Sonntag, 15. September 2013

Heiß

Der Abend (gestern) ist so schön, daß ich beide Zelteingänge offen lasse und der Mond mir noch lange ins Gesicht scheinen kann. Die Nacht ist sternklar aber am Morgen haben die Wolken mich eingeholt. Vielleicht schaffe ich es ja doch, den Regen ins Death Valley zu bringen? Aber während des Frühstücks verjagt die Sonne innerhalb weniger Minuten alle Wolken und brennt jetzt gnadenlos herunter.
Mit gemütlichen 80 km/h cruisen wir den Trinity River entlang, der nicht nur uns sondern auch einer ganzen Menge Kanuten großen Spaß macht. Hab ich wohl zufällig mal wieder eine tolle Straße (Hwy 299) erwischt. Es duftet nach heißem Asphalt gemischt mit Pinien. Ich möchte um nichts in der Welt in einem klimatisierten Auto sitzen - auch nicht gestern. Genau das Spüren von Nässe und Kälte, Hitze und Staub macht ja das Motorradfahren aus! Um die Mittagszeit haben wir auf 850 m Höhe schon 34 Grad - der Backofen ist an. Das fühlt sich schon eher nach Kalifornien an! Am Nachmittag fallen die Temperaturen nicht unter 38 Grad - das ist schon ein extremer Wechsel zwischen gestern und heute. Und: das Schulbuch hatte recht. Der Wind treibt die Feuchtigkeit vom Meer bis an die Berge, wo die dicken Wolken hängenbleiben. Direkt hinter den Bergen dann Trockenheit...
Ich tausche die Endurobrille gegen Sonnenbrille und komme mir natürlich voll cool vor. Immer wieder werde ich gefragt, ob ich kein Windschild hätte? Haben wir doch! Steht sogar Lisls Name drauf. Aber da lachen die Amis nur drüber, sie verstecken sich ja hinter quadratmetergroßen Scheiben auf ihren Harleys.
Kurvenreich machen wir heute Kilometer um Kilometer, heute wird nicht so getrödelt! Außerdem ist es zu heiß, um irgendwohin zu wandern. Ein großer See, der Whiskeytown Lake erfrischt die Luft kurzfristig, um sie, kaum am See vorbei, umso trockener und heißer erscheinen zu lassen. Etwas Interessantes gibt es aber schon an diesem See: am Einlauf hängen große Gummibahnen im Wasser, die das kalte Wasser aus dem Zulauf auf den Grund des Sees zwingt. Dort können dann die Lachse, die kein warmes Wasser vertragen, den See durchschwimmen um in ihre Laichgebiete zu kommen. Trickreich!
Beim Tankstop möchte ich auch gerne den Wasserkanister füllen und frage, ob das Wasser aus dem Schlauch Trinkwasser wäre. Der Tankwart winkt ab und schenkt mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Als er versteht, daß ich trotzdem den Kanister füllen will, macht er ihn selbst mit Trinkwasser voll. Die Leute sind alle so freundlich zu mir! Er rätselt kurz, ob Putin unser Präsident und Kohl unser Kanzler wäre...
Auch hier in Kalifornien sind weite Landstriche Nationalpark. Um also ein kostenfreies Lagerplätzchen zu finden muss ich gut Ausschau halten. Was ich finde ist ein lichter Hain aus Kiefern und Eichen. Kein Zelt aufstellen, das ist der Plan. Zum Abendessen gibt es eine interessante Kombination aus Zwiebeln, Tomaten, Zuccini, Käse und Erdnüssen, gewürzt mit Suppenwürfel und Knoblauchbutter - mmmh. Dazu gibt es "französiches" Brot, das kaum bißfester ist als die übliche Pampe. Die Grillen zirpen und über mir streicht ein Schwarm Wildgänse laut schnatternd dahin.

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