Freitag, 29. November 2013

Popayan

Im Gegensatz zu meinem Arbeitgeber habe ich eine Dieselstrategie. Oder besser gesagt, eine Dieselruß-Vermeidungs-Strategie. Der Plan ist, früh aufzustehen und vor dem Berufsverkehr aus der Stadt heraus zu sein.
Der Wecker steht auf 6 Uhr. Auf meine innere Uhr kann ich mich nicht verlassen, ich habe derzeit keinen ordentlichen Rythmus und mein Zimmer hat keinerlei Tageslicht. Der Generator hat gestern bis 11 Uhr Strom geliefert und heute morgen um 6 Uhr brummt er auch. Ich kann die Lisl aus ihrem Laden-Zimmer holen und packen. Als ich den zweiten Teil meiner Sachen zusammensuchen möchte, ist der Generator abgeschaltet - es ist ja schon lange hell! Aber doch nicht in meinem Zimmer! Weiß der das nicht? In der Dunkelheit muß ich meine Taschenlampe und dann meine restlichen sieben Sachen zusammensuchen.
Die Taktik funktioniert ziemlich gut. Es ist kaum Verkehr, aber die wenigen Taxis schaffen es trotzdem, Straßen zu verstopfen. Man hält am Besten dort an, wo rechts und links bereits zugeparkt ist. Und dann verhandelt man mit möglichen Fahrgästen - minutenlang! Am Ortsausgang liegen die Containerplätze - da muß ich mich mit ein paar LKWs herumschlagen, aber als ich dann draßen bin, habe ich ziemlich freie Fahrt. Nur vereinzelte Hindernisse, die die Lisl auch ganz schnell hinter sich läßt. Schwarz werde ich trotzdem, denn die entgegenkommenden Schwerlast-Schlangen rußen und stauben auch. Es hängen fest fixierte Dreckwolken über der Straße, Du entkommst ihnen nicht!

Buenaventura. War mit Sicherheit der dunkelste Punkt meiner Reise! Angefangen bei der dunkelgrauen "Luft" und den Wolken auf der Hinfahrt. Dann die total schwarze Hautfarbe der Menschen - meine einbezogen (habe mich möglichst gut angepaßt und getarnt). Dann eine Stadt, deren Häuser vor schwarzem Dreck strotzen. Ein Zimmer ohne Fenster oder Tageslicht - ein schwarzes Loch. Und natürlich der totale Stromausfall, der die ganze Stadt in Dunkelheit taucht. Zu guter Letzt: falls ein Stückchen Strand sichtbar ist, besteht es aus schwarzem Sand!

Ich möchte unbedingt noch ein Foto machen von den Motorraddraisinen! Es ist früher Morgen, aber der Bahnhof ist genauso voller Menschen wie gestern. Ich werde allerdings in Ruhe gelassen - vielleicht strahle ich auch eine gewisse Unnahbarkeit aus? Leider steht keines der Motorräder auf den Schienen - die "Technik" kann ich aber auch so sehr gut betrachten. Ist schon lustig. die haben praktisch eine Holzplattform auf Mini-Stahlrädchen genagelt, obendrauf Holzbänke montiert und das Vorderrad des Motorrads verschraubt. Hinterrad läuft neben der Schiene auf dem Schotter - ist sicher auch nicht schlechter als manche Straße.
Das Perverse bei der Sache ist, daß sie wegen der Luftverschmutzung keine anderen Fahrzeuge in den Park lassen wollen. Aber 200 m daneben verläuft die Hauptstraße, und da hängen die Abgaswolken immer drüber.

Zum Glück muß ich nicht ganz zurück nach Buga, es biegt schon bald eine Straße nach Süden ab. Sie ist kaum befahren und in gutem Zustand. Das ist schön. Zwischen den Bergketten rollen wir dahin. Jetzt, wo ich weiß, wie Kaffee "in echt" aussieht, entdecke ich auch die ganzen Kaffee-Plantagen.

Mein Ziel ist heute Popayan. Ich habe gelesen, das soll eine hübsche alte Kolonialstadt sein. Entfernung gut 250 km, das entspricht meinem Tagesdurchschnitt, ist aber mehr als die ursprünglich geplante Entfernung. Es ist erst kurz nach Mittag als ich dort ankomme. Trotzdem beschließe ich, heute hier zu bleiben - bis zur nächsten Stadt sind es nochmal ca. 300 km, eine ganze Tagesetappe. Außerdem möchte ich mal in Ruhe im Internet surfen und über die vor mir liegende Route nachdenken. Und ich bin müde. Fest geplant ist da ja noch nichts. Ich finde auf Anhieb ein passables Hotel, mache mich dann nochmal auf den Weg in die Altstadt und auf die Suche nach einer Werkstatt. Die Werkstattsuche hat leider nicht das gewünschte Ergebnis gebracht - einen passenden Schlüssel zur Korrektur des Lenkkopflagers gibt es nicht. Beim Altstadtbesuch war ich erfolgreicher. Mit reduziertem Gepäck und der richtigen Einstellung kann man sogar diesen Verkehr aushalten. Wir stürzen uns in's Gewühl der Taxis, Busse, Mopeds, pfeifenden Polizisten, Straßenbauarbeiter und versuchen, möglichst wenig Huppel und Löcher zu erwischen. Ab und zu halte ich zum Fotografieren an - jetzt bin halt ich mal die Blockade... Es gibt einige alte Kirchen, die sehen auch ganz ordentlich aus von außen (innen reinschauen tu ich nicht, da Parkschwierigkeiten und Kirche oft geschlossen). Die Gassen sind gesäumt von niedrigen, weiß getünchten alten Häusern. Moderne und Historie bilden oft einen seltsamen Anblick: neonfarbene Turnschuhe in altem Gemäuer? Oder Kabelwirrwar vor antiken Fassaden?

Hätte ich nur den Wetterbericht nicht gelesen - der kündigt für morgen Regen und Gewitter an. Schöne Vorfreude! Und dann werde ich gebeten, die Lisl hereinzustellen - sie brauchen den Platz vor dem Haus. Ist ja ganz gut, aber die erste Tür ist 70 cm breit, die zweite nur 60 - und meine Lisl mißt ohne Gepäck bereits 80 cm. Erst als ich fast in der Tür feststecke glaubt mir der junge Mann. Die Alternative ist ein Tor zm Schlafsaal. Na Lisl, dann schlaf mal gut!
 

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=qxlkpzewdcxfnrif

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lieber Kommentator,
wenn Du kein Konto hast oder angeben möchtest, dann wähle bitte "anonym" oder "Name/URL" (Du mußt keine URL angeben):