Dienstag, 17. Dezember 2013

Endlich das erwartete Peru

Das Kopfkissen war schlecht - ich wache mit starken Kopfschmerzen auf, die mich den ganzen Tag begleiten werden. Das Wetter ruft nach draußen, so sind wir schon kurz nach 8 Uhr unterwegs. Die Baustelle ist mittlerweile ein ganzes Stück näher an den Ort gerückt. Wie lange muß ich denn heute warten? Schon wieder ist von 2-3 Stunden die Rede. Aber es gibt ein Einsehen. "Schon" nach einer halben Stunde darf ich los (die habe ich genutzt, um die Klamottenwahl zu korrigieren). Auf nagelneuer Straße und unbehindert durch Dieselstinker tingeln wir hinauf auf die peruanische Hochebene. Ich kann Euch nicht beschreiben, wie phantastisch es hier ist! Das muß man sehen und erleben! Wow!!! So ähnlich habe ich mir Peru vorgestellt!



Bis auf 4500 m muß sich die Lisl hochkämpfen. Ab 3000 m fängt sie an zu stottern, natürlich lasse ich ihr Zeit beim Beschleunigen, aber weiter oben ruckelt und zuckelt sie schon ganz schön schlimm. Wie kann ich ihr helfen? Den Luftfilter öffnen? Aber ich will auch keine Experimente machen. Sie muß einfach durchhalten. Bei einer Herde Alpakas mache ich eine Foto- und Pinkelpause. Immer wenn ich einen Schritt auf die Viecher zu mache, um sie zu fotografieren, laufen sie 2 Schritte weg. Schade, dann gibt's schon wieder kein Foto. Ich bin vielleicht 20 m gelaufen, mehr nicht. Als ich bei der Lisl zurück bin, schnaufe ich ganz schön! Mein Herz pumpert heftig und die Augen fühlen sich an, als ob ihnen bald schwarz würde. Langsam machen! Jetzt nehme ich doch den Luftfilterdeckel ab, ziehe noch einen Pullover an und dann kann's weitergehen. Obwohl ich nur dumm rumsitze und die Lisl schaffen lasse, muß ich auf meine Pumpe aufpassen. Ich glaube, hier paart sich Höhe und Sorge um die Lisl. Wer bei Sturm die Seekrankheit besiegt, der gewinnt auch gegen die Höhenkrankheit!!! Aber ich habe und kenne keine Pillen oder Mittel dagegen. Also kann ich nur den "Angstteil" versuchen zu reduzieren, indem ich mich zur Raison rufe und den Atem kontrolliere. Wenn ich das Gefühl habe, Sternchen oder Schwärze kommt auf, dann fokussiere ich meine Augen. So kommen wir ganz gut über'n Berg! Die Hochebene ist wahnsinnig ausgedehnt. Ewig rollen wir auf fast kerzengerader Straße dahin, manchmal zeigt sich ein schneebedeckter Gipfel. Auch ein paar wunderschöne Seen liegen zwischendrin, auf einem sind sogar Fischerboote zu sehen. Heute bekomme ich genügend Alpakas zu sehen. Es scheint 2 Sorten zu geben, die einen sind etwas kräfitger, untersetzt, haben eine herrlich kuschlige Wolle in ganz vielen Farben und tragen meist ein buntes Bändchen am Ohr. Die scheinen Haustiere zu sein. Die anderen sind schlanker, bewegen sich gazellenartig und können sich mit ihrer hellbraunen Farbe herrlich tarnen. Alle haben einen lustigen Gang, wenn sie rennen, sieht das urkomisch aus!
Ein paar Regentropfen erwischen uns, aber denen fahren wir schnell davon. Und dann gibt es tatsächlich ein klein wenig Neuschnee, zum Glück nur neben der Straße - habe ich das mit dem Glatteis gestern vielleicht doch nicht falsch verstanden?



Die Luftfilteraktion war leider für die Katz. Die Lisl stottert weiter. Sie patscht und hat Fehlhzündungen. Einmal fürchte ich schon, jetzt ist es aus. Keine Leistung, nur noch husten, es geht nicht mehr voran. Ich versuche alle Varianten: langsam anfahren, früh schalten, keine Leistung abverlangen; Vollgas geben; mit schleifender Kupplung und hoher Drehzahl anfahren, spät schalten, Drehzahl hoch halten. Vielleicht brennen bei hoher Drehzahl die Kerzen wieder frei? Tatsächlich scheint das die beste Strategie zu sein, auch wenn es mir in den Ohren und im Herzen schmerzt. Nach einiger Zeit bei hohen Drehzahlen wird das Ruckeln weniger. Aber ich muß die Taktik konsequent einhalten!

Hier oben sammelt sich also das ganze Wasser, dem wir in Form des Rio Lambrama durch eine wunderbare Schlucht folgen. Ich setze mich ein wenig an's Ufer und lasse mir die Sonne auf den Pelz brennen. Da platscht es heftig und ich sehe noch, wie ein paar Felsen von der senkrechten Wand abrutschen und in den Fluß stürzen. Auch auf der Straße wird vor Steinschlag gewarnt.
Jetzt sind wir schon den ganzen Vormittag unterwegs, aber die Strecke wird und wird nicht kürzer. Ursprünglich hatte ich gedacht, von Nazca bis Cusco in 2 Tagen zu kommen. Jetzt ist Abancay noch 40 km entfernt - aber als das Navi fertig gerechnet hat, kommt es auf 120 km (wenn es der Straße folgt). Von dort aus ist es noch eine Tagestour bis Cusco.

In Chalhuanca möchte ich eigentlich etwas essen. Weit und breit kein Restaurant - seltsam. Dafür finde ich einen hübschen Alpakaschal. In meiner Verzweiflung umrunde ich einmal den Marktplatz. Da gibt es so etwas wie eine Stadthalle, davor Sicherheitspersonal. Ich schau einfach mal rein. Das ist ja lustig! Da sind lauter Kleinküchen, davor ein Tresen und eine Bank. Man setzt sich an den Tresen und bekommt das Tagesessen. Lustigerweise ist das überall das selbe. Ich nehme Reis mit Linsen, Pommes und Huhn.
Als ich mich grade wieder reisefertig mache, spricht mich ein älterer Herr auf deutsch an. Carlos hat in Deutschland gelernt und den Industriemechaniker-Meister gemacht. Jetzt ist er Berufschullehrer und berät Schulen im ganzen Land. Sein Deutsch ist noch hervorragend! Wie er auf die Idee gekommen ist, ich könnte aus Deutschland sein? Nein, nicht die Nummerntafel hat in angesprungen, sondern Lisl's Name auf dem Windschild!

Plötzlich bin ich total müde. Die Lisl erholt sich beim Abstieg so langsam, unter 3000 m hustet sie nur noch selten. Die letzten 50 km bis Abancay verlaufen wie in Trance. Fast wäre ich eingeschlafen, wenn nicht auf einmal ein heftiger Wind durch die Schlucht heraufziehen würde. Mit dem müssen wir uns ordentlich auseinandersetzen.
Kaum bin ich im Hotel untergekommen, kümmere ich mich wie versprochen um die Lisl. Die Vergaser sehen super sauber aus, der Luftfilter wird wieder geschlossen, die Zündkerzen sind wie erwartet verrußt. Da spendiere ich ein paar neue, diesmal versuchen wir's mit japanischen.

Kaum fertig fängt es an zu regnen - das ist ein timing! Es gewittert, ein kurzer heftiger Regenguß setzt die Straßen unter Wasser. Frisch geduscht mache ich mich am Abend auf die Suche nach etwas Trink- und Eßbarem. Wenn Du hier in der falschen Straße suchst, wirst Du nichts finden. In einer Straße gibt es nur Kleidung, in der nächsten nur Installateure, dann nur Elektronik usw. Wohin? Zufällig lande ich in einem Markt, also so ein offener mit vielen Ständen. Das liebe ich ja. Hier giebt es eine ganze Straße lang nur Straßenküche an Straßenküche - natürlich bieten alle das Gleiche an. Ich versorge mich aber mit Backwaren, Käse, ein paar gebrannten Mandeln und Trinken. Jetzt kann ich schlemmen gehen!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=esffafafshwuhdlg

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lieber Kommentator,
wenn Du kein Konto hast oder angeben möchtest, dann wähle bitte "anonym" oder "Name/URL" (Du mußt keine URL angeben):