Donnerstag, 5. September 2013

Verkalkuliert - verfahren - verloren - gerettet

Mannomann war das ein Tag - hoffentlich bekomme ich noch alles zusammen...

 
Die Übernachtung am Bahndamm war ok. Nur hatte ich beim Zeltaufbau ein größeres Loch übersehen - es hat eine Weile gedauert, bis ich die richtige Position dazu gefunden hatte - dann war's aber richtig lustig. 
Gleich am Morgen führt mich ein mittelguter Schotterweg ca. 30 km kurvenreich steil hinauf und später natürlich auch wieder hinunter Richtung Lilloet. Auch hier sind die Auswirkungen des gestrigen Gewitters deutlich zu sehen - umgestürzte Bäume und Auswaschungen am Boden. Aber es macht Spaß. Später führt eine Asphaltstraße durch ein enges Tal mit tollen Ausblicken auf den Fluss, der sich hier eine steile Schlucht gegraben hat. 
In Lilloet finde ich eine Bücherei mit freiem und schnellem Internet. Das verlockt, Bilder nach Hause zu schicken - da hab ich mich schon zum ersten Mal vertan, denn als ich die Bücherei verlasse ist es schon 3 Uhr nachmittags. Ich will heute noch die von Peter beschriebene Tour zu Werner und Renate machen - allerdings sieht es auf der Karte aus, als ob das in 2-3 Stunden zu machen wäre. Vorsichtshalber gönne ich der Lisl noch einen Schluck Sprit und mir ein Eis, dann geht's los. Die Straße wechselt bald zu Schotter und bietet atemberaubende und ständig wechselnde Anblicke. Ich könnte immerzu stehen bleiben und fotografieren! Eine tolle kurvenreiche Motorradstrecke! Der Belag wechselt allerdings ständig in allen Schattierungen zwischen gutem Asphalt bis hin zu Schotter mit Löchern und Waschbrett - ich muss also beim Fahren gut aufpassen. Bei Temperaturen zwischen 26 und 31 Grad schlängelt sich das Sträßchen ein verwunschenes Tal mit senkrechten Felswänden und riesigen Geröllfeldern entlang, bis es nach einem Staudamm am Ufer des riesigen Carpenter Lake entlangführt.
Es ist kaum Verkehr; in einer Kurve begegnet mir ein Truck mit Bootsanhänger, der wirklich das einzige Schlammloch auf der 70 km langen Strecke erwischt. Und das genau zu dem Zeitpunkt, als wir auf gleicher Höhe sind. Eine Schlammflut bricht über mich herein und ich bin augenblicklich blind. Der Schlamm dringt in den Mund und unter die Brille sowie in den Kragen. Pfui Teufel!!!
Ich fahre bis Bralorne um dort nach dem weiteren Weg zu fragen - aber so wie ich Peters Wegbeschreibung verstanden hatte, scheint das nicht zu funktionieren. Es gibt keine Straße nach D'Arcy. Ja, nach Pemberton gibt es einen Weg, das ist etwa gleichweit wie zurückzufahren. Bereits nach wenigen Kilometern steht da ein Schild, das mitteilt, die Straße würde nicht gewartet werden. Nach weiteren 2 km gibt es eine unbeschilderte Abzweigung - die passende Richtung ist völlig unklar, auch meinem Navi. Bald wird der Weg richtig schlecht, da beschließe ich, umzudrehen (Gruß an den Hasenfuß. Oder war es ein Anflug von Vernunft?). Jetzt wird es zeitlich ziemlich eng. Mein Navi meint, um 1/2 10 Uhr könnte ich am Ziel sein - ziedmlich spät. Auf dem Rückweg am See entlang lasse ich es richtig laufen, ohne Rücksicht auf Schlaglöcher oder Waschbrett.
Am Staudamm geht eine Straße Richtung Seton Portage ab, die muß ich nehmen. Wahrscheinlich hat Peter auch genau diese gemeint. 2 1/2 Stunden hat mich der Ausflug gekostet. Es ist schon gegen 6 Uhr abends, normalerweise würde ich jetzt einen Campingplatz ansteuern. Aber es ist ja nicht mehr weit und die Schotterstraße läßt sich gut fahren. Seton Portage ist als solches gar nicht zu erkennen. Ein Kraftwerk und weinige km weiter 3 weit auseinanderliegende Häuser. Kein Wegweiser. Ein alter Mann zeigt mir den Weg über die Eisenbahn und dann "immer dem See entlang". Der Weg wird immer abenteuerlicher - ja auch er wird nicht gewartet. Jetzt muß ich überlegen, ob ich so kurz vor dem Ziel aufgebe, denn in der Dunkelheit kann ich hier nicht weiterfahren. In der Dämmerung komme ich an 2 kleinen Geländefahrzeugen vorbei - wer die wohl hier in der Wildnis stehen läßt? Kurz darauf sehe ich im Rückspiegel Licht und möchte das Fahrzeug vorbeilassen. Cooter - so heißt der Fahrer - fragt micht, ob ich von zu Hause ausgerissen wäre (wegen dem Gepäck) und was ich hier oben wolle. Er beschreibt mir den weiteren Weg - kommt mir ziemlich kompliziert vor. Aus Spaß sage ich, ich würde ihm einfach hinterherfahren und er solle auf mich aufpassen. Letztendlich führt er, der Indianerführer, mich den ganzen Weg nach D'Arcy, was fast nochmal eine ganze Stunde ausmacht. Es wird dunkel und ich folge einfach nur den Rücklichtern. Der Weg ist teilweise richtig schwierig, ausgewaschen, steinig oder sandig und führt oft steil bergauf oder bergab. Ich vertraue einfach darauf, daß die Lisl in keine Falle tappt. Die Motorradbrille muss ich abnehmen, weil ich in der Dunkelheit damit zu wenig sehe, dafür treiben Staub und Fahrtwind mir jetzt die Tränen in die Augen.
An der Tankstelle in D'Arcy erzählt Cooter, wie er mich gefunden und "gerettet" hat, er hat dort oben auch frische Grizzlyspuren gesehen. Es wird beratschlagt, wen ich wohl suchen könnte. Als sich das geklärt hat,bringt Cooter mich auch noch bis zum Haus von Werner und Renate, die aber anscheinend nicht da sind, obwohl überall Licht brennt. Es ist 1/2 10 Uhr und stockdunkel!
Beim Zeltaufbau im Vorgarten vermisse ich den Hammer um die Häringe einzuklopfen. Aha, das war also das seltsame Geräusch und der Schlag an die Motorradunterseite vorhin auf der Schotterstraße.

3 Kommentare:

  1. Mama! Wasch dich mal...
    Was sollen denn die Kanadier von dir denken wenn du da ankommst, als hättest du mit einer Wildsau gekämpft? :-D
    Wir denken an dich & haben dich lieb!
    Kathi und Papi

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    1. Hi hi, im Prinzip hab ich das ja auch ;-)
      Aber der Hintergrund ist doch herrlich - oder???

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  2. Hallo Susanne,
    klasse Stories und Fotos, besonders das mit der Schmuddel-Webcam (grins), dann können wir dich ja direkt zum RK-TE zuschalten via iPhone und facetime :-)).

    Alles Gute für dich von
    Gabi und Frank
    vom sauberen (hi-hi) Schreibtisch (ist aber nicht so spannend wie bei dir!)

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