Donnerstag, 5. Dezember 2013

Höhenkrank...

...ist meine Lisl, glaube ich. Ihr sonorer Klang wird unterbrochen von heftigem Husten. Hat sie vielleicht zu viel Diesel geraucht? Die Kraft und Stärke, die sie mir immer am Berg gezeigt hat, ist auch verschwunden. Ich muß sie ordentlich auf Drehzahl halten, damit sie überhaupt vorankommt. Anfahren am Berg wird zum Glücksspiel. Das Einzige was mir an Maßnahmen jetzt noch einfallen würde ist, die Düsennadel tiefer zu hängen. Aber das lasse ich schön bleiben, vermutlich würde ich sie nur "kaputtreparieren". Außerdem ist mir die Gefahr, daß dabei etwas verloren geht einfach zu groß. Brave Lisl, mußt halt durchhalten! Immerhin haben ihr zum 4-Tausender nur 30 Meter gefehlt!

Ich bin schon früh auf den Beinen - einerseits wollte ich vor dem Hauptverkehr aus Quito draußen sein, andererseits bin ich nervös. So ganz wohl ist mir nicht bei dem, was ich mir für heute vorgenommen habe. Ich möchte eine Nebenstrecke nach Quilotoa fahren; in welchem Zustand die ist, habe ich nicht genau herausbekommen können. Aus Quito hinaus habe ich mich nur einmal kurz verfranzt, dann bin ich auf der richtigen 3-spurigen Autobahn. Tanken ist gar kein Problem, der Sprit ist sehr billig (ca. 50 Ct US pro Liter)! Scheint so, als ob sie in Grenznähe lediglich den Tanktourismus unterbinden wollen. Hier in Ecuador gibt es deutlich weniger Mopeds als in Kolumbien, genauer gesagt, fast gar keine. Deshalb haben sie auch nicht so edle Umgehungsspuren an den Mautstelle - wir müssen auch berappen. Scheint ein Einheitspreis zu sein: 20 Ct.

Es ist ganz schön frisch mit grade mal 11 Grad. Als es dann nach etwa einer Stunde auch noch anfängt zu regnen, krame ich den  Regenkombi heraus. Ich bin soeben auf die Nebenstraße nach Sigchos abgebogen. Es ist eine ältere Asphaltstraße mit netten Kurven. Aber die Landschaft!!! Die ist einfach so grandios, daß ich gar nicht genug kriegen kann. Ich lasse den "Fahrspaß" wegfallen und sauge stattdessen meine ganze Umgebung auf. Herrliche Hochebenen und krasse Schluchten. Schroffe Berge und liebliche Hügelkuppen. Ich kann gar nicht genug davon bekommen. Ich trage keine Gedanken mit mir rum, ich genieße einfach nur! Ab Sigchos gibt es keinen Asphalt mehr; zuerst ist die Straße grob gepflastert, dann wird daraus ein Waschbrett-Schotterweg. Schwierigkeitsgrad: ok. Bis Chugchilan. Dort gerate ich zuerst fast auf den Wanderweg, dann finde ich aber doch die Fahrstraße. Die fordert jetzt meine ganze Aufmerksamkeit, so daß ich leider nicht mehr weiter schwelgen kann. Bis auf knapp 4000 m führt der manchaml sehr steile Weg hinauf, die Lisl muß schwer kämpfen; manchmal sogar im ersten Gang. Kurz vor Chilotoa, meinem eigentlichen Ziel haben wir uns dann eine nagelneue breite Asphaltstraße erobert.

Chilotoa - hier gibt es einen wunderschönen Kratersee zu sehen. Man kann vom Kraterrand herunterschauen auf den türkisblauen See, der kreisrund unter mir liegt. Man könnte auch hinunterwandern, ja es gibt sogar einen Wanderweg rings herum - aber nicht für mich! Dieser Anblick ist die Krönung der heutigen Tour.
Es scheint so, als ob der Tourismus hier am Erwachen ist, die Ortschaft hat nagelneue schöne Anlagen mit Wegen und Planzen angelegt, eine ganze Menge Hotels und Restaurants sind schon da oder im Bau, auch einige Andenkenläden sind schon da. In einem der Restaurants gönne ich mir einen Fruchtsaft. Der Kellner sieht gut aus in seinem weißen, traditionell besticktem Hemd und einem typischen Indianerhut. Aber der Schnellste ist er nicht. Er geht bestimmt 5 mal an mir vorbei, ohne mir etwas anzubieten, obwohl außer mir nur noch ein Gast anwesend ist. Für den hat er ein Bier gebracht, aber er hat keinen Flaschenöffner. Als er zum fünften Mal ratlos an mir vorbeiläuft, reiche ich ihm den Flaschenöffner meines Schweizer Messers.

Seit ich die Hauptstraße verlassen habe, bin ich anscheinend nur durch Indianergebiet gefahren. Diese Menschen sind so herrlich bunt gekleidet, besonder natürlich die Frauen! Sie faszinieren mich. Ohne daß ich bisher näher mit ihnen in Kontakt gekommen bin, würde ich sagen: sie wirken so in sich ruhend und ausgeglichen. In allem was sie tun. Bei den Frauen und Mädchen ist das Alter sehr schwer einzuschätzen, durch die dunkle Hautfarbe und die traditionelle Kleidung wirken auch die jungen Mädchen schon alt. Und bei den alten Frauen kann man das runzlige Gesicht unter dem Hut kaum erkennen.



Da es noch recht früh ist, beschließe ich, bis Latacunga weiterzufahren. Von dort aus muß ich morgen nocheinmal ein Stück nach Norden zurückfahren, um einen Indianermarkt zu besichtigen. Hinter dem letzten Bergkamm wird es jetzt wieder schwarz - da bin ich auf der Nebenstrecke anscheinend dem bösen Wetter entkommen! Kurz vor Latacunga ist Poliziekontrolle - jeder muß dran glauben. Die Kopie meines Führerscheins und des Fahrzeugscheins sind kein Problem. Woher - wohin? Und dann will er nur noch wissen, was in meiner grauen Futterkiste ist, es genügt ihm aber meine Antwort. Am Ortseingang von Latacunga erwischt mich dann der Regen doch noch - hätte der nicht noch 1/4 Stunde warten können??? Im Internet habe ich mir gestern ein angeblich gutes Hotel herausgesucht. Es ist schwer zu finden, erfüllt aber meine Erwartungen nicht so ganz. Aber klagen darf ich zu dem Preis auch nicht. Immerhin darf die Lisl im Flur stehen. Der Abendspaziergang endet in einer kleinen Pizzeria.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=suofgvxhizrajfkc

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