Donnerstag, 16. Januar 2014

Gestrandet - immer noch!

Es ist schade, daß ich jetzt 3 Tage kein Internet hatte. So könnt Ihr alle Geschichten auf einmal lesen und die schöne Spannung ist dahin... Falls Ihr hier angefangen habt, dann hört sofort auf und fangt da hinten (hier klicken) an!


Meine Theorie über den Wind hat diesem nicht standgehalten. Die ganze Nacht hindurch hat es gestürmt - von allen möglichen Seiten. Immerhin hat die davon abgeleitete Taktik gestern funktioniert. Ich bleibe so lange wie möglich im Zelt, aber irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Ich versuche, mir die Zeit zu vertreiben, bis endlich der Tankwagen kommt. Man weiß ja nicht, wann das sein wird.

Ich räume die Packsäcke komplett aus und entstaube sie. Dann wandern die Dinge, die ich eigentlich nie brauche nach unten und es wird neu sortiert nach den Kriterien "was geht mit mir in den Flieger" und "was fliegt mit der Lisl". Ich bin wohl schon in Endzeitstimmung... Gestern abend habe ich nochmal die Karte studiert - bis zum Ziel Ushuaia wird es noch ca. eine Woche dauern. Bis Buenos Aires zurück etwa drei. Ich muß mir noch den optimalen Rückflugtermin für die Lisl überlegen.
Der Wind hat stark nachgelassen, jetzt kann ich in Ruhe nochmal Lisls Ventile kontrollieren. Alles in Ordnung. Warten...
Ich setze mich etwas in's Cafe und spiele mit dem Laptop rum. Viele Leute kommen und gehen, auf einmal gibt es anscheinend leckeres Mittagessen, da bekomme ich auch Hunger. Eine Schnitzelsemmel mit Tomate und Salat. Da mir jetzt wirklich nichts anderes mehr einfällt, frage ich den jungen Tankstellenbesitzer, um welche Uhrzeit der Tankwagen denn käme. Freitag oder Samstag ist die schockierende Antwort! Heute haben wir Mittwoch! Und ich warte schon einen Tag! Das geht ja gar nicht!

Wütend und enttäuscht trolle ich mich in mein Zelt und vergieße ein paar Tränen. Was kann ich tun? Wie immer reagiere ich etwas hektisch und beschließe, nach El Chalten zu trampen um Benzin zu kaufen. Auf einer Straße, auf der alle Stunde mal ein Auto kommt. Meine Wertsachen werfe ich in den Tankrucksack, alles andere kommt raus. Eine Flasche Wasser wäre sicher auch nicht schlecht. Es ist fast 3 Uhr nachmittags, die Entfernung ist einfach etwa 130 km, ich weiß nicht, ob ich das heute auch wieder zurück schaffe. Vielleicht muß ich dort übernachten? Aber ich nehme nichts weiter mit. Doch, die Regenjacke - soeben fängt es an zu tröpfeln. Ich bin noch nicht ganz fertig und ziehe grade die Schuhe an, da erscheint mein Rettungsengel Marylyn. "Senora, senora" ruft sie. "Wir fahren nach El Chalten. Wollen Sie mit?" Wow! Ich werfe alles in's Auto (habe vergessen, die Wasserflasche zu füllen). Ob ich keinen Kanister hätte? Nein, den kann ich vielleicht dort kaufen? Marylyn und ihr Mann kümmern sich, ich soll doch  hier mal fragen. Die Tankstellenbesitzerin hat tatsächlich einen leeren 4-l-Reinigungskanister. Reicht nicht, aber ist ein Anfang.  Der Chef läuft mir hinterher, er hat noch einen "richtigen" Kanister mit 5 l. Super, 9 l - das kommt genau hin!

Im Touareg werde ich komfortabel nach El Chalten geschaukelt. Wir unterhalten uns eine zeitlang, aber dann gehen die Worte aus. Es regnet etwas stärker, der Himmel ist ziemlich bewölkt. Das ist schade, denn jetzt kommen wir dem bergigen Nationalpark näher. Die schneebedeckten Gipfel verstecken sich im grauen Nebel. Hoffentlich ist morgen schöneres Wetter, hier wollte ich sowieso herkommen. Auch wenn ich wieder umdrehen muß.
Etwa 1 km vor El Chalten steht ein blauer Metallcontainer mit integrierter Zapfsäule - eine mobile Tankstelle! Sowas hab ich ja noch nie gesehen. Eine lange Schlange steht davor - kein Wunder, hier sammeln sich alle, die in Tres Lagos nichts bekommen haben. Hoffentlich reicht der Sprit! Nach etwa einer Stunde sind wir an der Reihe. Meinen 4-l-Kanister will der Tankwart nicht füllen, weil er nicht sicher ist. Ich zeige ihm, daß ich dann das Benzin vom einen in den anderen Kanister umfüllen und nachfüllen würde. "Ruhig bleiben" sagt er und füllt beide Kanister. Ich werde mich direkt an der Ausfahrt an die Straße stellen und trampen. Als ich mich von meinen Rettern verabschieden will, sagt mir Marylyns Mann, daß hier eine Frau aus Tres Lagos sei - so verstehe ich es jedenfalls. Im Büro? Nein. Jetzt tankt ein alter Ford-Pickup, der Fahrer ist ein rundlicher Mann mit Datschkappe. Der wird nach Tres Lagos fahren. Und mich mitnehmen! Meine Touareg-Freunde haben mir sogar den Rücktransport organisiert! Alles geht so zügig und reibungslos - ich bin noch vor 7 Uhr abends zurück!!! Wer hätte das gedacht! So ein Glück im Unglück! Ich glaube, in Deutschland wäre so etwas nie passiert.

Sehr entspannt komme ich zu meinem Domizil zurück, tanke die Lisl auf und habe jetzt sogar noch Zeit für einen kleinen Abendspaziergang auf die Anhöhe hinter der Tankstelle. Eintritt verboten - aber ich kann ja kein spanisch... Es ist warm in der Abendsonne, der Wind ist fast vollständig eingeschlafen. Nur auf der Anhöhe weht eine leichte Brise. Einen schönen Ausblick über das Tal habe ich hier; Tiere kann ich leider keine entdecken. Lediglich an einer Böschung finde ich ein paar Höhleneingänge, ca. 20 cm hoch. Da muß ein Tier drin sein, es grunzt zur Warnung, aber blicken läßt es sich nicht.

Morgen geht's wieder weiter - nach El Chalten. Auf einer schönen Asphaltstraße und durch herrliche Landschaft. Ich freu mich drauf!

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