werfe alles in's Auto (habe vergessen, die Wasserflasche zu füllen). Ob ich keinen Kanister hätte? Nein, den kann ich vielleicht dort kaufen? Marylyn und ihr Mann kümmern sich, ich soll doch  hier mal fragen. Die Tankstellenbesitzerin hat tatsächlich einen leeren 4-l-Reinigungskanister. Reicht nicht, aber ist ein Anfang.  Der Chef läuft mir hinterher, er hat noch einen "richtigen" Kanister mit 5 l. Super, 9 l - das kommt genau hin!

Im Touareg werde ich komfortabel nach El Chalten geschaukelt. Wir unterhalten uns eine zeitlang, aber dann gehen die Worte aus. Es regnet etwas stärker, der Himmel ist ziemlich bewölkt. Das ist schade, denn jetzt kommen wir dem bergigen Nationalpark näher. Die schneebedeckten Gipfel verstecken sich im grauen Nebel. Hoffentlich ist morgen schöneres Wetter, hier wollte ich sowieso herkommen. Auch wenn ich wieder umdrehen muß.
Etwa 1 km vor El Chalten steht ein blauer Metallcontainer mit integrierter Zapfsäule - eine mobile Tankstelle! Sowas hab ich ja noch nie gesehen. Eine lange Schlange steht davor - kein Wunder, hier sammeln sich alle, die in Tres Lagos nichts bekommen haben. Hoffentlich reicht der Sprit! Nach etwa einer Stunde sind wir an der Reihe. Meinen 4-l-Kanister will der Tankwart nicht füllen, weil er nicht sicher ist. Ich zeige ihm, daß ich dann das Benzin vom einen in den anderen Kanister umfüllen und nachfüllen würde. "Ruhig bleiben" sagt er und füllt beide Kanister. Ich werde mich direkt an der Ausfahrt an die Straße stellen und trampen. Als ich mich von meinen Rettern verabschieden will, sagt mir Marylyns Mann, daß hier eine Frau aus Tres Lagos sei - so verstehe ich es jedenfalls. Im Büro? Nein. Jetzt tankt ein alter Ford-Pickup, der Fahrer ist ein rundlicher Mann mit Datschkappe. Der wird nach Tres Lagos fahren. Und mich mitnehmen! Meine Touareg-Freunde haben mir sogar den Rücktransport organisiert! Alles geht so zügig und reibungslos - ich bin noch vor 7 Uhr abends zurück!!! Wer hätte das gedacht! So ein Glück im Unglück! Ich glaube, in Deutschland wäre so etwas nie passiert.

Sehr entspannt komme ich zu meinem Domizil zurück, tanke die Lisl auf und habe jetzt sogar noch Zeit für einen kleinen Abendspaziergang auf die Anhöhe hinter der Tankstelle. Eintritt verboten - aber ich kann ja kein spanisch... Es ist warm in der Abendsonne, der Wind ist fast vollständig eingeschlafen. Nur auf der Anhöhe weht eine leichte Brise. Einen schönen Ausblick über das Tal habe ich hier; Tiere kann ich leider keine entdecken. Lediglich an einer Böschung finde ich ein paar Höhleneingänge, ca. 20 cm hoch. Da muß ein Tier drin sein, es grunzt zur Warnung, aber blicken läßt es sich nicht.

Morgen geht's wieder weiter - nach El Chalten. Auf einer schönen Asphaltstraße und durch herrliche Landschaft. Ich freu mich drauf!

Mittwoch, 15. Januar 2014

Schneller als der Wind...

...will ich heute sein.  Ich habe eine Theorie - wenn der Wind thermisch bedingt ist (wie in der Sahara), dann könnte es sein, daß er nachts verschwindet und am anderen Tag erst auffrischt, wenn die Sonne stark genug heizt. Die Taktik dazu heißt: Wecker auf 5 Uhr stellen, in Windeseile packen und losfahren - vor dem Wind.

Ha! Die Nacht scheint mir recht zu geben, nach Sonnenuntergang flaut der Wind ab. Um 2 Uhr morgens allerdings, stürmt es eine kurze Zeit, jedoch aus der anderen Richtung. Ist meine Theorie doch falsch? Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Kurz rausschauen - Morgenrot im Osten. Aber es ist mir noch viel zu kalt und außerdem ist es ja noch nicht hell genug. Ich krabble nochmal für 20 min in den Schlafsack. Bis dann alles gepackt ist - Frühstück fällt heute aus - wird es doch halb sieben. Ein leichtes Lüftchen regt sich, EIN Vogel zwitschert. Die Lisl muß ich wachküssen - ach was, wachbrüllen! Sie läuft auf einem Zylinder - eine lange Warmlaufphase hilft überhaupt nicht. Der rechte Zylinder nimmt einfach kein Gas an. Auch kein heftiges Gasgeben; ab und zu blinzelt der zweite Zylinder mal, um sich dann wieder schlafen zu legen. Auf der Piste jage ich sie dann hoch, nach langer Zeit wacht sie endlich auf.

Die Piste ist nicht einfach, breit ja, aber der Kieselschotter ist tiefgründig und die Fahrspuren darin sind 20-40 cm breit. Dort ist der Untergrund fest und gut befahrbar. Also gut zielen und grade fahren! Es ist anstrengend.

Gegen 8 Uhr erwischt uns dann der Wind doch schon - viel zu früh! Der Wind drückt uns heftig aus den schmalen Spuren. Es schrecklich schwer, nicht im tiefen Kies wegzurutschen - in Schlangenlinien eiern wir gegen den Wind. Und dann fällt der rechte Zylinder wieder aus - manchmal. Lisl! Was soll das? Du Zicke! Ich muß das Gas portionieren können! Dies hier ist russisches Roulette. Gegen den Wind leicht Gas geben - auf einem Zylinder reicht nicht. Also viel Gas geben, dann macht der andere auch mit und wir schießen über das Ziel hinaus. Wie soll ich mit so einer Rosinante die Windböen besiegen???

Endlich macht die Straße eine Kurve, der Wind kommt von hinten, die Piste wird direkt gut - und Lisl rennt ohne Aussetzer! Du dummes Ding!

Der Pistenzustand ist recht unterschiedlich - tiefer Kies, festgefahrener Lehm, leichtes Waschbrett, etwas Sand, feiner Kies auf festem Untergrund, steinig. Wir haben auch viel Glück, oft kommt der Wind von hinten, da bemerken wir ihn kaum. Oder wir fahren durch Berge und sind dort windgeschützt. Gelegentlich erwischt uns der Wind auch auf einem leichten Pistenstück oder wir rutschen durch eine Flaute. Insgesamt ist die Windstärke aber geringer als gestern abend. Jetzt wird's abenteuerlich - wir müssen auf eine "Umleitung", nebenan ist die Straße im Bau. Jungs, das könnt ihr mir nicht antun! Das ist keine Piste, das ist auch keine Baustelle, das ist eine Zumutung! Da ist ja ein ausgewaschener Bergpfad besser!

Große Steine springen immer mal wieder hoch und treffen mich an den Füßen. Gute Stiefel! Da passiert mir nichts. He, Lisl, aufpassen! Nein, das ist kein Reifenfetzen, kein Karton, keine Mülltüte. Da kannst Du nicht drüberfahren - das ist ein junger Felsen! Ausweichen!!! Davon gibt's hier jede Menge! Regentropfen? Nicht der Rede wert. Aber Regentropfen! Genug, um den Staub auf der Brille festzukleben. Nach vier-einhalb Stunden sind 157 km Piste zu Ende - ein Bauarbeiter läßt mich auf die neue Asphaltstraße. Das Glück ist leider nur von kurzer Dauer - der nächste Arbeiter leitet mich wieder auf den Trampelpfad. So legen wir die letzten 30 km nach Tres Lagos im Wechsel zwischen gutem Asphalt und miserabler Piste zurück. Wir sind durch! Wie? Ein Stück Taktik, ein Stück Kampfgeist, ein Stück gute Umstände und ganz viel Glück!

In Tres Lagos gibt es eine Tankstelle und Asphalt! Denkste! Zur Ortschaft muß man auf eine 2 km lange, schlechte Piste abbiegen, die Tankstelle ist 1 km in die andere Richtung - von der Straße aus nicht sichtbar. Die Lisl bleibt kaum auf dem Seitenständer stehen, so zieht es hier. An der Zapfsäule wedelt ein Schild "kein Benzin"! Wir haben 475 km auf der Tankuhr. Was jetzt? Die nächste Tankstelle gibt es in 180 km (El Calfate)! Eine nähere? Ja, gibt es auch, in El Chalten. Da will ich sogar hin. 130 km! Normalerweise muß ich bei 550 km auf Reserve schalten, dann habe ich noch ca. 50 km im Tank. Könnte ganz knapp reichen! Kurze Mittagspause und dann auf Risiko nach Chalten!

Asphalt. Und weitere Regentropfen. Große, schmerzhafte, die vom Wind gepeitscht werden! Eine dunkle Wolke kommt uns entgegen; an der Tanke hat mir ein Holländer gesagt, sie hätten in El Chalten Regen gehabt. Typisch, daß es uns wieder mal erwischt. Und dann ist der Sprit aus - schon nach 6 km! Das reicht nirgends mehr hin außer zurück! Das mache ich dann auch, die Regenwolke lassen wir hinter uns. An der Tanke darf ich campen - ich suche mir ein Plätzchen im Windschatten des Gebäudes. Morgen soll Benzin geliefert werden, aber man (oder Frau) weiß nicht wann. Kann morgens sein, kann abends sein....gestrandet! 12 Uhr mittags.

Na gut, dann werde ich mal das Zelt aufbauen und dann nach der Lisl schauen. Strom gibt es wenigstens im Cafe der Tankstelle, aber kein Internet. Die gestern so gut reparierte Zeltstange bricht wie Glas - genau neben der reparierten Stelle! Jetzt sind wohl größere Arbeiten angesagt - aber Zeit habe ich ja. Ich baue um - die defekte Stange wird als Endstück verwendet - ich muß Gummizug, Führungshülse und Endnippel austauschen. Und dann irgendwie die Stange verlängern. Hier hilft wieder der Federdraht und viel Kaltmetall. Und das Blech einer Coladose - früher waren die mal aus Aluminiumblech, heute sind sie aus Blechpapier! Wie lange das wohl hält???

Nach einer gefühlten Ewigkeit steht das Zelt. Der Wind hat mehrfach gedreht und uns daher von allen Seiten verblasen. Er ist jetzt wieder sehr heftig geworden, es pfeift, Menschen können nicht aufrecht gegen den Wind gehen. Ein weiteres Windopfer ist meine Haarbürste, sie ist an der Strumfrisur zerbrochen.

Ok, jetzt ist die Lisl dran. Was könnte dem rechten Zylinder helfen? Kerze ist verrußt - sie wird gereinigt und die beiden Kerzen mal getauscht. Vergaser entleeren und alle Düsen reinigen. Die Schwimmerlagerung ist verrutscht. Probestarten? Läuft! Und nimmt das Gas an. Hoffentlich nachhaltig! Ah, Benzinkocher wieder zusammenschrauben - paßt. Jetzt bin ich fertig. Halb vier Uhr. Zeit zum Wäsche waschen und Blog schreiben.


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=piguvlgsrubhyepq

Dienstag, 14. Januar 2014

Tierisches

Die ganze Nacht donnert die Brandung und der Wind rüttelt am Zelt. Ich glaube, ich habe im "Windkanal" gezeltet, denn 100 m weiter, auf dem Zubringerweg, ist kein Wind zu spüren. Am Morgen zeigt sich, was die Schotterpiste gestern angerichtet hat, den Benzinkocher hat es zerlegt, seine Schutzhülle ist auch durchgescheuert. Ich habe jetzt keine Lust, ihn ausführlich zu reparieren, immerhin erzeugt er notdürftig zusammengelegt doch noch genügend warmes Wasser für meinen Kakao.
Die Lisl springt gut an, obwohl ihr das Laptop gestern viel Strom geklaut hat.
Der Wind kommt von hinten, so ist es angenehm zu fahren. In Puerto Moreno gibt es wohl so etwas wie einen Aldi, das Zeichen sieht sehr ähnlich aus. Der Name ist aber "Los Anonimos" - auf jeden Fall bekomme ich alles. Ebenso wie an der Tanke wieder Internet zu haben ist.

Ich habe den Eindruck, daß der Wind zugenommen hat, seit ich an der Tankstelle eingetroffen bin. Es pfeift und schüttelt überall. Ich habe schon Schwierigkeiten, die Lisl in die Senkrechte zu bekommen. Ob ich überhaupt losfahren soll? Vielleicht ist es ja morgen besser? Aber nein, jetzt kann ich nicht schon aufgeben! Durch Puerto Moreno hindurch ist alles im grünen Bereich. Ab dann haben wir unerwartet eine schöne Asphaltstraße. Der Wind bläst weiterhin von hinten oder schräg hinten, so spüren wir ihn überhaupt nicht. Die Lisl will rennen - aber über 90 lasse ich sie nicht. Wenn wir oder der Wind die Richtung wechseln, muß sie beherrschbar bleiben. So geht es erstmal zügig dahin.
Ich wollte mir die "Höhle der Hände" anschauen - ein Schotterweg zweigt von der Straße ab. Bis zur Höhle sind es einfach 30 km! Nach der Erfahrung von gestern fällt dieser Ausflug meinem mittlerweile verlorengegangenen (Über-)Mut zum Opfer! Ich kann ja zu Hause vom Sofa aus im Fernsehen schauen, was es dort zu sehen gibt...

 Dann biegt die Straße etwas mehr nach Süden ab und der Wind kommt von der Seite. Die Lisl muß schon ziemlich in Schräglage gehen. Es ist anstrengend, ich muß den Lenker ordentlich festhalten. Man glaubt gar nicht, was so eine "kleine" Leitplanke ausmacht - sie bietet dem Fahrwerk einen guten Windschutz. Jetzt muß ich auch noch auf diese Dinger aufpassen - fahren wir neben einer Leitplanke, richtet sich die Lisl auf, fahren wir aus dem Windschatten heraus, kippt sie sofort. Ich selbst merke die Veränderung nicht, der Wind zerrt weiterhin unverändert am Oberkörper. Eine Ortschaft mit Hotel ist angeschrieben, das möchte ich mir mal anschauen. 3 Häuser, eines davon sieht sehr gepflegt aus, davor parken einige Autos. Es ist das Hotel, aber eigentlich ist es nur ein kleiner Laden für die Touristen. Die Lisl parkt mit Mühe quer zum Wind, ich habe ziemliche Angst, daß sie umgeblasen wird. Es pfeift tierisch, die Bäume wedeln kräftig. Ich selbst habe Schwierigkeiten, aufrecht zu stehen oder gehen. Eine kleine Verschnaufpause gönne ich uns. Mist - der Reißverschluß zwischen Jacke und Hose geht auch schon kaputt!
Der Wind ist deutlich heftiger geworden - ob ich überhaupt noch weiterfahren soll? Ich versuch's mal. Aber zuerst wird der Windschild am Helm (und damit leider auch die Kamera) abmontiert. Sieht voll uncool aus, aber die Maßnahme wirkt: Kopf und Blick werden deutlich ruhiger, die Nackenmuskeln entspannen. Wieder haben wir Glück und Rückenwind. Natürlich geht das nicht ewig so, schließlich müssen wir ganz stark mit dem Seitenwind kömpfen. Manchmal bläst es die Lisl auf die Gegenfahrbahn und zeitweise gelingt es mir nicht, sie wieder herüberzuholen. Zum Glück ist wenig Verkehr. Obwohl wir manchmal nur gute 40 km/h fahren, ist die Fahrspur sehr schwer zu treffen. Lisl, jetzt mußt Du tapfer sein! Schau zu, daß Dein Motor zuverlässig läuft, Aussetzer können wir jetzt nicht gebrauchen! Genau da fängt sie an zu stottern!!! Schrecklich husten und spucken muß sie jetzt mal wieder - das ist bestimmt Wasser im Sprit! Pfui! Irgendwann erholt sie sich dann doch wieder. Alle auf der Karte verzeichneten "Ortschaften" sind einfach nicht existent. Bestenfalls steht da ein Haus, manchmal auch nur ein Stall. Einsamkeit!

Immerhin gibt es hier ein paar Tiere - Lamas sehe ich gelegentlich. Sie sind sehr scheu und sobald ich anhalte (falls möglich), rennen sie weg. Ein Zaun ist kein Hinernis, da springen sie elegnat drüber. Und sollte ich doch mal anhalten können und welche im Visier haben, dann kommt eine Bö...mit meinen kurzen Beinen kann ich die Lisl nicht aufrecht halten, ich brauche dazu eigentlich beide Hände. Zumindest eine. Mit der anderen versuche ich zu fotografieren, aber wie gesagt, die Bö bläst das Motiv aus dem Sucher.
Aus dem Augenwinkel sehe ich linkerhand am Straßenrand etwas flattern. Sieht aus wie eine Plastiktüte. Aber die gibt es hier nicht, der Wind hat schon lange aller verblasen. Außerdem wirkt es anders. Noch mal schielen, da bewegt sich noch mehr. Sind das Straußen??? Aber die gibt es doch hier nicht! Ah, Nandus vielleicht? Gibt es die denn hier??? Ich sehe heute noch mehr von diesen Vögeln und dann glaube ich es, es müssen Nandus sein. Sie sind zwar meist ziemlich klein, aber vermutlich sind das Junge. Ein größerer Vogel ist auch oft dabei. Fotografieren ist leider auch nicht, die Viecher sind auch scheu und schnell.
Ein andermal bewegt sich ein Stein. Was? Ein Stein, der laufen kann? Eine Schildkröte? Nein, dafür hat das Tier eine zu große Bodenfreiheit, zu lange Beine und einen längeren Schwanz. Das sieht ja fast aus wie ein Gürteltier? Das gibt's doch nicht. Umdrehen und nachschauen. Weg! Oder gut getarnt. Schade. Kurz darauf löst sich das Rätsel, auf der Straße liegt tatsächlich ein totes Gürteltier. Was es hier nicht alles an fremden Tieren gibt...

Das Ende der Asphaltstraße naht, ich habe Angst davor. Ich weiß nicht, wie ich den Seitenwind auf Schotter meistern soll. Keine Ahnung! Keine Taktik! Ihr könnt mir nur die Daumen drücken. Vielleicht ist der Wind ja vormittags schwächer? Direkt an der Abzweigung beginnt der Schotter. Ein kleiner Fluß mit ein paar Büschen fließt nebenher. Und da steht ein verfallenes Haus - eine Ruine, eine Müllhalde. Vielleicht bietet die etwas Windschutz? Na ja, ein ganz klein wenig, aber auch hinter den Mauern zerren Windböen an allem. Da der Boden betoniert ist, kann ich das ZElt nicht verankern, ich muß einfach alles Gepäck hineinlegen. Und jetzt passiert beim Aufstellen auch noch der Gau: eine Zeltstange bricht! Das hatte ich glaube ich in meinem ganzen Leben noch nicht! Und das trotz Aluminiumgestänge! Reparaturmittel? Habe ich dafür keine. Jetzt muß ich "McGuyvern". Erstmal die verrutschte Fährungshülse aus der angrenzenden Stange heruasbekommen. Draht liegt doch hier rum? Der erste ist zu dick, der zweite ist aus FEderstahl und läßt sich nicht biegen. Aber er funktioniert! Dann die Hülse mit 2-Komponentenkleber wieder in die zerbrochene Stange kleben, das abgebrochene (nicht ganz vollständige) Teil drüber und das ganze mit Isolierband fixiert. Den Stahldraht als Schiene innenrein schieben. Scheint zu funktionieren. Fragt sich nur, wie lange das hält - bei DEM Wind!

Es wird Zeit, die Reise zu beenden. Keine Ahnung, wie ich morgen weiter komme. Es gibt keine Alternative.



Montag, 13. Januar 2014

Keine Pistensau sondern Saupisten

Um 5 Uhr morgens geht die Sonne auf - ich noch nicht! Aber um halb sieben kann ich mich bequemen. Es ist noch ziemlich kühl - weit und breit keine Mücken zu sehen. Ich packe zügig. Sie erwischen mich bei den letzten Handgriffen - nix wie weg.
Als erstes muß ich die Baustelle meistern. Es geht auf eine rauhe Piste - da werden wir ordentlich wach gerüttelt. Das kurze Asphaltstück zwischendrin war nur Fake, es sind über 20 km Piste.

Ich bange um meinen Sprit - eventuell muß ich einen Umweg von zwei mal 70 km fahren, um in der nächsten Stadt Benzin zu bekommen. Mein Navi erzählt mir, in Rio Mayo (was auf meinem Weg liegt) gäbe es eine Tankstelle. Auf der Karte ist die Ortschaft genausogroß oder -klein eingezeichnet wie gestern das Haus mit dem Namen "Nueva Lubecka". Ich vertraue ihm trotzdem! Ein großes Monument erklärt Rio Mayo zur Landeshauptstadt von Irgendwas. Dann kommt erstmal nichts. Nach 2 km liegt im Tal eine kleine Ortschaft - immerhin hat sie etwa 10 Häuserblocks! Am Ortseingang schalte ich auf Reseve. Eine Kanone zielt auf die Ankömmlinge, direkt daneben thront ein Stadion. Dort scheint heute ein Pferdemarkt stattzufinden, überall stehen Pferde herum und etwas später erlebe ich auch noch ein Stück Pferdeumzug. Das Navi führt mich auf unergründlichen Sandpfaden tatsächlich zur Tankstelle. Keine Schlange. Und es gibt sogar Sprit! Und Internet. Und Geldwechsel. Und einen Kakao, ein Stückchen Kuchen und ein Sandwich für heute abend. Ich frage noch nach Wasser für meinen Vorrat, aber da lehnt die alte Dame ab. Erst als ich sage, ich bräuchte kein Trinkwasser wird sie spendabel. Sie weiß vielleicht nicht, daß ich aus dem Wasser doch Trinkwasser machen kann? Filtern oder/und abkochen.
Ausgeruht, gestärkt und gut gerüstet werfen wir uns jetzt in den Kampf mit der Piste. Laut Karte liegen gut 130 km bis Perito Moreno vor uns. Bei 40 km/h wird das 3-4 Stunden dauern, ich rechne, daß wir nach 4 Uhr nachmittags total kaputt dort ankommen. Die Piste ist schlimm. Ja, es gibt Schlimmeres, aber es ist grober, steiniger Untergrund und manchmal viele lockere, große Kieselsteine obenauf. Alles wird durchgeschüttelt - mein Kopf wackelt so sehr, daß ich oft nicht vernünftig sehen kann. Im Stehen soll es ja besser sein, also bin ich mutig und gehe in die Fußrasten. Meinem Kopf geht es tatsächlich besser, aber die Arme sind zu kurz und so stehe ich gebückt. Schultern, Rücken und Nacken sind verkrümmt, die Hände verkrampft. Meine mittlerweile langen Haare lassen keine kühle Luft an das Genick; trotz geöffneter Jacke wird mir ordentlich warm. Der Wind zerrt an den flatternden Hosenbeinen, zum Glück ist die Hose an die Jacke angeschlossen, sonst würde ich sie vielleicht verlieren. Windhosen! Schon bald brennen die Fußsohlen! Hinsitzen? Geht nicht und ist auch keine Erholung. Noch 100 km! Und morgen erwartet uns Ähnliches. Böse Zungen könnten jetzt lästern, das wäre ein "gutes Training" (sei still im Norden, Du hast es noch vor Dir!). In meinem Trainingsprogramm war "stehen" nicht vorgesehen - es enthielt nur täglich 10 Stunden "Bürostuhl-Sitztraining", was sich bisher erfolgreich bewährt hat. Noch 90 km! Gewöhn Dich dran! Trinken nicht vergessen. Oh, Wasser ist aus? Beim nächsten Durst muß ich wohl an die Aufbereitungsanlage. Wir eiern tapfer weiter.

Direkt nebendran verläuft eine nagelneue, schwarze, ebene, schlaglochfreie, kerzengerade Asphaltstraße! Kein Weg führt dorthin - zwischen uns liegt ein Kieswall, ein Graben und dann eine 1 m hohe Kiesböschung. Die Straße ist wohl nur zum Anschauen gemacht?! Ja, hübsch habt ihr die gemacht. Und nur weil die weißen Streifen noch fehlen laßt ihr uns nicht drauf?
Nach gut 40 km dürfen wir tatsächlich hinüber auf den Asphalt! Wie lange wohl? Wie heute morgen - nur ein paar Meter??? Nein! Die herrliche Asphaltstraße führt uns bis nach Perito Moreno! Ohne weitere Zwischenfälle. Welcher Straßengott hat uns heute wohl erlöst?

Es ist schon seltsam - einerseits dieser Wunsch nach Piste und Abenteuer, die Lästerei über "Asphaltfahrer", andererseits die Angst davor und die Freude über eine geschaffte Piste. Asphaltstraße ist bequem. Man kann genießen! Die Landschaft anschauen, Dinge erspähen. Das geht auf Piste nicht. Aber mit einer Piste gekämpft und sie besiegt zu haben, das macht glücklich! Kein Sturz! Aber total geschafft. Ich glaube, das schöne am Abenteuer ist nicht, mittendrin zu sein, sondern die vielen kleinen Siege die man täglich erringt. Sei es, eine Piste hinter sich gebracht zu haben, eine erfolgreiche Heilung der Lisl hinbekommen zu haben oder sonstige Unbill überstanden zu haben. Das macht stolz.

Jetzt sind wir schon sehr weit gekommen. Aber laut Karte ist in Perito Moreno nichts attraktives zu erwarten. Ein paar km westlich liegt ein großer See. Weil wir so früh dran sind, beschließe ich, dort nach einem hübschen Platz zu suchen. Die Straße ist weiterhin super - da packt mich der Rappel und ich entscheide mich, bis zur Grenzstadt Los Antiguos weiterzufahren. Morgen müssen wir zwar zurück, aber auf dieser Straße ist das ja ein Klacks. Der See heißt hier in Argentinien "Lago Buenos Aires", in Chile "Lago General Carrera". Auf der chilenischen Seite ist er als wunderschön beschrieben, aber auch als sehr schwer befahrbare Piste. Also möchte ich ihn wenigstens von hier aus mal anschauen. Lohnt sich, denn in der Ferne sehe ich wieder die schönen schneebedeckten Berge. Nicht mehr die öde Pampa!
Gleich am Ostende des Sees sieht es nach guten Campingmöglichkeiten direkt am See aus - behalte ich im Hinterkopf. Die Straße führt nochmal etwas vom See weg und jetzt spüre ich auf der Haut den Unterschied: ich fühle die trockene Hitze der Pampa, vorhin hat der kalte Seewind ordentlich durch die Jacke gepfiffen.

In Los Antiguos gibt es erstmal eine gründliche Polizeikontrolle - nebenher bietet mir ein nettes Mädel allerdings herrliche Kirschen zum probieren an. Es ist Fiesta in der Stadt und sie gibt mir ein Werbekärtchen über ihren Stand. Ich erwarte ein hübsches Touristendorf - die vielen Schilder vor dem Ortseingang haben immens viel versprochen. Ich lande auf der Uferpromenade, die ist wirklichg hübsch gemacht - zumindest auf der Seeseite. Auf der Landseite stehen ein paar Hütten (zum vermieten), dahinter Staubstraßen. Sicher gibt es einen hübschen Campingplatz, immerhin ist der "Camping municipal" auf einem hübschen Holzschild ausgewiesen. Anschauen; auf staubigem Boden steht Zelt an Zelt, Autos knattern zwischendurch, laute Musik und dafür soll ich 70 Pesos zahlen. Ne, danke. Da fahr ich nachher lieber wieder zurück an den See.
Restaurants oder Cafes sehe ich keine - sind aber beworben worden. Vielleicht in der Stadtmitte? Da komme ich aber nicht rein - wegen Pferdemarkt ist alles gesperrt. Na gut, dann schau ich wenigstens mal, wie eine argentinische Fiesta aussieht. Stand an Ständchen stehen die Verkaufsbuden die Straße entlang, das scheint ja auf der ganzen Welt gleich zu sein! Die dröhende Musik, die den Nachbarn übertönen muß, ist eine andere. Auch die Waren sind ein wenig anders - hier gibt es ausgehölte Kuhhörner, Teegefäße in tausend Arten, belederte Fahrtenmesser, Pferdezubehör (interessante Sättel, Steigbügel und Lassos) und eine Menge anderen Ramsch (Sonnenbrillen, Klamotten, Spielzeug...). Vom Ort selbst sehe ich nichts. Der Markt geht schon zu Ende, die Fressbuden haben kaum noch etwas - aber eine Portion frische Pommes und eine Cola (mein Lieblings-Notfall-gesundes-Mittagessen) bekomme ich grade noch.

Zurück. Am Ende des Sees führt ein kleiner Weg direkt ans Ufer, zwischen Hauptstraße und Ufer stehen noch ein paar kleine Bäume - ideal! Ich finde ein kleines Plätzchen neben dem Weg, das nicht bewachsen ist - allerdings muß ich die vielen losen Kieselsteine erstmal "wegfegen" (mit dem Schuh). Sonst schlafe ich heute Nacht nicht. Wellen rauschen - nein, wir sind nicht am Meer. Es kann auch keine Flut geben. Aber den Wind habe ich wohl unterschätzt - er bläst stramm! Das Zelt ist gut vertäut aber als ich reinkrabble, ist es total voll von feinem Sand. Der setzt sich überall rein - in den Schlafsack, den Waschbeutel, die Laptoptastatur...das kann ja heute noch heiter werden!
Mein Navi spinnt ein wenig, es hat heute den Track nicht ordentlich aufgezeichnet - keine Höhe oder Geschwindigkeit; aber nur auf den letzten 60 km. Aber es hat ja noch mehr Macken - Garmin soll nur warten, bis ich zu Hause bin. Dann müssen die mir Einiges erklären!

Noch ein philosophischer Gedanke zu meiner Reise... Ich bin beileibe kein Marathonläufer, aber ich stelle mir vor, daß es Langstreckenläufern ähnlich geht wie mir auf dieser Reise. Zu Beginn eilt und hetzt man, es ist ja schließlich ein Rennen - zumindest mit der Zeit. Dann wird alles ruhiger, ein Rythmus hat sich eingespielt, alles läuft von alleine, irgendwie. Und dann naht das Ende. Endspurt! Nochmal richtig Gas geben und alles herausholen! So fühlt es sich gerade an.


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=ogxgfjganzoigwin

Sonntag, 12. Januar 2014

Ab in die Pampa

Es ist warm heute! Die Jungs machen Frühsport - Lennart ist der Vorturner, die beiden Anderen müssen alles nachmachen. Sieht gut aus, wie die Zwanzigjährigen in der Sporthose gymnastizieren!
Meine Reparaturen scheinen erfolglos gewesen zu sein, die Lisl hustet weiter. Mit stotterndem Motor den etwas schwierigen Pfad von meinem Zeltplatz wegzufahren ist eine ganz schöne Herausforderung! Am Tankrucksack versagt ein Reißverschluß nach dem anderen. Ich gehe noch hoch zum Haus um zu zahlen, mich in's Gästebuch einzutragen und Auf Wiedersehen zu sagen. Claudia wird den Tag zu Hause ohne Trubel genießen, alle anderen sind im Aufbruch mit Pferden und Quad zu einem Badesee.

Erstes Ziel ist heute das nahe El Bolson. Tanken, Internet, Geld besorgen. Einkaufen? Die drei ersten Dinge klappen wie am Schnürchen, außer daß ich nicht so viel Geld bekomme, wie ich gerne hätte. Als ich losfahren möchte, spricht mich ein älterer Österreicher an - das übliche "woher, wohin". Ob ich immer auf der Piste bleiben würde, oder hier die Asphaltstraße nehme? Ob ich Probleme hätte? Ja, die Lisl läuft nicht ordentlich. Der Sprit hier enthält fast immer Wasser, meint er. Kann schon sein - die Lisl spuckt und hustet sich schrecklich durch die Ortschaft. Ich kann aber nichts machen - in den Vergasern war gestern kein Wasser zu sehen. Einzige Maßnahme ist, außerorts mal richtig Gas geben! Durchputzen. Die hohen Drehzahlen mag die Lisl - sie schluckt nur noch selten und hört schließlich ganz auf damit. Lisl rennt wie ein Wiesel! Lediglich im Stand oder bei niedrigen Drehzahlen ist sie noch ruppig - dann soll sie eben rennen, wenn ihr das lieber ist. Die Ladespannung scheint ok zu sein, zwar niedriger als bisher, dafür aber konstanter.

Die Seen- und Flußlandschaft weicht breiten Tälern. Die umsäumenden Berge sind oft noch schneebedeckt - ein wunderschöner Anblick. Die Lisl rollt und rennt - hier scheint es ihr gut zu gehen. So fressen wir Kilometer um Kilometer. Immer wieder erklärt ein großes Schild, daß die Falklandinseln (Malvinas) für immer zu Argentinien gehören! Hartnäckig. Von der Sierra kommen wir in die Pampa - die Berge werden flacher, hügeliger und verschwinden schließlich ganz. Bäume werden seltener, dann gibt es noch Büsche und schließlich nur noch ganz niedere Sträucher und Gräser. Kein Mensch, kein Tier sind zu sehen. Nur Straße und Autos.
Immerhin sind die Autofahrer hier erfreut über unseren Anblick. Sie geben Lichthupe, winken und zeigen den Daumen nach oben. Ganz das Gegenteil von Peru!
Viele "Amaroks" (geländegängiger Pickup von VW) gibt es hier! Mit diesem Fahrzeug liebäugle ich schon lange! Ob ich mir wohl einen mitnehme - so als Andenken?
Ach, und hordenweise begenen uns heute Motorradfahrer! Gut bepackt, große Maschinen. Ob die wohl einen Wochenendausflug in die Berge machen? Oder ob die alle zum Ziel der PD (Paris-Dakar) fahren wollen? Das müßte in etwa einer Woche oben im Norden von Argentinien sein.

Ich schaue schon eine ganze Zeit nach einem Nachtlager ohne etwas zu finden. Neben der Straße ist ein breites Kiesbett, dann beginnt die Pampa mit festen hügeligen Pflanzenpolstern. Und nach 20 m begleitet ein Zaun rechts und links die Straße - also keine Chance. Keine Nebenstraße, kein Feldweg...doch, hier geht es hinunter zu einem Gatter und der Sandweg ist eben und scheint nicht befahren zu sein. Das könnte brauchbar sein. Kaum hab ich den Helm abgenommen, da überfallen mich die Bremsen - riesige, bissige Viecher! Die haben mich bestimmt aufgefressen, noch bevor das Zelt steht - hier kann ich nicht bleiben!
Auf der Karte zweigt in wenigen km eine Nebenstraße ab, vielleicht ist dort ja was zu finden? Grober Kieselschotter empfängt mich. Und Lucas. Ein Motorradfahrer aus Kanada, der froh ist, daß diese Piste endlich ein Ende hat! In 160 km käme ein schöner Platz!! Es ist halb sieben abends und die Piste will ich ja gar nicht fahren! Also zurück auf den Highway. Ich fahre. Und fahre. Ich weiß gar nicht, was ich hier eigentlich tue oder erwarte, aber ich kann ja nichts anderes tun als weiterfahren. Vielleicht verschwinden die Flugviecher ja in der Nacht? Aber die Tage sind hier mittlerweile seeeeehr lang; so lang kann und will ich nicht mehr fahren. Zwei Ortschaften - sind auf meiner Karte verzeichnet. Keine Ahnung, was ich mir davon erwarte, aber bis dahin will ich durchhalten. Die Ortschaft besteht aus EINEM Haus, eingezäunt. Weiter.
Die Straße wird schlechter und zu guter Letzt ist eine Baustelle angekündigt. Direkt am Beginn steht eine verlassene Tankstelle (übrigens - mein Sprit wird ganz schön knapp!) mit großem ebenem Vorplatz. Egal, da bleibe ich jetzt!

Es ist eigentlich kein besonders attraktiver Platz. Genauer gesagt ist er scheußlich, vermüllt und stinkt! Auch hier fressen mich die Fliegen auf. Also, Mund und Augen zu und nur das Nötigste getan - Innenzelt ohne Unterlage! Das ganze Gepäck hineinwerfen und hinterherhechten! Aber diese Mistinsekten sind schneller - im Zelt ist es kaum besser als draußen. Immerhin habe ich jetzt meinen Waschbeutel mit dem Mückenspray; wollen doch mal sehen, wie das den Viechern schmeckt. Ich sprühe schnell das ganze Zelt von innen ein - wenige Minuten später habe ich Ruhe. Ich finde ein paar abgestürzte Mücken - also scheint das Zeug nachhaltig zu wirken. Vielleicht kann ich mich ja bei Dunkelheit wieder raustrauen?





http://www.gpsies.com/map.do?fileId=epblmzhiqnpvrynp