Dienstag, 10. Dezember 2013

Kurven...

Das war wieder mal ein Tag - jetzt sitze ich frierend im Hotelzimmer auf 2500 m Höhe und krame in den Gehirnwindungen, damit ich alles wiederfinde!



Ich glaube, heut nacht habe ich es regnen hören. Vor meinem Fenster tropft etwas - zum Nachschauen muß ich auf die Straße gehen. Ja, es regnet ein wenig. Oder doch ein wenig mehr? Die Lisl streikt auf jeden Fall schon mal - ganz schön wasserscheu geworden, die Gute! Also vorsichtshalber alles dicht machen. Das ist gut so, die erste Stunde regnet es ziemlich. Mein erster Abstecher in die Berge fällt dem Regen zum Opfer. Später bin ich ganz froh darüber, als ich sehe, auf welchen Schotterwegen ich gelandet wäre. Die Hauptstraße Richtung Cajamarca ist super zu fahren - allerdings will mein Navi unbedingt an der Küste entlang, während ich durch die Berge will. Dort wechselt die Straßenkategorie um eine Klasse nach unten. Lange Zeit fahren wir noch durch's trockene Tiefland. Es sieht immer noch "afrikanisch" aus - die Versorgung ist ähnlich schlecht. Ich entdecke keinen Laden, geschweige denn einen Supermarkt, aber was viel schlimmer ist, keine Tankstelle. In Chulucanas habe ich aus unerfindlichen Gründen nicht getankt. Und nun: keine Tankstelle seit über 100 km. Laut Navi findet sich die nächste in Chiclayo, wo ich eigentlich nicht hin wollte. Wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben. Was für ein Glück! Am Scheideweg zwischen Küsten- und Bergstrecke gibt es eine, nein mehrere Tankstellen! Weder Karte noch Navi haben hier etwas ausgewiesen. Also doch die Berge - vollgetankt.

Ja, auch hier gibt es Mautstellen für die schönen Straßen. Zweimal werde ich angepfiffen, weil ich in die Mautgasse fahre. Moped müssen sich einen anderen Weg um die Schranken herum suchen. Keine so schöne Spezialspur wie in Kolumbien, aber eine gebührenfreie Mopedumleitung gibt es immer.

Die auf der Karte langweilig wirkende Strecke ist herrlich! Eine Perlenkette von "50er"-Kurven führt uns fast verkehrsfrei die Berge hinauf. Herrliche Aussichten und ich kann jederzeit zum fotografieren anhalten. Allerdings tue ich das viel zu selten, die schönsten und schwierigsten Momente bleiben meist nur mir selbst vorbehalten. Der Paß liegt auf 2000 m, was genau die Wolkengrenze ist, das heißt, wir werden vom Nebel fast verschont. Ein paar Regentropfen ab und zu bekommen wir aber schon ab. Auf der anderen Seite setzt sich die Straße ebenso motorradfreundlich fort. Die Berge sind kahl und rot - es ist eine unwirtliche Gegend. Kaum Menschen wohnen hier. Nach langer Fahrtzeit grünt es so langsam, wir fahren ein Tal entlang. Die giftgrünen Felder sind Reisfelder! Ich wußte nicht, daß hier Reis angebaut wird.

Zum Mittagessen finde ich sogar ein kleines Straßenrestaurant, das (vermutlich einheimischen) Reis anbietet - mit Gemüsetortilla. Schmeckt suuuper! Und dann öffnet Petrus die Schleusen. Warte ich den Guß halt im Restaurant ab. Bevor ich los kann, noch ein Guß. 100 m weiter ist die Straße schon wieder trocken. Und hinter der nächsten Kurve scheint es überhaupt nicht geregenet zu haben! Wer hat denn diese "örtlichen Schauer" bestellt???

Nach Cajamarca muß ich irgendwann rechts abbiegen, aber es kommt keine Abzweigung. Irgendwann muß ich fragen, laut Navi bin ich schon vorbei. Ja, ich muß zurück - 5 min. Im Nirgendwo zeigt mein Navi eine andere Route an, aber eine Abzweigung kennt es auch nicht. Als ich sie endlich gefunden und zur Sicherheit nochmal nachgefragt habe, ist es sehr warm geworden. Ich entledige mich der schweren Überzieher und kann nun ein schmales Sträßchen im verwunschenen Tal genießen. Es ist herrlich - solche Sträßle suche ich zu Hause immer! "30er"-Kurven. Einziger Wermutstropfen sind die Toppes und künstlichen Furten für Regenwasser. Die Toppes sind so steil und hoch, daß die Lisl selbst bei langsamstem überfahren oft aufsetzt und die Furten lassen das Federbein oftmals durchschlagen. Am Anfang finde ich alles noch ganz spannend, aber dann kommt eine Militärkontrolle. Die Jungs gucken nicht sehr freundlich, haben keine Uniform an, nur ein Gewehr umhängen und spannen eine Kette über die Straße. Ich verstehe nichts - ich sage, wohin ich fahren will; dann darf ich weiter. Jetzt fühle ich mich etwas einsam, es ist so gut wie kein Verkehr und das Sträßchen windet sich den Berg hinauf. Durch eine Ortschaft, die aussieht wie am Ende der Welt. In den Bergen hängen die grauen Wolken. Je höher es hinauf geht, desto schlechter wird der Fahrbahnbelag, umso steiler die Kehren, umso enger legt sich der dichte Nebel umn mich und schlägt auf mein Gemüt. Das Herz rutscht immer tiefer in die Hosen und der Zittermann erwischt mich. Als ich denke, jetzt bin ich oben, kommt die nächste Kehre um die Ecke; mit Baustelle. Es gibt einige haarige Stellen auf schottrigem oder lehmigen Untergrund, die mit großen Pfützen gespickt sind. Endlich geht's bergab von den 2700 m. Entspannung. Aber nicht lange, hinter der übernächsten Ecke steigt der Weg schon wieder steil an. Ich frage bei den Bauarbeitern, wie weit es denn noch bis Cutervo ist - weiter werde ich heute sicher nicht mehr kommen. 1 h!!! Sagen sie.
Es ist schon kurz vor 4 Uhr und ich möchte nicht in Nacht und Nebel geraten! Beeilen ist nicht drin - Geschwindigkeiten zwischen Schritttempo und 30 km/h sind der Standard. In einigen der künstlichen Furten fließt Wasser, und nicht zu knapp. Da hab ich ordentlich Bammel vor dem Durchfahren. Aber es geht alles gut. Im nächsten Kaff frage ich nach Cutervo (mein Navi liegt hier völlig daneben!!!) - oh, ich bin schon da? Ob es hier wohl ein Hotel gibt? Ja sicher - aber die lange Wegbeschreibung verstehe ich nicht. So frage ich mich nach und nach durch, bis ich im Gran Hotel lande. Das war eine abenteuerliche Strecke, die muß ich noch ein wenig verdauen.

Kurzer Ausflug auf den Marktplatz, der Obst- und Gemüsemarkt wird gerade abgebaut, der Weihnachtsmarkt macht auch Feierabend; das Sicherheitspersonal der Bank zeigt mir den Geldautomaten und paßt besonders gut auf, daß ich nicht ausgeraubt werde. Ja, ich bin das, die vorhin mit dem großen Motorrad vorbeigefahren ist. Man ist bekannt wie ein bunter Hund.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=rqnyizrdornvtrtp

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