Sonntag, 15. Dezember 2013

Nazca

Eigentlich wollte ich heute recht gemütlich die halbe Strecke bis Nazca abspulen. Mein nächstes Ziel ist Machu Picchu; in 4 Tagen habe ich dort ein Zimmer gebucht. Zeit genug zum ausschlafen - wenn mich nicht meine Homebase per Skype geweckt hätte. Also, wo ich schon mal wach bin, kann ich auch losfahren.

Es ist bedeckt und trüb. Wie auch gestern schon, fahren wir durch richtige Wüste. Ich verstehe nicht, warum hier nichts wächst - es sind doch alle Zutaten ausreichend vorhanden? Eigentlich liebe ich ja Wüste! Aber hier will der Funke einfach nicht überspringen. Ob das nur an dem vielen Müll liegt? Oder vielleicht daran, daß wir sie nicht wirklich "er"fahren und uns mit ihr auseinandersetzen müssen? Auf Asphalt durch die Wüste rollen ist wie fernsehen.
Die Autobahn ist 4-spurig und mittelprächtig befahren, d.h. wir können  mit ca. 90 entspannt dahinrollen. Die Spannung steigt, wenn eine Ortschaft naht, da ist extreme Vorsicht geboten, auch wenn die meisten Fahrzeuge einfach durchdonnern. Die Fahrspuren sind durch einen breiten, sehr tiefen Graben getrennt. Da es in den Ortschaften aber keine Ein- oder Ausfahrten, Brücken oder Kreisel gibt, müssen die Leute die Autobahn kreuzen. Mit dem Auto. Und dann ganz langsam in den Graben abtauchen. So lange steht das Fahrzeug praktisch auf der Überholspur quer. Auf der anderen Seite schießt es dann mit Schwung aus dem Graben, in dem der Fahrer vermutlich nichts sehen kann, und landet quer auf der Überholspur der Gegenrichtung. russisches Roulette.
Andere Späßchen des peruanischen Verkehrs ist z.B. die Hupe oder das Blinken. Gehupt wird immer. Während meiner Mittagspause bin ich davon aber fast verrückt geworden, da direkt vor dem Restaurant ein Taxistand war. Und Taxis hupen rythmisch (oder auch nicht) unentwegt, so lange, bis sich ein Fahrgast erbarmt und einsteigt. Dann wird nur noch gehupt, wenn der Taxifahrer einfädeln, überholen, Spur wechseln oder jemand grüßen will. Die linke Hand des Taxifahrers hängt immer zum Fenster heraus. Er unterhält sich oft gestenreich mit seinen Fahrgästen und nutzt dazu beide Hände. Sicherheitsbewußte Taxifahrer blinken beim Abbiegen, indem sie mal kurz mit den Fingern schnippen oder der Beifahrer den Zeigefinger herausstreckt. Bei meinen dürftigen Spanischkenntnissen, kann ich leider nicht unterscheiden, ob grade gesprochen wird, oder abgebogen werden soll.

Ich wollte einen kurzen Fahrtag machen. Und jetzt bin ich schon kurz vor Nazca. Dort sind berühmte Linien auf der Erde zu bestaunen. Wenn ich kurz vorher übernachte, kann ich mir die Linien morgen in Ruhe anschauen. Aber da ist nichts! Seit hunderten von Kilometern kein Hotel oder Hostel. Auch keine Tankstelle. Bestenfalls mal ein Restaurant. Und dann steht ein Schild da...hier sind wohl die Linien? Es ist nichts zu sehen. Eine Piste geht von der (mittlerweile wieder 2-spurigen) Hauptstraße ab, aber sie ist mit Steinen verbaut. Für uns ist das doch kein Problem! Wir fahren ein Weilchen die Piste entlang, aber weit und breit ist nichts zu sehen. Da gibt es eine Vertiefung, sieht aus, wie eine alte verwehte Fahrspur. Sieht auch nicht anders aus als die Piste. Also drehen wir um. Wenige hundert Meter weiter steht an der Straße ein Stahlgerüst - eine Aussichtsplattform. Nebenan ist die Wüste auf einige Meter mit Stacheldraht gesichert. Der Besitzer will 2 Sol, dafür bekomme ich eine sehr schöne Eintrittskarte. Von hier oben kann man tatsächlich 2 Zeichnungen erkennen. Sieht aus, als ob jemand mit einem Stock etwas in den Sand geritzt hätte. Aber vor Zwei-einhalb-tausend Jahren! Ob die Inschriften T+S in unseren Toiletten wohl auch so lange sichtbar sind???
Nochmal ein paar hundert Meter weiter ragen 3 kleine Gipfelchen aus der Wüste. Dort darf man hinfahren und hinaufgehen. Gemälde kann man keine erkennen, aber kerzengerade Linien, die sich bis zum Horizont erstrecken. Als ich wieder unten bin, laufe ich einem spanischsprechenden Pärchen mit Führer über den Weg. Ich darf zuhören, was der Führer erklärt. Im fliegenden Wechsel geht er jetzt zu englisch über und schickt seine beiden Touristen auf den Berg. Jefry ist ein peruanischer Charmeur (Typ "Skilehrer") und Touristenfänger. Er hat sein Netz ausgeworfen. Natürlich weiß er ein gutes und günstiges Hotel in Nazca, ca. 20 min von hier. Zufällig arbeitet er dort. Und am Abend könnten wir auf der Dachterasse ein Glas Wein trinken. Ob ich vielleicht auch eine Flugtour machen wollte? usw...

Nazca strotzt vor Hotels und Unterkünften. Die Qual der Wahl ist riesig, ebenso die Spannweite der Preise und Qualität. In meiner akzeptierten Preisklasse sind aber alle gleich; plus/minus 5 Sol. In Jefrys Hotel war kein Zimmer mehr für mich frei, so kann ich guten Gewissens in irgendein anderes Hostel einziehen.

Ich bin heute zu weit gekommen, jetzt muß ich mein Hotel in Machu Picchu umbuchen. Ich beschäftige mich etwas genauer mit dem Ziel und stelle fest, daß ich zu meinem Wunschhotel ja gar nicht hätte hinfahren können! Es scheint alles etwas kompliziert zu sein: man muß zwischen 2 und 4 Stunden mit dem Zug fahren, dann 20 min Bus bevor man bei den Ruinen ist. Die Tickets für Zug, Bus und Eintritt bekommt man an ganz unterschiedlichen Stellen und muß sie vorher schon besorgen. Zwischen Zug und Bus liegt Aguas Calientes, wo man übernachten kann. Aber was so lange mit der Lisl machen? Bleibt nur, die Tour an einem (langen) Tag zu schaffen und am nächsten Bahnhof zu übernachten. Das muß ich aber jetzt alles noch recherchieren. Außerdem bin ich unsicher, ob ich die Strecke in 2 oder in 3 Tagen schaffe, es scheint wieder mal sehr kurvenreich durch die Berge zu gehen. Warum kann ich nicht einfach drauflos fahren, wie ich es so liebe???

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=asrqcvvbzpqdkxoc

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lieber Kommentator,
wenn Du kein Konto hast oder angeben möchtest, dann wähle bitte "anonym" oder "Name/URL" (Du mußt keine URL angeben):