Mittwoch, 25. Dezember 2013

Von Allem Etwas - krass!

Gestern abend war ich leider nicht mehr in der Lage, den Tagesblog zu schreiben....


Nachts wache ich mit heftigen Halsschmerzen auf. Bis zum Morgen zeigt sich eine ausgewachsene Erkältung. Gestern war wohl die kälteste Temperatur mit 6 Grad. Es hat in der Nacht gewittert und anscheinend in's Zimmer hereingeregnet. Richtig bemerken tu ich das aber erst, als ich die Stiefel anziehe - im rechten Schuh steht eiskaltes Wasser. Und der Pullover ist auch feucht - was ich aber erst bemerke, als der Fahrtwind durch die Jacke weht. Ich friere. Die verschwollenen Augen tränen. Ich muß mich zwingen, die Schönheit der Landschaft wahrzunehmen: unendliche Weiten, schneebedeckte Berge, phantastische Felsformationen, grüne Flußtäler mit Alpakaherden. Aber es ist die letzte Chance. Ich werde das Altiplano heute verlassen.

Vor der chilenischen Grenze liegt der Sajama-Nationalpark. Ein Vulkan über 6500 m. Nur 7 km von der Hauptstraße entfernt sollen Seen und vor allem Geysire zu sehen sein - das muß ich sehen! Die breite Schotterstraße ist leicht zu finden. Mutig lege ich los. Aber schon nach kurzer Zeit zeigt mir die Lisl, wie weich der Untergrund ist - die eiert durch die sandigen Spurrillen. Langsam! Es ist anstrengend. Nach 4 km sind die in 3 km angekündigten Seen noch nicht zu sehen. Noch lange so weitereiern? Und dann spüre ich, daß ich nicht fit bin. Nein, ich drehe um.

Es ist ein seltsames, schwer zu beschreibendes Gefühl, was mir den ganzen Morgen immer wieder zu schaffen macht. Ich fühle mich ein bischen wie schwindelig, nein eher so, als ob ich neben mir stehen würde. Ich verliere die Kontrolle. Die physiche Susanne ruft dem Geist zu: "He, komm zurück! Du hast hier eine Aufgabe zu erledigen. Du kannst nicht einfach abhauen! Du mußt die Lisl dirigieren". Es ist ein langer und harter Kampf, mich immer wieder zu disziplinieren (wer mich kennt, weiß wovon ich rede). Ich versuche erfolglos, durch tiefes Atmen, die Sache in den Griff zu bekommen. Die Lisl gibt ihr Bestes, aber auch sie hat jetzt Schwierigkeiten. Wir klettern bis auf über 4600 m hoch und bleiben eine ganze Weile in dieser schwindelnden Höhe! Erst als wir wieder unter 4000 m sind, geht es uns beiden besser.

An der bolivianischen Grenze gibt es einige Offizielle und auch 2 Zollstationen, aber jeder schickt mich weiter. Na gut, dann fahre ich halt. Wir werden in Chile begrüßt - von großen Schildern. Einsamkeit. Bergwüste. Erst nach ca. 10 km liegt Chungara (besteht nur aus etwa 5 Gebäuden) in einer kleinen Mulde. Tatsächlich werden dort alle Grenzformalitäten abgewickelt, auch die bolivianische Ausreise. Wenn auch ein wenig umständlich und kompliziert. Der chilenische Zoll ist ja so was von genau - das habe ich auf der ganzen Reise noch nicht erlebt - noch nicht mal in den USA! Alle Packtaschen müssen durch das Röntgengerät. Ein Zöllner untersucht alle anderen Behältnisse (Tankrucksack, Futterkiste) an der Lisl. Es dürfen keine Früchte oder frischen Lebensmittel eingeführt werden - eine vergessene Gurke, ein geklautes Aloeblatt und ein halbes Glas Honig fallen seiner Genauigkeit zum Opfer. Den Käse darf ich behalten, das ganze Koka-Zeug interessiert ihn überhauüt nicht. Dafür ist die Einfhr der Lisl einfach, dieser Zöllner fährt selbst Motorrad und zeigt mir stolz Bilder davon.

Die vor uns liegende Straße heißt "Wüstenroute". Sie beginnt auf 4600 Höhenmeter an einem See, an dem auch rote Flamingos wohnen. Sie beginnt mit naßer Straße und Hagelregen. Ich habe alles an, was machbar ist; ich kann mich kaum bewegen. Hier oben haben die angeblich so guten chilenischen Straßen ernstzunehmende Schlaglöcher. Sie sind riesig und vor allem sehr tief, sie könnten den Tod für Räder, Reifen oder andere Teile bedeuten. Also - aufpassen! Zum Glück hält sich der Verkehr (es gibt nur ein paar LKWs, keine anderen Fahrzeuge) in Grenzen, so daß wir fast immer Platz zum Ausweichen und Anhalten haben. Anhalten zum Fotografieren muß ich hier öfters - die Landschaft verändert sich schnell und es gibt so phantastische Ausblicke! Jetzt verstehe ich den Straßennamen - es geht durch trockene kahle Berge. Trockentäler. Spannende Schluchten. Und dann sehe ich Sand - die gesamten Berghänge bestehen aus Dünensand. Irgendwo muß tief unten ein fester Untergrund vorhanden sein, denn schließlich führt die Straße durch diese Dünenlandschaft. Je tiefer wir kommen, umso grüner wird es. Von oben ist ein kleiner grüner Streifen zwischen den Dünen zu sehen. Dann wird er breiter, wir tauchen hinein. Es ist sonderbar, auf der einen Seite grüne Felder und Palmen zu sehen und auf der anderen Seite von totaler Sandwüste begleitet zu werden.

Nach etwa 130 km mit 4600 m Höhendifferenz erreichen wir Arica gegen 18 Uhr abends. Es ist noch hell, die Tage sind hier wieder länger. Nach was suche ich jetzt eigentlich? Ich wollte mir ein nobles Hotel gönnen, zu Weihnachten. Andererseits habe ich mir vom Christkind einen schönen Zeltplatz gewünscht. Im Navi habe ich ein Hotel gefunden, zu dem es mich führen soll. Am Strand finde ich ein paar Leute, die gerade ihr Wohnmobil beladen - die frage ich nach einem Zeltplatz. Ja, wenig weiter nördlich soll ein hübscher Platz sein. Anschauen kostet ja nichts. Direkt am Strand - ein Stück außerhalb der Stadt finde ich ein "Hostel"-Schild. Sieht seltsam aus. Als ich durch die Hoftür spicke werde ich von Eugen auf deutsch angesprochen - ja, das ist auch ein Campingplatz. Eher eine Baustelle. Aber ich bleibe. Endlich wieder mal zelten! Ob ich noch alles finde? Und alle Handgriffe beherrsche? Na ja, die Isomatte bleibt immer noch platt....
Ein einsamer, weihnachtsabendlicher Spaziergang am Pazifik; Sonnenuntergang; Füße im Wasser...sehr schön!

Die Suche nach etwas Essbarem ist wenig erfolgreich - wegen Weihnachten haben die beiden Restaurants hier geschlossen. Fernando, der Campingplatzesitzer, der inzwischen auch eingetroffen ist, meint, ich könnte am Weihnachtsessen teilnehmen, das ein paar Leute hier zubereiten. Es wird spät, bis es soweit ist, aber das Essen ist fein: Lachs, Gemüse, Salat, Takos. Und Wein. Als der Weißwein aus ist, gibt es getarnten Rotwein aus der 3 l Colaflasche. Fernando mag ihn nicht so, aber ich glaube, der schmeckt sowieso nichts mehr - er ist schon ziemlich voll und außerdem ordentlich stoned! Es ist eine kleine nette Gruppe: Fernando, Eugen (der seit 9 Jahren mit dem Jeep unterwegs und zwischen Chile und Argentinien hängengeblieben ist), ein holländisches Ehepaar mit Wohnmobil auf mehrjähriger Weltreise, ein einheimisches Paar und eine junge amerikanische Famile (Emily, Adam und die kleine Coco). Es wird spät...



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