Montag, 28. Oktober 2013

San Christobal

In der Nacht habe ich kaum geschlafen. Alle 1-2 Stunden bin ich wach geworden. Die immer noch undichte Isomatte hat ein Übriges dazu gegeben. Heute muß es einfach weitergehen, also packe ich meine Sachen zusammen. Der letzte Sack bleibt noch unten, damit ich notfalls an die Batterie rankomme. Mein Motorradfreund von gestern - der Papa vom GS-Fahrer - verabschiedet sich. Als es soweit ist...die Lisl springt natürlich nicht an! Ich erkundige mich nach dem Kollegen mit dem Starthilfekabel, er hat versprochen heute hier zu sein. Ja, aber er kommt erst um 12 Uhr - jetzt ist es ca. 8. Also setze mich ins Restaurant und warte einfach! Nach etwa 1/4 Stunde sehe ich Roberto (GS-Papa) zurückkommen - sofort laufe ich rüber. Er hat Starthilfekabel geholt und ist extra für mich nochmal zurückgekommen! Die Lisl mag nicht. Wir laden sie ein paar Minuten auf, dann noch ein Versuch. Ein paar Patscher. Da kommt die Chefin und verjagt uns, denn hier wolle ja Leute schlafen, im Zimmer nebenan. Am Eingang des Zeltplatzes dürfen wir es weiter versuchen - allerdings nieselt es ein wenig und dort ist kein Dach. Komm, liebe Lisl, gib Dir einen Ruck! Ja! Sie läuft!!!! Nicht mehr ausmachen! Danke Roberto - Du bist mein Retter! Er freut sich, daß er mir helfen konnte; nennt mich "bullfighter" und gibt mir noch ein paar Tips auf den Weg. Die Straße ist glitschig, holprig und bergig. Und ich soll möglichst bis San Christobal fahren, bevor ich anhalte. Leider muß ich vorher tanken. Ja, ich kann vom Hof fahren und ich halte mein Mädchen auf Drehzahl.

Der nächste Wasserfall, Agua Azul und die Sumidero-Schlucht fallen den aktuellen Problemen zum Opfer. Der Plan ist, heute bis san Christobal in ein Hotel zu kommen und morgen nach Guatemala einzureisen. Noch etwa eine Tagestour weiter soll es einen BMW-Händler geben. Ob das gut geht? Ich bin mitten im tropischen Regenwald, es gibt herrliche An- und Ausblicke, aber ich habe dafür heute kein Gespür.
Ab und zu regnet es, aber ich kann den Regenkombi nicht anziehen, sonst geht die Lisl aus. Ich höre immer nur auf den unrunden Lauf der Lisl und kontrolliere die Batteriespannung. Ja, die steigt etwas. Gut. Als es wieder anfängt zu regnen, spuckt auch die Lisl wieder. Außerdem wird der Sprit jetzt sehr knapp. Auf den letzten Tropfen erreiche ich eine Tanstelle in Ocosingo. Hier taucht das nächste Problem auf. Heute ist Sonntag, da nehmen sie keine Kreditkarten. Für meine allerletzten 20 Pesos bekomme ich 1,6 l Sprit. Damit fahre ich in die Stadt. 2 Bankautomaten spucken heute nichts aus. Am Sonntag geht nichts! Ja, bei der Kirche ist eine besetzte Bank. Die würden auch Dollar wechseln. Ich finde die Bank an der Ecke. Nein, Kreditkarten nehmen sie nicht. Und wechseln tun sie auch nicht. Eine andere Filiale im Großmarkt auf der anderen Stadtseite könnte helfen.
Ich stelle mich in der Schlange an. Als ich dran komme läuft folgende Geschichte ab, sie dauert bestimmt 2 Stunden!

Kreditkarten? Nein die nehmen sie nicht. Ich soll an den Automaten gehen. 30 Dollar wechseln? Ja, das tun sie. Bitte den Ausweis. 3 mal wird mein Personalausweis von allen Seiten besichtigt, gescannt und in das System eingegeben. Der junge Mann tut sich sehr schwer, die richtigen Angaben zu finden. Dann die Bitte nach dem Pass. Der ist am Motorrad - gut vergraben. Ich hole ihn, dafür will ich dann 80 Dollar wechseln. Die gleiche Prozedur mit Paß. Eine zweite Angestellte hilft dem jungen Mann mittlerweile beim Abschreiben meiner Personalien. Vor der Kasse haben sich inzwischen 3 Helfer (Bankangestellte) zu mir gesellt. Nach dem dritten Paßdurchlauf werde ich um die Idendität einer weiteren Person gebeten, die mich identifizieren kann. Ein Witz? Nein! Einer der Angestellten holt jetzt seinen Ausweis und wir sind ab sofort Freunde. 3 maliger Durchlauf. Jetzt nennt mir der junge Mann den Wechselkurs - übrigens hat er die Dollarnaoten inzwischen aufs Peinlichste überprüft - und zählt die Pesos ab. Ja! Ich öffne meinen Geldbeutel. Ich werde zur Nachbarkasse gebeten. Das Spiel beginnt von vorn. Noch ein weiterer Angestellter mnuß seinen Ausweis herausrücken, bevor das System befriedigt ist. Aber das GEld kann ich noch nicht bekommen, denn das System hat sich aufghängt und die Dame hinter der Kasse kann den Wechselkurs nicht anzeigen lassen. Ja ist das denn die Möglichkeit!!?? Aber - irgendwann - es ist soweit. Ich bekomme 900 Pesos!!! Bar!
Damit eile ich zur Tankstelle - und bekomme mein Benzin! Jetzt regnet es.

Die schwarzen Wolken haben mich eingeholt - Regenmacherin! Es dauert nicht lange und es gießt, schüttet, kübelt! In kürzester Zeit fühlen sich Klamotten und Schuhe durchnäßt an. Ich taste mich die Straße entlang. Die Lisl stottert - irgendwann läuft sie tatsächlich nur noch auf einem Zylinder. Aber hier ist nichts und hier kommt nichts. Ein paar Bergdörfer. An den Geschwindigkeitsbarrieren muß ich immer sehr abbremsen, noch schlimmer, wenn ein Bus vorausfährt, der bleibt fast stehen. Das ist nichts für die Lisl, sie geht dann immer fast aus. Ich muß die Drehzahl hochschrauben und immer am Gas bleiben, zum Anfahren oder Gang hochschalten muß ich die Kupplung lange schleifen lassen. Und nun machen sich Einheimische das Vergnügen, Seile über die Straße zu spannen, um mich zum anhalten zu zwingen, damit ich ihre Waren kaufe. Das ist soooo schlimm! Ich bin wütend, schreie und hupe; aber nach 500 m kommt schon der Nächste. Und bis San Christobal sind es noch über 70 km!!!
Enge Kurven, Schlamm und Sand auf der Straße, oder Straße weg und steile Auffahrten müssen wir auf einem Zylinder und halb blind meistern. Irgendwann ist die Brille so beschlagen, daß ich gar nichts mehr sehe und sie einfach abnehme. Hoffentlich geht das gut. Jede Menge Stoßgebete wandern zum Himmel - kein Wunder, die sind hier alle so gläubig!

So stottern wir mit 20 bis 40 km/h voran. Natürlich dauert die Strecke so viel länger. Und ich hab nicht aufgepaßt. Als wir in Ocosingo weitergefahren sind, war es schon 16 Uhr. Und jetzt wird es schon dunkel. Naße Brille, dichter Verkehr mit Licht, die Lisl mühsam am Laufen haltend, so erreichen wir tatsächlich irgendwann San Christobal. Das erste Hotel wird genommen habe ich mir geschworen.
Gesagt, getan. Alles paßt. Sie nehmen auch Karten. Nur meine Beiden anscheinend nicht. Ich kann sogar in Dollar zahlen. Aber: keine Garage für die Lisl. Und ich hab's ihr versprochen! Also weiter in die Stadt mit ihrem chaotischen Verkehr. Aber die Lisl will nicht mehr. Sie geht immer aus. Und springt kaum noch an. Sieht auch nicht vielversprechend aus, was da vor mir liegt. Also wenden und zurückfahren. An der gleichen Ecke liegt noch ein Hotel - ja, sie haben Garage, WiFi und akzeptieren Karten. Die eine geht schon wieder nicht - ob die gesperrt ist? Die ander geht - zum Glück!
Die Garage stellt sich als überdachter Innenhof heraus - auch gut. Das Zimmer ist klein aber trocken, und kostet nur 250 Pesos. An der Ecke ist noch ein geöffneter Supermarkt - es gibt allerdings nur "gesunde" Sachen: Orangesaft, Chips, Kuchen, Joghurt. Aber wenn Du den ganzen Tag noch nichts gegessen und getrunken hast, ist alles gut!

Jetzt wird erstmal geschlafen und dann nachgedacht. So kann das nicht weitergehen! Der Plan mit Guatemala und der BMW-Werkstatt ist auf jeden Fall gestorben.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=prsanewvauqieahg



1 Kommentar:

  1. hei susl ... verfolge mit spannung deine reise . hoffe es geht wieder etwas reibungsloser voran .
    liebe grüsse und bussi hape

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