Samstag, 12. Oktober 2013

Kupferschlucht


<--- Bei dem Blick von der Brücke kriegst Du Angst!

Die Nacht war sehr kurz - höchstens 4 Stunden - und der Tag dafür sehr lang. Um 5 Uhr morgens hat mich das Taxi zum Bahnhof gebracht - die Lisl durfte unter wachsamen Augen weiterschlafen.
Ich bin rechtzeitig da und bekomme ein Ticket, daß die Abfahrt um 7 Uhr ankündigt. Wir fahren um 6 Uhr. Pünktlich. Ich habe eine Fahrt bis Creel kurz hinter der Kupferschlucht gebucht, Ankunft dort ist kurz vor 4 Uhr nachmittags. Es gibt mehrere Schaffner und Snackverkäufer und eine Menge schwerbewaffneter Sicherheitsbeamter mit schußsichere Weste an Bord. So lange es noch
dunkel ist und wir in der Ebene fahren, versuche ich, ein wenig Schlaf nachzuholen. Das langsame Wanken der Waggons hilft dabei ungemein.
Bislang hab ich vom mexikanischen Festland noch nichts gesehen, es war immer dunkel. Sobald es hell wird, werde ich überrascht von dem Grün um mich herum. Hier unten gibt es eine Menge Felder, die bestellt werden. Die Menschen winken, sobald der Zug vorbeifährt. Ich vermute mich schon fast im Regenwald, so wild sieht das Grün hier aus. Jede Menge blau blühende Schlingpflanzen, die alles bedecken und sogar die Telegrafenmasten inklusive Leitungen erobert haben. Die verschiedensten Kaktusarten, Aloen, Palmen, Bananenstauden - alles wild durcheinander. Und dazwischen mal wieder ein Maisfeld.

"El Chepe" - der Zug - rattert und knattert und rumpelt über die Schienen. Es kracht, knarzt und quietscht, besonders in den Kurven. Zwischen den Wagen kann man die Kupplungen sehen, die Übergänge sind im Freien. Des öfteren gibt es einen wahnsinnigen Schlag, grade so als ob eine ganze Schiene durchgebrochen wäre - oder es klingelt ganz hell und metallisch. Egal, der Zug fährt weiter. Um diesen Zug schon von Weitem hören zu können, mußt Du kein Indianer sein! Innen drin vibriert und schüttelt es, beim Laufen muß man sich durch die Sitzreihen tasten und festhalten, man schwankt wie bei starkem Seegang.
Zum Fotografieren gehe ich an eine Tür, die obere Hälfte ist offen und so kann man herrlich im Freien stehen. Breitbeinig, angelehnt, eine Hand zum Festhalten und die andere Hand am Auslöser - freihändig. Massenware. Mit einem Auge suchst Du das Motiv, mit dem anderen beobachtest Du den Zug, um die Lücke zwischen den Bäumen oder Böschungen rechtzeitig zu erkennen. Trotzdem: tausend Bilder und eine Million Bäume drauf.

Mit horrenden 40 km/h zockeln wir dahin. Oft bleibt der Zug stehen, um jemanden ein- oder aussteigen zu lassen. Diese Haltestellen sind eigentlich nur ein Betonbordstein im Urwald. An engen Kurven oder vor Brücken und in Tunnels geht's noch viel langsamer voran. Und dann wird es steil. In engen Kurven und Serpentinen kriechen wir mit 20 km/h bis auf 2300 m hoch! Immerhin schneller, als ich mit meiner Lisl auf den schwierigen Strecken war!
Weiter oben weicht der tropische Wald den Pinien, es hat jetzt angenehme Temperaturen. An den Ortschaften auf dem Hochplateau verkaufen die Einheimischen - oft Kinder - Obst und selbstgebackenes Brot an die Zuggäste. Von den Schienen direkt in's Abteil.

Die musikalische Berieselung im Zug hält sich erstaunlich in Grenzen. Und wenn etwas zu hören ist, dann dezent leise - ich hatte mich schon vor den Trommelfellkillern wie auf der Fähre gefürchtet. Interessant ist, daß nicht etwa Gitarren- und Trompeten-Musik, sondern Schifferklavier der Renner ist. Wenn der Gesang nicht eindeutig spanisch wäre, könnte man meinen, auf einer alpinen Skihüttn zu sein.

Pünktlich sind wir in Creel. Mein Ticket für die Rückfahrt soll ich morgen im Zug lösen. Creel hat so etwas wie einen Stadtkern und eine Hauptstraße mit Restaurants, diversen Geschäften und Andenkenläden. Es hat sich auf den Tourismus eingestellt - eine ganze Reihe Tourverantsalter (z.B. mit Quads) haben sich entwickelt. So etwas wie eine Touristeninformation suche ich allerdings vergeblich. Im Internet habe ich ein Hotel gebucht für 20 $; Taxis gibt es hier nicht. Aber eine Menge Hotelshuttels. Mein Hotel ist ca. 2 km weg, das mach ich zu Fuß. Bereits nach 200 m werde ich von so einem Taxi jedoch "abgeschleppt", der Fahrer meint, er hätte ein hübsches Hotel mitten im Stadtkern. Ich soll es mir ansehen und wenn es mir nicht gefällt, würde er mich zum anderen Hotel fahren. Es gefällt mir und ich kann ihn auf den gleichen Preis runterhandeln. Das Internet sagt mir, die Buchung sei gar nicht angekommen - auch gut!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lieber Kommentator,
wenn Du kein Konto hast oder angeben möchtest, dann wähle bitte "anonym" oder "Name/URL" (Du mußt keine URL angeben):