Samstag, 23. November 2013

Die Waschstraße

In der Nacht gab es ein Gewitter - ein schreckliches Gewitter. Direkt hier. Wieder mal sind Wassermassen über die arme Lisl hereingebrochen, ich bin echt gespannt, wie sie das überlebt hat. Ich selbst bin sehr froh, daß ich nicht gecampt habe, ich wäre davongeschwommen. Selbst am Morgen - viele Stunden später - ist der Boden noch klatschnaß.
Die Lisl ist mal wieder ertrunken - sie springt nicht an. Jetzt bin ich echt mit meinem Latein am Ende; mir kommt alles nur noch spanisch vor. Ich habe keine Ahnung, welche Ursache die Startschwierigkeiten noch haben könnten! Den ganzen Vormittag überlege ich, was ich tun kann. Wenn ich das Problem nicht lösen kann, muß ich wohl einen Weg finden, damit umzugehen. Regenvermeidungsstrategie? Wohin kann / darf ich mit der Lisl noch fahren und was muß ich vermeiden, damit sie mich nicht im Stich läßt? Was, wenn sie auf einsamer Strecke (von denen ich noch genügend haben werde) einfach liegen bleibt? Ich kann ihr nicht mehr vertrauen. Und meinen Reparaturkünsten leider auch nicht.

Auch mein neues Navi macht mir noch Sorgen - obwohl es die ganze Nacht am Ladegerät hing, ist der Aku total leer. Irgendwie wird er anscheinend nicht geladen. Aber man kann es ja auch mit AA-Akus betreiben, also steige ich um. Für diese Akus habe ich ein eigenes Ladegerät. Während der Fahrt kann ich die verbrauchten Akus gut damit aufladen - leider nur ein einziges Mal, dann ist auch dieses Ladegerät unbrauchbar. Selbst am Abend im Hotel kann ich es nicht mehr zum Leben erwecken, anscheinend ist im Inneren etwas kaputtgegangen.

In Caucasia (nein, das ist nicht in Rußland!) wird getankt. Der Tankwart zeigt mir, wo der Geldautomat steht, direkt beim Spermarkt. Sehr geschickt, denn ich wollte ja auch noch was zu Trinken kaufen. Gleich beim Eingang stolpere ich über Fotoapparate - ich hatte mir vorgenommen, in Bogota einen zu kaufen. Meinen guten Foto habe ich ja in der Karibik versenkt und der Ersatzfoto macht keine tollen Bilder mehr (er hat ja auch schon mal in der Bahrentsee gebadet). Ich kenne mich mit den Fotos nicht aus, die spanische Beschreibung hilft mir auch kaum weiter. Und der freundliche Verkäufer spricht auch nur das kolumbinanische spanisch. Das ist nochmal etwas anders als das, was ich bisher schon gelernt habe - ich bin aufgeschmissen. Also entscheide ich mich einfach für eine Olympus mit großem Objetkiv und großem mechanischem Zoom. 279.000 Pesos (klingt gut, nicht? Sind ca. 110 €). In rot. Sie haben keine mehr am Lager, nur noch das Ausstellungsstück. Eine andere Farbe? ISt auch nicht mehr da - nur ein anderes Ausstellungsstück in silber. Daß ich einen Preisnachlaß haben will, versteht der Verkäufer wohl nicht ganz, ist auch nicht weiter schlimm. Während ich bezahle, wird die Schachtel gesucht und der Foto eingepackt. Keine Ahnung warum, aber ich möchte ihn schon mal ausprobieren - testen. Das erste Bild wird nichts, das zweite nimmt zwar auf, aber ich kann es nicht anschauen. Dann ist der Aku leer. Jetzt will ich es genau wissen. Der Jockel wird losgeschickt, einen anderen Aku zu holen. Zu dritt schaffen wir es nicht, ein Bild zu speichern, die Kamera zeigt einen Kartenfehler an. Es wird nach einer neuen SD-Karte geschickt. Mittlerweile lege ich eine von meinen Karten ein - der gleiche Fehler. Der Foto ist kaputt! Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein neues Gerät im Laden schon defekt ist???? Ich nehme jetzt das silberne Exemplar. Der Jockel muß eine andere Schachtel bringen - und Überraschung, da sind zusätzlich eine Handschlaufe, eine Bedienungsanleitung und eine CD drin! Und der Foto geht auf Anhieb - es gibt ein Beweisfoto vom Verkäufer. Gut, daß ich getestet hab! Der Foto wird mit der Lisl verkabelt, um den Aku initial zu laden.

Die ganze Sucherei hat lange gedauert, dafür hat mittlerweile der Regen aufgehört und die Straße ist wieder trocken. Es war vorhin doch ziemlich glitschig. Es ist 11 Uhr durch und der Tag kann jetzt beginnen. Liebliche Weidelandschaften begleiten mich noch eine ganze Weile. Heimatgefühle. Und dann erhasche ich einen Blick auf einen großen erdbraunen Fluß mit vielen Einbäumen darauf. Zum Fotografieren ergeben sich keine vernünftigen Gelgenheiten, das Ufer ist meist zugewachsen. Aber die Fahrt führt sehr lange am Fluß entlang. Ich genieße die kurzen Ausblicke auf den Fluß; er heißt wohl Rio Cauca.
Hab ich mal gefragt, wo der Dschungel ist? Definitiv hier! Phantastisch! Rings um mich! Und an den Hängen des Tals. Ohne daß ich einzelne Planzen identifiziere, genieße ich dieses Urwaldgefühl. Dicht. Grün. Feucht.
Und auf einmal sehe ich eine Wasserfontäne. Ein Schlauch, aus dem Wasser spritzt - nein 2 Schläuche. Was das wohl ist? Bald schon wieder ein ähnliches Bild. Immer mehr. Aus allen möglichen Schläuchen und Rohren läuft oder spritzt das Wasser am Straßenrand und glitztert in der Sonne. Bis ich verstehe: hier werden LKWs, aber auch Autos oder Motorräder gewaschen! Ewige Kilometer lang. Das ist mit Sicherheit die längste Waschstraße der Welt! Links neben mir fließt der Fluß und aus den Bergen rechterhand sprudelt frisches Wasser. Viele kleine Bäche oder Wasserfälle genieße ich. In einem größeren klaren Fluß badet die Dorfjugend, später vereint sich das blaue mit dem ockerbraunen Wasser des Rio Cauca.

Plötzlich geht es aufwärts. Und wie! Über den Nachmittag windet sich die Straße von Meereshöhe auf über 2700 m hoch! Herrlich kurvenreich und mit abenteuerlichen Sprurrillen, Bodenwellen und Stufen schlängelt sich das Asphaltband höher und höher. Auf gut 1000 m überlege ich, ob ich bei diesen jetzt kühlen 25 Grad "was Warmes" anziehen soll! Bin ich nicht verwöhnt bzw. verdorben??? Die Gipfel verstecken sich in dichten Wolken, hoffentlich bedeutet das keinen Regen! Ich habe Glück, es ist nur dichter Nebel; aber es wird kälter und kälter. Außer mir und zig weiteren Mopedfahrern müssen auch die ganzen LKW über die Berge. Und das ist ein ganz eigenes Abenteuer. Denn schnelle Lastwagen stehen mit immerhin 20 km/h auf einmal vor uns, über die langsamen wollen wir gar nicht reden. Und dann gibt es Schwertransporte mit Überbreite - die kommen kaum um die Kurven, Gegenverkehr ist ein großes Problem. Einer dieser Transporter wird sogar den Berg hinaufgezogen! Ein Glück, daß wir "schmal" sind - und in der letzten Zeit das Durchschlängeln gelernt haben. Mutig überholen wir auch, wenn wir eingentlich nichts sehen - wir vertrauen darauf, daß wir schnell genug am Hindernis vorbei sind. Überholen - das ist so eine Sache. Die Kolumbinaer scheinen generell nur mit minimal höherer Geschwindigkeit zu überholen und scheren erst kurz vor dem Gegenverkehr ein. Wenn Du hintendran hängst und mitüberholst, hast Du schlechte Karten!

Es geht auf 16 Uhr zu und ich muß mich um einen Schlafplatz kümmern - mittlerweile weiß ich ja, wie rasend schnell es dunkel wird. Im nächsten Ort - ohne Namen - an der Straße nach Medellin finde ich ein "Hotel". Es ist saukalt und ich friere. Draußen ballen sich schwarze Wolken. Nebenan ist ein Bäcker und ein Straßenverkaufsstand, wo ich ein Würstchen und eine warme Fleischtasche zu essen bekomme. Das Hotel ist direkt an der Bushaltestelle, von außen kaum erkennbar, innen eigentlich ganz hübsch eingerichtet. Ein Zimnmer, kaum größer als das Bett, Bad und Fernseher. Und das Ganze für 15000 Pesos (6 €). Klimaanlage brauche ich heute wirklich nicht. Die Lisl hat über die Straße ein abgeschlossenes Einzelzimmer bekommen - da muß sie sich aber freuen!


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=mesjmaeurqiuepmt

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