Sonntag, 27. Oktober 2013

Alles läuft schief!

Es hat die ganze Nacht gewittert und immer wieder hat Petrus die Schleusen weit geöffnet. Aber zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mich in meinem Zelt sicher gefühlt. Draußen sind Sturzbäche vorbeigelaufen und das Wasser ist in Strömen vom Zelt geschossen, aber drin ist (fast) alles trocken geblieben. Also hab ich mich in den Schlaf trommeln lassen. Und? Was passiert? Kaum eingeschlafen werde ich von einem sakrischen Schlag und einem Rütteln am Zelt wachgeschreckt! Was ist passiert? Nein, es ist nichts umgefallen. Auch im vorzelt ist alles in Ordnung. Die Lisl steht auch noch. Aber das Fußende vom Zelt ist eingedrückt - draußen läuft die Dusche...die Erklärung kommt also erst später. Es ist ein großer Ast auf mich gefallen! Das Zelt hat ihn zum Glück von mir ferngehalten und die Zeltstangen scheinen auch heil geblieben zu sein. Wieder mal Glück im Pech.
Natürlich ist nichts getrocknet - auch nicht die Sachen, die ich im Waschraum aufgehängt hatte.

Ich möchte mir die Ruinen anschauen, die sind etwa 5 km von hier. Dann möchte ich noch einen weiter weg liegenden Wasserfall anschauen und in der Stadt einkaufen und GEld vom Automaten holen - ich bin pleite. Also packe ich das Nötigste auf die Lisl und bin startklar. Aber die Lisl will heute nicht! Stufe um Stufe packe ich mich wieder aus - die L:sl will nicht. Also die Zündspule wieder zurückbauen? Oder vielleicht ist es die Zündbox? Kein Zündfunke zu sehen. Die Sachen liegen um mich verstreut - es fängt an zu regnen und ich versuche alles möglichst schnell irgendwie abzudecken. Die Jacke habe ich vergessen, die liegt mitten im Regen! Als es nachläßt hole ich sie und hänge sie in den Waschraum - aber bei diesem Wetter wird überhaupt nichts trockener. Die Zündspule wird zurückgebaut, dabei geht ein Zünkabel kaputt. Die sitzen so fest in der Spule, daß beim Rausziehen die angelöteten Kontaktkappen abreißen. Am anderen Kabel sitzt es schon locker, ist aber noch dran. Die abgerissene Kappe verliere ich auch noch! Ein einziges Erstatzkabel habe ich! Irgendwann gibt es eine Fehlzündung. Ich orgle weiter - sie läuft für 4 Züge, dann geht sie wieder aus. Die Batterie ist mittlerweile auch leer. Nach 1 kommt Hilfe in Form eines Autos mit Starthilfekabel. Es regnet. Die Lisl will nicht anspringen. Jetzt geht auch der Anlasser nicht mehr - gar nicht mehr. Dann doch irgendwann wieder. Aber was noch tun? Der Autofahrer will einen Mechaniker organisieren. Solange setze ich mich verzweifelt ins Restaurant und tue einfach gar nichts. Da sprechen mich 2 Männer vom Nachbartisch an, sie sind beim Frühstück. Sie wollen alles wissen - sind auch Motorradfahrer. Später stellt sich heraus, daß der Sohn vom Älteren eine 91er Paris Dakar fährt, also kennt er sich ziemlich gut mit dem Modell aus.
Die Lisl wird jetzt wenigstens mal unter ein Dach geschoben - es regenet. Die Beiden wollen mir helfen und ich erzähle, was ich schon alles gemacht habe. Wir machen nochmal alles. Sie bestehen darauf, den Elektrodenabstand der nagelneuen Original-Zündkerzen zu verringern. Quatsch. Bringt natürlich nix. Aber sie haben etwas getan. Übrigens, Oktoberund November sind die besten Reisemonate hier - dieser Regen ist nicht normal.

Seltsamerweise brennt auf einmal das Licht, obwohl es nicht eingeschaltet ist. Das übersehen wir mal geflissentlich.

Schließlich organisieren sie einen Mechaniker aus Palenque. Der kommt mit seinem Lehrling. Jetzt läuft die gleiche Prozedur zu fünft! Diesmal sind sicher die Vergaser schuld. Sie müssen gereinigt werden. Dabei wird der Schwimmer kaputtrepariert, weil der Mechaniker nicht auf die Schwimmernadel achtet. Ich machs lieber selbst wieder zusammen. Und die andere Seite müßte man ja auch reinigen!? Gut, ich bau die beiden Düsen aus. Nebenbei gibt es grade einen Kabelbrand an der Steckdose, den wir einfach durch entfernen der Sicherungen beheben. Es liegt bestimmt an den Vergasern! Man müßte sie ausbauen und total zerlegen - ohne natürlich Ersatzdichtungen parat zu haben. Selbst die Unterdruckmembranen werden verdächtigt.
Mit einer Fremdbatterie hat die Lisl jetzt tatsächlich ein paar Fehlzündungen. Irgendwann springt sie sogar an. Sie steht jetzt schon stundenlang im Trockenen. Der Mechaniker ist seelig und sieht sich bestätigt, es waren die Vergaser! Aber die Lisl springt nicht nochmal an, bzw. irgendwann doch, läuft aber unrund (was sie eigentlich im Standgas schon immer tut). Das liegt nur daran, daß wir den zweiten Vergaser nicht "richtig" gereinigt haben. Was aber noch fehlt, kann er auch nicht sagen. Irgendwann läuft sie und ich halte sie auf Drehzahlen. Ein Ladegerät gibt es nicht, er bringt auch keines her. Ich könnte ihm die Batterie zum laden mitgeben - aber da hab ich kein Vertrauen.
Alle verschwinden jetzt -sie läuft ja grade. Der Mechaniker bekommt 100 Pesos. Jetzt reicht mein Bargeld grade noch, um den Zeltplatz für diese Nacht zu bezahlen. Ich mach wieder die alten Kernzen rein und lasse die Lisl eine Zeitlang it erhöhter Drehzahl laufen, in der Hoffnung, daß das bis morgen für die Batterie reicht. Alle Werkzeuge und Ersatzteile werden wieder eingeräumt. Nix ist wirklich passiert - vielleicht hat sich ein wenige Wassern verflüchtigt.

Ich hab gefragt, ich darf mein Zelt auch unter das Dach stellen. Eigentlich ist das ein Haus, das vermutlich noch nicht fertig ist. Also werden die Sachen unter Dach gebracht - die Sonne scheint! Das Überzelt wird fast trocken. Die Unterlegmatte ist voller Drekc von den Wolkenbrüchen. Ich möchte sie waschen, aber Wasser gibt es erst am Nachmittag wieder. Also werfe ich sie kurzerhand in den Bach. Trocknen? Ist nicht. Muß jetzt auf Betonboden unterm Zelt trocken werden - in Sauna-Feuichtigkeit.

Jetzt ist erst noch die Isomatte dran, die ist seit gestern auch undicht. Das ist schon die Zweite! Im Pool suche ich lange nach einem Loch. Zu guter Letzt finde ich etwas an einer Naht. Wird sich heute Nacht zeigen, ob diese Reparatur erfolgreich war.

Es ist halb vier. Jetzt kann ich ja zu den Ruinen. Es gibt Sammeltaxis - eines nimmt mich mit. Um kurz vor 4 komme ich hin, um halb fünf schließen sie. Wirklich. Da kommen Angestellte und komplimentieren Dich hinaus. Der Versuch, einige wengie Fotos zu schießen ist auch nicht besonders erfolgreich - die Linse ist von innen beschlagen. Und dann ist die Batterie leer. Einige hundert Meter weiter ist noch ein Wasserfall, den nehme ich noch mit. Einheimische haben ihr Bad dort eben beendet. Ein Sammeltaxi bringt mich wieder zurück. Nichts ist irgendwie trockener geworden. Mein weißes T-shirt habe ich heut schwarz-repariert.
Während ich meine Sachen verräume, startet der nächste Wolkenbruch! Und bei der ganzen Räumerei ist eine Ladeschale für einen Foto verlorengegangen. Jetzt kann ich diese Batterien auch nicht mehr laden! DAs mit dem Bargeldmangel hat eine junge Engländerin mitbekommen, sie lädt mich zum Abendessen ein. Nett! Sie lebt im Himalaya und ist Autorin. Sie war schon mal in Mexiko - auch sie bestätigt, daß es total ungewöhnlich schlechtes Wetter ist!

Ob die Lisl morgen anspringt steht in den (unsichtbaren) Sternen - und ich habe keine Ahnung, wie ich weitermachen soll. Ratlos. Oder Radlos?

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