Freitag, 22. November 2013

Kolumbien - das Land der Zweiräder

Nach einem schlechten Traum werde ich endlich wach. Mangels Frühstück breche ich gleich auf. Die Lisl springt gut an - das ist ja schon mal was wert! Aufrecht und optimistisch verlassen wir das Hotel. Diesmal verfahre ich mich nicht an der selben Baustelle - davon abgesehen verläuft die direkte Straße nach Medellin ein klein wenig anders. Es ist staubig und rußwolkig; und heiß - wie gewohnt. Am Motorradanzug sind alle möglichen Reißverschlüsse offen, z.B. auch an den Ärmeln. Kühle Luft bekomme ich dadurch allerdings nicht - nur irgendein riesiges Viech, das mich tierisch in den Unterarm beißt. Spucke ist das beste Heilmittel!

Nach zwei Wochen "rumhängen" in Panama, der Karibik und Cartagena bin ich etwas aus dem Tritt gekommen. Auch an die ständige Gesellschaft von anderen Menschen habe ich mich ein wenig gewöhnt; seltsamerweise habe ich gar keine allzugroße Sehnsucht nach Einsamkeit. Ist die Lektion, mit weniger Raum auszukommen? Nähe zuzulassen? Egal ob im dichten Straßenverkehr, auf Märkten, im Schlafsaal oder bei Zwiegesprächen. Wenn ich mich einfüge in die Gegebenheiten, wenn ich vertraue, dann wird es gut gehen!

Langsam und kaum bemerkt nehmen Verkehr und Häuser ab - ich bin wieder in der Natur! Hügelige Landschaft, gute Straße mit gelegentlichen Kurven, Kuhweiden, Tümpel, Seen und Flüße voller brauner Brühe, Bäume. Eigentlich ein wenig wie zu Hause  - aber halt doch anders. Die Hügel sind schroffer, die Erde ist rot. Die Seen ockerbraun und statt Fichten stehen hier halt Palmen. Die Kühe haben große Ohren und einen Höcker. Wunderschöne Blüten an Sträuchern und Bäumen. Oft geht der Wald bis an die Straße, dahinter verstecken sich abgezäunte Plantagen. Gelegentlich zweigt ein holpriger Erdweg ab und manchmal protzt ein riesiges Tor an der Straße und verkündet den Namen der Ranch. Zwei Kaserne n passiere ich, die kolumbianische Flagge weht farbenprächtig herüber. Auf ein Foto verzichte ich lieber.


Ich habe in Cartagena nichts mehr zu trinken eingekauft und jetzt qüält mich der Durst. Ich passiere viele Ortschaften, aber ich finde keinen Supermarkt zum Einkaufen. Mein Auge ist anscheinend noch nicht auf "kolumbianisch" eingestellt. Ich muß erst lernen, nach was ich Ausschau halten muß. Schilfgedeckte Hütten reihen sich entlang der Straße. Meist sind es Restaurants, manchmal Wohnhütten und ich dem einen oder anderen Ort werden auch farbenprächtige Handarbeiten verkauft: von Hängematten, Taschen und Kleidern über Möbel bis hin zu Töpferwaren.

Als der Durst zu groß wird, finde ich ein Restaurant, in dem ich frischgepressten Saft bekomme - Papaya mit Eiswasser. Schmeckt suuuper!
Um die Mittagszeit meldet sich der große Hunger - ich kann mich einfach nicht rechtzeitig für eines der vielen kleinen Restaurants entscheiden. So lande ich schließlich in einer einsamen Wirtschaft - sieht ein wenig nach Fernfahrer-Beliebtheit aus. Die Senora, die mich begrüßt, versteht mich kaum, ich sie ebenfalls nicht. Also deute ich einfach auf ein Essen am Nachbartisch und warte ab. Ich bekomme bald einen Fruchtsaft, dann eine Suppe (die ich eigentlich nicht haben wollte) und Huhn mit Reis, gebackenen Bananen und Salat. Es sind noch weitere unidentifizierbare Dinge auf den Tellern; wenn es da liegt, dann ist es sicher eßbar. Alles wird probiert. In der Suppe schwimmt ein Gestrüpp, das man kauen kann, das aber nach nichts schmeckt und auch nicht wirklich klein oder weich wird. Neben dem Huhn liegt etwas spargelähnliches, fasriges, das etwas mehlig und süßlich schmeckt. Als ich bei der Chefin, die mich besser versteht, bezahlt habe, setzt sich der Herr des Hauses zu mir und überschüttet mich mit einem Wortschwall. Die Essenz der Unterhaltung dreht sich um meine (eine Deutsche) Reise entlang der Panamericana (die die amerikanischen Kontinente verbindet) auf einem Motorrad der Marke BMW. Zum Abschied will er das deutsche Wort für Apfelsine wissen und schenkt mir zwei davon.
An einem bunten Obststand komme ich einfach nicht vorbei. Die Früchte lachen mich zu sehr an. Ich lasse mir deren spanische Namen sagen, kann aber nichts damit anfangen und vergesse sie daher auch gleich wieder. Bin gespannt auf den Geschmack.

Weiter geht's. Cartagena war eine gute Verkehrsschule - aufpassen und mutig sein müssen wir immer. Es gibt Unmengen von  Zweirädern; einige Fahrräder aber hauptsächlich Motorräder. Ich schätze mal 125 - 250 er. Die Neuen sind leise 4-Takter, die Alten stinkende 2-Takter. Sie werden für alles benutzt und sind wohl das Haupttransportmittel. Zweiradtaxi für 1-2 Personen, Zuckerrohrpakete, Riesenkanister, Säcke mit geheimen Dingen auf dem Tank, hinten und an den Seiten und mehrfach habe ich sogar einen Beifahrer gesichtet, der sein Fahrrad quer über das Moped hielt. Etwas gefällt mir an dieser Zweiradkultur ganz besonders gut - an den Straßenmautstellen gibt es immer eine ganz schmale versteckte Motorradspur, die um die Schranken herumführt. Wir müssen nichts bezahlen. Da lacht das Schwabenherz! Zwischen die Kamikaze-LKWs, die an jeder kleinsten Steigung schon stehen bleiben und die unumgänglichen Busse mischen sich hier einige irre große Handkarren, Pferdefuhrwerke und Esel als Reit- oder Lasttiere. Eine interessante Mischung!




Ich bin mir unschlüssig, ob ich heute campen oder "hotellen" soll. Ich hab mich ja schon ein wenig an die Hotels gewöhnt. Aber ich möchte gerne auch mal wieder in Zelt und Schlafsack meine Ruhe finden. Es ist so heiß...Klimaanlage wäre ja nicht schlecht. Ich glaube, ich habe mich schon entschieden, für Ho(s)tel in Caucasia, einem Städtchen auf halber Strecke zwischen Cartagena und Medellin. Kurz vor diesem Ziel liegen linkerhand 2 Hotels, die sehr einladend aussehen: Swimingpool, überdachtes Restaurant... Ich wende und möchte eigentlich nur mal den Preis recherchieren. 80.000 Pesos soll es kosten. Hab ich mir schon gedacht, daß das über meinem Budget liegt. Was das Nachbarhotel kostet, wissen sie nicht. Ich frag trotzdem mal - hier kostet ein Zimmer mit Ventilator nur 20.000 und mit Klimaanlage 30.000! Das klingt nach furchtbar viel, sind aber nur 12 €! Im Vergleich: die billigsten kanadischen Campingplätze ohne irgendwas haben auch so viel gekostet. Da bleib ich. Als erstes gibt es ein Bad im Swimmingpool; unter Palmen; im letzten Tageslicht; bei kolumbianischen Klängen. Und danach einen Aloe-Drink. Ich liebe die Aloe-Drinks. Bisher habe ich sie nur als reines Aloe-Wasser oder mit Kokosmilch probiert, hier gibt es Litschi-Aloe-Wasser. Die Limo enthält Aloe-Stückchen und schmeckt ein wenig parfümiert. Ich kaue gerne die Einlage. Ist das nicht herrlich? Geht das mir so gut!

Ein klein bischen ein schlechtes Gewissen habe ich noch, weil ich der Lisl für heute abend noch eine Vergasereinstellung versprochen habe, aber jetzt mag ich nicht mehr. Vielleicht morgen?

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=atxtjtbjwflywtsh

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