Sonntag, 24. November 2013

Ein guter Tag

Eine gute Homebase ist durch nichts zu ersetzen, besonders, wenn sie das große Latinum hat! Dank des segensreichen Internets jederzeit nutzbar. Meine homebase - mein Göttergatte Fritz - hat sich mit meinen Problembeschreibungen auf den Weg zur Werkstatt meines Vertrauens gemacht. Dort haben die Professoren Rat gehalten. Ihr Ratschluss war: Zündschloss trockenlegen und Ventile einstellen. Mein Latein hätte eigentlich bis zu den Ventilen reichen müssen (auch wenn ich die Verbindung zu Startverhalten und Aussetzern nicht gezogen hätte). Direkt neben Lisls Einzelzimmer wird intensiv an Mopeds geschraubt - eine Werkstatt. Dort leihe ich mir die Pressluft aus, um dem Zündschloß ordentlich Wind zu machen. Und wo ich schon mal dabei bin, also gut, werden gleich die Ventile angegriffen. Ich hatte keine Lust dazu und wollte es auf die lange Bank schieben, aber jetzt packt's mich. Unter den neugierigen Blicken der Mechaniker und Lehrlinge, sowie weiterer Zaungäste baue ich Zündkerzen und Ventildeckel aus. Ich glaube, es sieht sehr professionell aus und zum Glück gelingt mir auch alles auf Anhieb - die umstehende Mannschaft schaut achtungsvoll zu. Tatsächlich - das Ventilspiel war deutlich zu gering! Ob das die Wurzel des Übels war, wird sich allerdings erst in ein paar Tagen beweisen. Zusammenbauen, Daumen drücken, Anlasser drücken. Orgel...uups, den Benzinhahn sollte man aufmachen. Und? Die Lisl erwacht! Das war schon mal sehr gut!

Es ist immer noch kalt - wir sind auf knapp 2800 m und haben 18 Grad. Pulloverzeit. Aber herrlich zum fahren. Straße und Verkehr liefern ein Übriges zum Fahrspaß! 3/4-Takt-Kurven, die LKWs werden kurzerhand rechts liegen gelassen (auch bei doppelt durchgezogener Linie) - und weiter geht's. Wir genießen! Die Lisl die Kurven und den ziemlich guten Straßenbelag, ich die Berge, die Aussicht und die Natur. Aber auch das schönste Vergnügen ist irgendwann mal vorbei; in diesem Fall staut sich eine lange Schlange vor mir. Ich taste mich daran vorbei - ich schätze mal, es ist ein Kilometer - bis ich an einer Sperre ankomme und mich in einem Pulk Mopedfahrer einreihe. Wir warten bestimmt eine halbe Stunde, dann kommt aus der Gegenrichtung ein Feuerwehrauto. Wieder lange nichts, dann eine Reihe schnaufender und stinkender LKWs. Warten. Nochmal ein Pulk aus der Gegenrichtung. Endlich dürfen wir. Ein Stück weiter wird die Straße asphaltiert, die Straße ist nur einspurig befahrbar. Aber schon wenige Kilometer weiter das gleiche Spiel. Nur wird hier noch nicht asphaltiert, sondern erst geschottert - der Untergrund ist tief und weich, die Oberfläche sandig und staubig. Ein paar Mopedfahrer vor mir wirbeln Staub auf - unanagenehm aber erträglich. Nur glauben dann 2 Geländewagenfahrer, sie könnten schneller sein und überholen. Ich bin total blind! Man sieht echt nichts mehr. Wenn ich Abstand halten will, muß ich lange warten, bis sich die Staubwolken verzogen haben, und dann überholt mich ein LKW - ein Teufelskreis. Irgendwann beschließe ich, draufgängerisch im Blindflug die zweispurigen Fahrzeuge zu überholen und mich vorndran zu setzen - jetzt laß ich keinen mehr vorbei. Es ist gelungen.

Die Berge werden niedriger, sind aber immer noch steil; sie sehen seltsam dahingesetzt aus. Irgendwie wie eckige Ameisenhügel. Wir folgen einem schäumenden braunen Fluß, es macht Spaß, das wilde Wasser zu beobachten. Während der Fahrt ist das natürlich schwierig und Anhaltestellen gibt es hier so gut wie nie. Ich muß einfach hoffen, daß grad keiner kommt. Mittlerweile ist die Besiedelung deutlich weniger geworden, die Fahrt führt oft einfach durch den Dschungel oder an Weiden vorbei. Ab und zu gibt es eine kleine Ortschaft entlang der Straße, in manchen entdecke ich lustige Weihnachtsdekoration. Auch der Verkehr ist zurückgegangen. Pulkweise treten die Dieselstinker auf, wenn ich vorbei bin, habe ich auf lange Strecke freie Fahrt. Unser Fluß führt hinunter in das Tal des Rio Grande - ein sehr breiter Fluß in einer weiten Tiefebene. Große Haziendas mit feudalen Herrenhäusern machen sich hier breit. Auf den Weiden sieht man diese lustigen Kühe mit den großen Ohren, ohne Hörner und mit Buckel. Ich glaube, die heißen Zebus. Auf jeden Fall finde ich sie sehr interessant.
Fast auf Meereshöhe angekommen sind die Temperaturen entsprechend gestiegen und bewegen sich jetzt wieder um die 30 Grad. Der Pullover verschwindet. Eine Gischt erreicht mich - wieder LKW-Waschstraßen? Es hört nicht auf - plötzlich ist der Regen da. Ringsherum scheint die Sonne, also beschließe ich, den Regen einfach zu ignorieren. Es ist so warm, der wird gleich wieder verdunsten. Als ich nach einer viertel Stunde durchnäßt bin und es hinter dem nächsten Berg schon wieder (oder immer noch) grau ist, stelle ich mich doch unter einer Palme unter. Nach 10 Minuten ändert sich immer noch nichts. also krame ich doch den Regenkombi raus. Über die nassen Klamotten - tolle Sauna. Was kann denn die Goretex-Membran??? Schon nach 5 Minuten Fahrt ist es trocken, ja sogar die Straße war hier wohl noch nie naß! Typisch! Jetzt zieh ich die Klamotten aber nicht schon wieder aus...gut gepokert, kurz darauf kommt der nächste Guß. Das Spielchen geht eine ganze Weile, bis wir endgültig im Rio Grande Tal angekommen sind.

Chrrrrrrrrrrr---jetzt bin ich doch glatt mitten im Blog schreiben eingeschalfen!!!



An einer Kurve mit Weideneinfahrt mache ich eine kurze Pause. Ich entdecke einen Wasserfall, den ich allerdings nur von oben vermuten kann - unter mir fällt es senkrecht in den Dschungel ab. Kurz nach mir kommt ein dreirädriger Motorradlieferwagen voller Fleisch an. Der Fahrer geht um den Wagen herum, schnappt sich eine große schwere Plastiktüte voller Abfälle und wirft sie einfach in die Schlucht. Ja, so sieht es hier vielerorts aus - schade!

Kurz nach Überquerung des Rio Grande muß ich mich entscheiden, ob ich Bucaramanga noch besuchen will oder nicht. Reinhold hat gesagt, es wäre eine schöne Stadt und vor allem wäre die Straße nach Bogota sehr schön. Und am Weg liegen noch weitere Sehenswürdigkeiten. Aber ich müßte nochmal nach Nordosten abbiegen und würde einen Umweg von schätzungsweise 2 Tagen machen. Schöne Straßen hatte ich eigentlich schon - und Städte reizen mich nicht so sehr, also entscheide ich mich, direkt nach Bogota zu fahren. Entlang des Rio Grande führt eine breite gerade langweilige Straße. Die Hotelsuche wird etwas schwierig, weil überhaupt keine Ortschaften mehr kommen. An Tankstellen gibt es manchmal ein Hotel, dient eigentlich als Übernachtungsmöglichkeit für Fernfahrer und macht mich überhaupt nicht an. Erst gegen 17 Uhr, also auf den letzten Drücker sehe ich ein großes Hinweisschild. Das Gebäude dahinter sieht nett aber verlassen aus. Machen wir's kurz: ich nehme mir in diesem Hotel ein Zimmer für 80 T Pesos. Die Hotelpreise und -Qualität gehen rauf und runter, wie die Höhenmeter der Straße. Dieses Hotel ist wirklich hübsch - die Zimmer sind sehr nett eingerichtet, alles mit naturbelassenen Hölzern. Auch das Restaurant ist in diesem Stil eingerichtet - einige sehr schöne Ideen haben die Besitzer umgesetzt. In mehreren kleinen Häusern auf einer Anhöhe direkt über dem Fluss sind die Zimmer untergebracht, rund um die Häuser sind Balkone und palmgedeckte Sitzplätze. Der Wasserfall und die Massagedüsen des Swimmingpools werden extra für mich eingeschaltet. Ich scheine jedoch der einzige Gast zu sein - warum nur? Einziges Manko sind die wirklich vielen Moskitos, bisher bin ich vor denen verschont geblieben. Im Restaurant entdecke ich noch andere Tiere - eine Fledermaus segelt durch die Halle und Gekkos flitzen über den Boden. Auch ein Frosch hat sich hierher verirrt.


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=fmugtnuttmqghxtr

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lieber Kommentator,
wenn Du kein Konto hast oder angeben möchtest, dann wähle bitte "anonym" oder "Name/URL" (Du mußt keine URL angeben):