Donnerstag, 9. Januar 2014

Heil bleiben

Das Zelt stand halb in einer Kuhle und so bin ich die ganze Nacht den Berg hinuntergerollt. Aber es ist auch am Morgen, totzt Kälte immer noch ein wunderschönes Plätzchen! Vorsichtshalber bitte ich die Lisl heute mal ganz freundlich - da überlegt sie es sich schon beim zweiten Mal. Etwas ruppig, aber sie läuft!

Nach 2 km kommt die Ortschaft - ein Supermarkt ist angeschrieben aber kein Campingplatz. An der etwas verwirrenden Abzweigung nach Osten ist Baustelle, ein Stopschild aber kein "Taferlwärter" zu sehen. So fahre ich mal langsam weiter. Da bemerke ich ein Stück entfernt einen telefonierenden Mann, der mir winkt. Ich winke zurück! Er winkt heftiger, da bleibe ich vorsichtshalber mal stehen. Er kommt herüber und erklärt mir, daß die Gebäude hier Zoll und Migrationsbehörde sind - oh, die brauch ich natürlich! Freundlich und rasch wird alles erledigt und wir dürfen wieder auf die schreckliche Schotter-Waschbrettpiste. Nach 7 km ist der Campingplatz erneut ausgeschrieben, er scheint in einem trockenen tiefen Tal abseits zu liegen. Da haben wir es gestern doch richtig gemacht!

Tapfer köämpfen wir weiter, noch etliche Kilometer. Ein großes Schild verabschiedet uns aus Chile und zugleich nehmen wir die letzte Bodenwelle - herrlicher Asphalt empfängt uns in Argentinien. Aber keine Grenzer...also rollen wir fröhlich dahin. Ein herrlicher Ausblick auf Seen und Berge begleitet uns. Bis zur nächsten Abzweigung ist es nicht allzu weit. Dort weist uns ein Straßenschild den Weg zum Zoll - liegt zum Glück in unserer Richtung - noch 4 km.
Es ist wenig los, die Formalitäten gehen ihren gewohnten Gang; erst Migrationsbehörde, dann Zoll. Der junge Zöllner scheint noch in der Ausbildung zu sein, der ältere Kollege muß ihm ab und zu helfen. Als alles fertig ist und ausgedruckt werden soll, mag der Drucker nicht. Er spuckt tonnenweise Papier mit kryptischen Zeichen aus. Nach 3 vergeblichen Versuchen steigt man auf Handbetrieb um, im Schrank liegt ein Formular, das jetzt erneut ausgefüllt werden muß. Kein Problem, es eilt ja nicht. Keine Gebühren - keine Kopien! Ein kurzer Blick auf mein Gepäck und einer in die Fresskiste, dann dürfen wir weiterfahren. Ab jetzt wieder auf Piste...

Die Variante heißt heute: breit, Waschbrett in allen Ausprägungen, feiner Sand. Maximal 30 traue ich mir zu, wenn ich ganz mutig bin auch mal 40! Immerhin sind wir damit doppelt so schnell wie auf chilenischer Seite.
Waschbrett! Meistens klappt das mit 40 km/h ganz gut. Aber dann kommt manchmal ein Abschnitt mit extremen Wellenbergen und -tälern. Schneller? Geht nicht, die Lisl findet keinen Grip! Langsamer? Werden wir von alleine, wenn wir es nur rollen lassen. Aber das ist sooo schrecklich! Alles wird durchgeschüttelt und gerüttelt! Der Nacken und die Hände verkrampfen, der Kopf fängt an zu schmerzen. Die Zähne klappern - im Mund oder im Getriebe. Meine Zanhschmerzen sind heute mal wieder heftiger spürbar. Im Hals kratzen Trockenheit und Staub. Lisls Cockpit wackelt ohne Ende - sie verliert heute betsimmt einige Schrauben!
Mit der Zeit kristallisieren sich die 40 als Optimum heraus - schnell genug, um nicht jede Bodenwelle durchschlagen zu lassen und langsam genug, um die Ausrutscher abzufangen. Autos, besonders die Pickups, fetzen an uns vorbei, die lassen's gscheit krachen! Kunststück, die müssen ja auch nicht mit dem Gleichgewicht kämpfen! Trotzdem ist es ein Eiertanz - die Angst vor einem Sturz ist als ständiger Begleiter aufgestiegen. Wir fahren schließlich keine Rallye und müssen keinen Rekord brechen. Wir müssen nur heil bleiben! Und voran kommen. Und vielleicht ein wenig von der herrlichen Landschaft mitbekommen? Wir folgen sehr lange dem Rio Alumine einem herrlich klaren Fluß. Dann müssen wir aber über einen kleinen Paß klettern. Der Untergrund wird felsig und steinig - klettern ist genau der richtige Ausdruck! Die Lisl muß im zweiten Gang gechickt über die Steine kraxeln - sie macht das sehr gut! Ab Punkt 14 Uhr begleitet uns auch der tägliche Wind wieder.
Übrigens - Landschaft gibt es hier jede Menge. Phantastische! Menschen wohl auch, aber die zeigen sich nicht. Sind in den Häusern oder Autos versteckt. Arbeiten.

Insekten! Es  gibt hier riesige Viecher - Hummeln und Fliegen! Und die sind ganz bunt - rot und gelb. Sie sehen sehr gefährlich aus, fast wie Mutanten aus einem Scince fiction. Ob sie beißen oder stechen weiß ich nicht, aber ich will es auch gar nicht ausprobieren.
Eigentlich müßte ich mir jetzt auch mal argentinisches Geld besorgen. Bisher habe ich aber nur eine einzige Bank gesehen, und die hat gerade niemand hereingelassen (zum Geldautomaten), weil es wohl elektrische Probleme gab.

Junin de los Andes - sollte eigentlich ein Transitpunkt sein. Aber es ist schon nach 16 Uhr, ich bin ein wenig erschöpft und es sieht schön aus hier.  Und am Ortseingang ist ein Campingplatz angeschrieben. Den schau ich mir gleich mal an. Es geht noch 3 km auf Piste ein Tal entlang. Ich habe keine Lust mehr - hier bleibe ich. Eine schöne baumbestandene Wiese direkt am plätschernden Chimehuin. Kein elektrischer Strom, kein Internet; Dusche gegen Aufpreis. Da ich noch keine Pesos habe, kann ich in Dollar zahlen - der gute Mann verrechnet sich anscheinend gerne zu seinen Gunsten. Aber wir werden uns schon einig. Ganz stolz zeigt er mir die sanitären Einrichtungen: 1 Toilette! Allerdings mit Waschbecken UND Spiegel! Und sie ist die ganze Nacht geöffnet - darauf ist der Typ sehr stolz! Ich weiß zwar nicht, für was ich jetzt die 50 Pesos (5,50 €) bezahlen soll, aber das wußte ich bei manchem (teureren) Campingplatz in Nordamerika auch nicht. Auf jeden Fall ist es schön hier!

Eine Dose Mais - eiserne Ration - hat sich entschieden, heute gegessen zu werden; sie hat sich geöffnet und das Gemüsewasser im Topcase verteilt. Da ich noch ein paar verderbliche Dinge (Gemüse und Würstchen) für heute habe, wird das wohl wieder mal ein Schlemmermahl!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=cssuivrkxqtkwuzx

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