Montag, 16. September 2013

Echt - in der Wüste gelandet!

          
Am Tag gehen mir die schönsten Worte durch den Kopf und am Abend, wenn ich sie dann niederschreiben will, sind sie alle weg...
Bei Sonnenaufgang bekomme ich Besuch - von den Schritten im raschelnden trockenen Eichenlaub werde ich wacht. Als ich mich umschaue sehe ich einen Sprung Rehe, die mit mir entweder nichts anfangen können oder mich übersehen haben. Zwei von Ihnen nähern sich neugierig bis auf 5 m!
Die Landschaft bietet heute viel Abwechslung. Am Vormittag singt sie: von den blauen Bergen kommen wir, in die gelben Täler reiten wir... Vor 100 Jahren wär ich hier wohl hoch zu Roß entlanggekommen, heute eben auf meiner Kuh.
Nachdem wir zwei Bergkämme (ca. 1800 m) überquert haben öffnet sich eine weite Hochebene durch die eine endlos lange gerade Straße führt. Zuerst breitet sich das Steppengraß zwischen den Bäumen aus, dann verdrängt es sie vollständig. Cattle Grids und endlose Zäune lassen vermuten, daß hier Rinder weiden sollten. Turmhoch stapeln die Farmer daraus goldgelbe, fein duftende gepresste Heuballen für den Winter. Zwischendurch versuchen sie, mit riesigen Bewässerunsanlagen dem Land etwas Grün abzutrotzen.
Ja, so stelle ich mir Indianerland vor - ich kann direkt sehen, wo sie auf der Lauer lagen, wo sie gewohnt und gejagt haben. Oder Harley-Land - das sind ideale Straßen zum geradeauscruisen und gelegentlich mal einen leichten Bogen zu fahren.
Den ganzen Tag begleitet mich eine stark böige Brise. Sie erzeugt ein herrliches Fahrklima, bringt aber auch Staub mit, der mich zwingt, die Motorradbrille anzuziehen. Beim Fahren hält sie mich von zu viel Langeweile ab und beim Anhalten muß ich aufpassen, daß wir nicht aus dem Gleichgewicht kommen.
Auf einem der Bergrücken mache ich am späten Nachmittag eine Pause. Mangels Schatten setze ich mich in die pralle Sonne - ist aber nicht schlimm, der Wind kühlt herrlich.
Neben mir zieht ein Sandsturm über graslose Wüstenstriche, allmählich weicht das Steppengras niedrigem Gestrüpp und statt Erde machen sich Steine, Sand und Geröll breit. Ich bin in der Wüste angekommen! Wieviel Tagesritte das wohl für die Pioniere waren, was ich am Nachmittag gefahren bin? Und wie viele dabei wohl verdurstet sind?
Amtlich erfahre ich an meinem heutigen Ziel - Gerlach - daß ich hier mitten in der Black Rock Wüste bin. In dem Ort mit vielleicht 50 Häusern liegen Broschüren über das Verhalten in der Wüste aus.
Eigentlich wollte ich hier einen Geysir finden, der ist aber auf Privatgrund und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Kurz vor Gerlach lockt mich der Spruch "Planet X - visit him before he visits you" in eine einsame Töpferei mitten im Nichts. Das Ehepaar ist autark - sie haben eine Quelle und Sonnenenergie. Ihre Töpferwaren sind sehr teuer, verkaufen sich aber anscheinend (obwohl nicht im Internet vertreten) sehr gut! Ich bekomme den Tip, in Brunos Restaurant mit ein paar Leuten zu sprechen.
10 $ investiere ich in ein Abendessen (lieblose Wüstenversorgung, aber nicht schlecht) und gelange tatsächlich ins Gespräch. Man verrät mir, wo der Geysir sein soll - jwd! Und ganz schwer zu finden. Ich möchte trotzdem versuchen, einen Blick darauf zu erhaschen und mache mich auf den Weg. Da es schon spät ist verzichte ich auf lange Suche und stelle stattdessen in der Nähe mein Nachtlager auf.
Ich versuche heute mal das Sonnensegel. Der Wind bläst ordentlich - das Segel bietet eine große Angriffsfläche, knattert schrecklich und der feine Staub wird überhaupt nicht abgehalten. Er krabbelt in das Laptop und das mag ich gar nicht. Also entscheide ich, jetzt in der Nacht trotzdem noch das Zelt aufzustellen - allerdings ohne Überzelt. Typisch Susi - Nachtkrapp!
Auf den langen Strecken habe ich Muse, die Gedanken nochmal zurückscheifen zu lassen. Was mir auffällt ist, daß es zumindest hier in Nordamerika krasse Gegensätze zwischen Stadt und Land, aber nicht zwischen Nord und Süd gibt. Egal ob im naßkalten Norden oder staubtrockenen Süden, die ländlichen Häuser sind ungepflegt und scheinen den Bewohnern lediglich einen groben Wetterschutz bieten zu müssen. Die Grundstücke sind vollgepfropft mit Gerätschaften, die anscheinend nur der Ersatzteilversorgung dienen. Die Entfernungen zwischen den Farmen sind immens, wobei man das im Norden der Bäume wegen schlecht erkennt, hier hat man einen tollen Blick auf die einzelnen Gehöfte. Statt Bäumen gibt es hier das "Nichts"!
Das andere Extrem sind die Metropolen. Eigentlich sind das ganz viele kleinere Ortschaften die dicht gepackt und zusammengewachsen sind. Der Übergang der Ortschaften ist nicht mehr erkennbar, riesige Straßenungetüme sind darüber hinweg gebaut. Je näher man einem Ballungsgebiet kommt, umso gepflegter und adretter sind die Häuser und umso schmucker die Gärten. Allerdings auch viel kleiner. Eine Gemeinsamkeit gibt es allerdings: think big!

1 Kommentar:

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