Donnerstag, 23. Januar 2014

Stars am Ende der Welt

Um halb sieben wache ich auf. Ein wenig überlege ich, dann stehe ich auf, die Lisl richten. Die Italiener wollen früh losfahren - zu früh für mich. Roberto schnarcht noch selig als ich in die Garage gehe. Zündspule, Blackbox und Regeler tausche ich. Läuft alles ziemlich reibungslos, kein Ärger, kein Gefluche. Nebenher ein paar Worte mit einem irischen Mopedfahrer, der gerade aufbricht. Zündkerzen? Sehen gut aus, sind nur naß. Also kurz trocknen und wieder einschrauben. Die Batterie ist ja total leer, also versuche ich einmal den Kickstarter. Das gibts ja gar nicht!!! Die Lisl zuckelt! Noch einmal mit dem E-Starter versucht und sie läuft! Juhuuu! Ich will sie nicht mehr ausmachen. Sie soll warmlaufen und die Batterie laden. Matteo kruschtelt an seiner Maschine herum und wirft einen bewundernden Blick auf die fröhliche Lisl. Ich packe das Werkzeug ein, Roberto taucht auf. Eben noch im Schlafsack, jetzt schon startbereit mit Zigarette im Mundwinkel. Frühstück! Ja, ich komm gleich nach, wenn ich soweit bin. Eben als ich den letzten Gurt am Gepäck festziehe tauchen sie fertig gefrühstückt auf. Ich bin noch nicht gewaschen und habe nichts gegessen. Aber weil die Lisl so schnell wieder gelaufen ist, kann ich noch ein wenig mit den Italienern zusammen fahren - wenn ich mich beeile. Ja, sie nehmen mich nochmal mit!

Es sind nur knapp 100 km bis Ushuaia, kein Regen mehr! Aber dort hat es gestern geschneit - die Bäume in den Bergen sind weiß. Im Morgenlicht sieht das so herrlich aus! Bei Temperaturen um 4 Grad habe ich in den Kurven etwas Angst wegen Eis, aber es geht alles gut. Wir machen nur wenige Fotostops, Roberto will schnell nach Hause zu seiner Familie. Morgens kurz vor 10 haben wir das berühmte Stadttor erreicht!!! Alle Mopeds bekommen ein Bussi! Nach den ersten Fotoshootings gratuliert mir Matteo. Dann auch Roberto. Wozu? Daß ich es geschafft habe! Aber das ist doch nichts Besonderes? Doch! "Du bist eine Heldin" behaupten sie. Na ja, ich weiß nicht....

Wir fahren noch zusammen zur Tankstelle und trinken etwas. Dann müssen wir Abschied nehmen. Er ist sehr herzlich und schmerzt mal wieder. Ich muß eine Träne verdrücken. Ciao - see you soon in good old Germany! Matteo möchte in Aschbuch gerne ein kühles Bier, ein Steak und Kartoffeln.
Was mache ich jetzt? Ok, zuerst nach Pavel schauen, er ist vielleicht noch hier auf dem Zeltplatz? Ja - zumindest sein Zelt steht noch da. Er ist mit dem Moped unterwegs. Ich hinterlasse ihm eine Nachricht und dann fahre ich nach Lapataia. Das ist nun wirklich das Ende der Welt. Der südlichste Punkt, den man anfahren kann, hier beginnt die Ruta 3 mit km 0! Was es da zu sehen gibt? Ich weiß nicht, vermutlich gar nichts....ich fahr trotzdem hin.

Die Straße ist nicht asphaltiert, 20 km weit. Das Gebiet ist Nationalpark und kostet 110 Pesos Eintritt. Zugegeben, die Landschaft ist mal wieder phantastisch! Allein das ist es schon wert, hierhergekommen zu sein. 2 von den schönen abenteuerlichen Brücken dürfen wir noch überqueren vor wir an einer Wendeplatte vor dem endgültigen Aus stehen. Ein Holzsteg führt noch ein Stück in die Bucht hinein - natürlich muß ich mir das anschauen. Mit vielen anderen Toruisten teile ich mir die Einsamkeit. Einem älteren Ehepaar biete ich an, sie zu fotografieren, im Umkehrschluß tun sie das auch mit mir. Wir kommen in's Gespräch und sie erfahren von der Lisl und mir. Die Gesichter werden immer länger und der Mund bleibt offen. Ganz bewundernd erzählen sie die Geschichte ihren Reisegefährten, ich muß weitererzählen und Fragen beantworten. Dann gehe ich zum nächsten Ausblick. Als ich den Rundgang beendet habe und wieder zu meiner Lisl komme, stehen bestimmt 20 Menschen ehrfurchtsvoll und im gebührenden Abstand vor ihr. Applaus empfängt mich! Mich? Wirklich? Ja, ich bin gemeint. Warum? Weil ich eine Heldin bin! So ist zumindest die Antwort. Ich verstehe das gar nicht. Ich bin doch nur gefahren, so wie sonst auch. Von Norden nach Süden. Ich hatte Angst, war verzweifelt und gar nicht mutig - wie soll ich da eine Heldin sein? Aber die Leute bestehen darauf. Und sie wollen die Lisl fotografieren. Und mich - vor dem Schild "Ende der Straße". Oder doch besser uns beide - vor dem SChild. Also parke ich die Lisl um. Die Reiseleiterin fragt, ob wohl alle fotografieren dürften? Aber sicher! Und dann wird geknipst! Aus allen Ecken, von weit und von fern. Wir sind bestimmt auf 1500 Bildern verewigt! Mutige trauen sich näher - bis jemand fragt, ob er mit auf's Bild dürfte? Aber natürlich! Und dann stehen sie Schlange, jeder will mit der Lisl und mir fotografiert werden. Es ist ein sehr sonderbares Gefühl. Und es berührt mich ganz tief! So müssen sich Stars fühlen. Als wir auf dem Rückweg sind, muß ich das erstmal verdauen! Das ganze Wasser, das ich gestern im Regen getankt habe, verdrückt sich jetzt als Tränen aus den Augenwinkeln. Ich möchte gerne an einem schönen Platz wieder zur Ruhe kommen. Erst jetzt wird mir bewußt, daß wir anscheinend etwas ganz Besonderes geschafft haben! Zumindst in den Augen anderer Menschen. Vom Gipfel (Top of the world Highway) bis zum Ende der Welt (Fin del mundo) sind wir gereist! Ich biege in eine Seitenstraße ab, die zu einem Fluß führt - hoffentlich ein schöner Platz. Der Blick, der sich plötzlich auftut ist wirklich phantastisch - im Sonnenschein! Ideal um die Seele baumeln zu lassen.

Aber dafür ist keine Zeit, denn mitten im Bild steht...Pavel! Ha ha, nicht gesucht und doch gefunden!
Wir beratschlagen, was als Nächstes anliegt. Da es hier schon seit Tagen schlechtes Wetter ist, heute die Sonne scheint und morgen wieder Regen angesagt ist, möchte ich eigentlich nicht hierbleiben und den (kleinen) Garibaldi-Pass heute noch hinter mich bringen - also zurück nach Tolhuin. Pavel hat den Campingplatz für heute schon bezahlt, läßt sich aber überreden, mit zurückzukommen. Er bekommt sogar sein Geld wieder zurück. Zwei Fototermine und tanken sind noch angesagt, dann geht's zurück in die Berge. Seit 2 Stunden hat es zugezogen, in Ushuaia regnet es und die Berge liegen im dichten Nebel. Pavel möchte lieber warten, vielleicht verziehen sich die Wolken ja? Es ist schon halb 5 und ich bin ziemlich unruhig. Ich möchte baldmöglichst das Wetter hinter mir lassen können, also fahren wir halt. Auf in den Kampf gegen den Regen! Wow, haben wir ein Glück - hinter der nächsten Kurve strahlt blauer Himmel durch ein Wolkenloch! Aujf der ganzen Rückfahrt sind ein paar Stellen naß, ein paar Tropfen bekommen wir ab, aber eigentlich haben wir trocken. Und Sonnenschein. Ein paar schöne Bilder sind schon noch drin - dann "schneebedeckte Berge ade!".

Die Bäckerei hat uns wieder - heute unter besseren Umständen. Rechtzeitig, bei Sonnenschein und mit heilem fahrbarem Untersatz.
Als ich jetzt den Blog schreiben will, sind alle Bilder von gestern und heute nicht mehr auffindbar!!! Im Foto sind sie zu sehen, aber ich kann sie nicht auf den Computer laden, der findet sie nicht! Mann!!! Ich brauch die! Ausgerechnet die Bilder vom Sieg! Es dauert 3 Stunden, dann habe ich es geschafft - habe alle Bilder kopieren können! Was für ein Glück! Ich bin todmüde.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=ozpmgauhtkurfsfo

1 Kommentar:

  1. Wau - Du hast's geschafft !!!! Gratuliere ! Phantastische Bilder ! Und weiter gute Fahrt für das letzte Stück. LG Claudi

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