Freitag, 23. August 2013

Natur und Technik

  

Heute mittag habe ich noch geglaubt, es gäbe nichts zu erzählen und habe mir ein paar allgemeine Dinge zurechtgelegt. Am späten Nachmittag hatte ich so viele Gedanken im Kopf, daß ich sie sofort hätte diktieren müssen - und jetzt, nachdem das Zelt steht und das Abendessen vorbei ist, habe ich schon wieder alles vergessen....
Zuerst zur Technik:
Abenteuerurlaub und Elektrik, das passt nicht ganz zusammen. Ständig wollen irgendwelche Geräte geladen werden, Kamera, Foto, Handy, Laptop...nachts soll das Zelt beleuchtet sein und für alles wird die Lisl gemolken. Kriseln tuts aber an den Ladekabeln - es sind zwar lauter verschiedene Kabel und Anschlüsse, aber bei allen scheint der Stecker für die 12 V-Steckdose das kritische Teil zu sein. Kein Kabel, das keinen Wackler hat!
Meiner mechanischen Technik, der Lisl selbst, scheint der Wildnissprit sehr gut zu schmecken, sie säuft etwa 1 l mehr als sonst. Na gut, sie muss ja auch fast 400 kg schleppen und ich gönne ihr nur den billigen 87-Oktan-Fusel.
Auf dem Taylor Hwy geht es Richtung NO nach Kanada - Ziel ist heute Dawson City. Die Straße wird jetzt interessanter, sie hat manchmal sogar schöne Kürvlein. Ich darf trotzdem nicht übermütig werden, denn jederzeit kann hier unangekündigt Rollsplit auf der Straße liegen oder ein ganzer Schotterabschnitt beginnen. Und dann treffe ich Rentiere - aber die sind hier ja schwarz! Oder muss man politisch korrekt sagen "maximal pigmentiert"?
In Chicken halte ich an einem Goldgräbercamp still und bestaune die stillgelegte Fördermaschine. Auf modern funktioniert Goldsuche anders: man läßt Touristen für Geld Gold waschen, bewirtet sie fürstlich und verkauft ihnen für teures Geld goldige Andenken. Ich bestelle mir eine Goldgäber-Tagessuppe. Sie wird serviert auf einem (nachgemachten) Zeitungsblatt von 1903 - von Hawai! 15 min freiese Internet sind inklusive. Das sollte reichen, den gestrigen Blog hochzuladen. Fehlanzeige. Das Internet läuft hier über Mobilfunknetz und das ist wetterabhängig. Auch für 2 $ Verlängerung kann daran leider nichts ändern. Ein Blick nach draußen erklärt die Sache: Wind und Regen haben das Internet gelöscht. Nochb regenet es nicht, aber von Westen eilen rabenschwarze Wolken heran. Komm Lisl, wir geben Fersengeld! Insbesondere als die Wirtin uns mit auf den Weg gibt, die Straße nach Dawson könne bei Regen ganz schön glitschig werden. Wie wahr - ab hier fahren wir nur "dirt road". Die Lisl lässt trotzdem die Reifen wirbeln; wir lassen uns kaum Zeit zum genießen oder fotografieren. Bislang haben uns die Wolken noch nicht eingeholt, aber sie sitzen uns knapp im Nacken.
Die Grenze nach Kanada liegt auf etwa 1300 m - ab jetzt sind wir on "top of the world"...zumindest nennt sich der Highway bis Dawson so. Im Grenzhäuschen wartet eine einsamer attraktiver bärtiger Zöllner auf Kundschaft. Außer den üblichen Fragen nach Alkohol, Drogen oder Waffen will er nur wissen, ob ich in Kanada etwas verkaufen wollte. Nein, ich brauche alles. Er ist sich sicher, daß wir bei flotter Fahrweise trocken bleiben. Keine weiteren Papiere oder Untersuchungen und schon geht's weiter. Auf ca. 1200 m verläuft die Straße (weiterhin ordentlich geschottert) über die Berge - wirklich top. Macht richtig Laune. Und die Regenwolken scheinen an der Grenze hängengeblieben zu sein - vermutlich waren sie alkoholgetränkt.
Um nach Dawson zu kommen, muss man mit einer staatlichen Fähre (gratis) den Yukon überqueren. Ein stattlicher Fluß! Im Besucherzentrum stelle ich fest, daß ich kurz vor Torschluß noch hereingekommen bin. Um 8 Uhr abends ist Schluss - und wir haben jetzt 1 h Zeitverschiebung nach hinten. Die Häuser sind meist noch im Originalzustand - ein tolles Flair. Nur gelegentlich sind neue Schilder angebracht, z.B. an der Bank, an der ich jetzt kanadische Dollar erstehen kann. Schließlich kosten ja die Campingplätze Geld. Zwei gibt es angeblich, die WiFi haben. Der erste verlangt dafür aber extra Geld, wenn man nicht mit dem Wohnmobil kommt und beim zweiten ist das Büro leider schon geschlossen. Ich fahre trotzdem drauf und suche mir ein Plätzchen direkt am Bonanza Creek.
Und jetzt sitze ich im Zelt, ohne Internet oder Handyempfang - es regnet.....

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