Samstag, 26. Oktober 2013

Die Tropen?


Es hat die ganze Nacht aus Kübeln geschüttet. Ich überlege, ob ich den ganzen Tag abschreiben und im Hotel bleiben soll. Aber hier gibt es nichts! Nichts zu tun, nichts anzuschauen, nichts zu essen oder zu trinken, einfach nichts. Um 8 Uhr morgens hört es plötzlich auf zu regnen.

Als ich das Hotel verlasse, regnet es wieder. Die Brille ist von außen und innen naß, ich sehe kaum etwas. Der Regen wird stärker und entwickelt sich wieder mal zum stundenlangen Wolkenbruch. Ich taste mich im Schneckentempo durch die Stadt, verlasse mich auf eine himmlische Orientierung und meinen Schutzengel. Irgendwann ist der Regen so stark, daß ich nicht mehr zwischen Fahrbahn und Flut unterscheiden kann, es geht durch knöcheltiefe Fluten, das Wasser steht überall. Die Fahrbahn ist so durchlöchert wie ein altes Sieb - in den Wasserdurchfahrten kann ich das aber nicht sehen und hoffe nur darauf, daß sich keine Überraschungen verbergen. Fotos gibt es hiervon nicht - obwohl die bestimmt spannend wären, weil der Foto möglichst wasserdicht vergraben ist. Nach fast 2 Stunden gibt es eine kleine Entspannungspause - der Regen hört mal kurz auf und auch die Autobahn hat streckenweise einen befahrbaren Belag. Leider hält die Ruhe nicht lange an, dann geht es mit warmen Regen weiter.
Gegen die dicken Regentropfen im Gesicht spanne ich die Lippen heftig an, das verringert die Schmerzen. Vielleicht ist es ja auch ein gutes "Trockentraining" für die ausgefallenen Posaunenchorproben? Vielleicht bleibt der Ansatz so erhalten?
In Villahermosa läuft mir ein McDonalds über den Weg - gut für einen warmen Kakao und eine Zwischentrocknung. Als ich absteige, trielt das Wasser aus allen Falten. Die angeblich 100% wasserdichten Taschen der Überjacke, deren Verschluß ich sogar durch Klettband noch verstärkt habe, sind randvoll mit Wasser - schöne Blasen! Um das Wasser herauszubekommen müßte man es absaugen, oder die Taschen umdrehen.
Was tun eigentlich die Einheimischen? Wer hat, der trägt Ostfriesennerz - bei den Zweiradfahrern auch häufig als Zweiteiler gesehen; wer nicht hat, trägt Müllsack!
Auch das größte Tiefdruckgebiet muß doch irgendwann ein Ende haben? Jetzt bin ich doch schon hunderte von Kilometern und Tage gefahren! Da muß doch auch mal Schluß sein!

Im dicken Regenguß hat auch die Lisl wieder angefangen zu stottern - ich hab ihr für heute abend eine neue Zündspule versprochen. Daraufhin hat sie sich zusammengerissen und ist weitergefahren.

Heimweh? Ja, ich geb's zu. Zum ersten Mal in meinem ganzen Leben! Ein neues Gefühl. Nicht schön. Jetzt kann ich ein wenig besser verstehen, was meine Katharina letztes Jahr in Irland erlebt hat.

In Palenque, meinem heutigen Ziel, gibt es angeblich Ruinen zu sehen. Die sind in einem Nationalpark hinter der Stadt; ab 16 Uhr kostet es keinen Eintritt mehr - welch ein Zufall, es ist kurz vor 5. Schon bei der Anfahrt haben sich die Hotels gehäuft, im Park selbst gibt es auch Hotels und sogar Campingplätze. Der erste sieht sehr verlassen aus, aber nach längerer Suche entdecke ich einen Mann hinterm Tresen des Restaurants. Er erklärt mir alles, sein Platz kostet 35 Pesos, bietet aber nichts außer Ruhe. Weiter oben gäbe es einen hübschen Platz für 70 Pesos, da wären auch öfters Touristen. Klingt gut, das schau ich mir an. Und ich bleibe dort. Es kostet 60 Pesos; ich bin der einzige Camper. Die anderen Bewohner verstecken sich in den Hütten. Ich finde einen einzigen Platz, der halbwegs trocken aussieht und mit Kies bedeckt ist. Endlich wieder im Zelt schlafen!!!

Jetzt lerne ich die Tropen kennen. Es ist schwül und das Wasser läuft mir den Rücken runter, obwohl es nicht regnet. Als das Zelt steht, kleben die Klamotten an mir! Als nächstes ist die Lisl dran - ich hab's versprochen. Sie bekommt eine andere Zündspule. Beim Ausbau finde ich noch eine andere möglich Ursache - die Anschlüsse der Zündkabel sehen nicht gerade besonders wasserfest aus. Das wäre dann die nächste Maßnahme... Zwischendrin fängt es mal wieder an zu regnen, aber das wird jetzt einfach ignoriert. Es wird schon dunkel als ich fertig werde; aber nur, weil schwarze Wolken die Sonne verstecken.

Es gibt hier ein Schwimmbad - na das muß ich natürlich ausprobieren! Beim letzten Tageslicht genieße ich das angenehm kühle Naß. Als ob ich heute nicht schon gnügend gewässert worden wäre. Badeanzug und Handtuch hänge ich zum Trocknen über die Lisl, dann packe ich ein paar Sachen ein und gehe zum Restaurant. Sie haben angenehm leise Musik und schummrige Beleuchtung. Es ist hübsch unter den Palmdächern. Auf einmal höre ich ein Rauschen - nein, es ist kein Wind. Eine heftige Dusche von Petrus - und ich fürchte, ich hab das Zelt offen gelassen! Aber da komme ich jetzt nicht hin! Das kann ja noch lustig werden nachher, bis ich alles "schlaftrocken" habe.

Ja, beide Zelteingänge waren offen - und ja, es hat toll hereingeregnet. Die Motorradhose ist klatschnaß - ich hänge sie über Nacht in den Waschraum. Wird schon keiner klauen. Die anderen Klamotten lagen obendrauf, die sind einigermaßen verschont geblieben. Die Isomatte schwimmt ja - eine gute Eigenschaft. Da muß ich heute nacht nur gut zielen, damit ich immer druaf bleibe. Im Zelt wird jetzt einmal "feucht aufgewischt" und dann muß es gut sein. Draußen blitzt und donnert es - das war bestimmt nicht der letzte Guß heute Nacht.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=oswjtelfbrukemxw

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